Die AfD und die Burschis ­- es wächst zusammen, was zusammen gehört

Mit dem Scheitern des national-konservativen und neoliberalen Flügels der AfD um Bernd Lucke ist endgültig zu Tage getreten, was zuvor noch halbherzig verdeckt werden konnte: Die ‚Alternative für Deutschland‘ ist ein Sammelbecken rassistischer, antisemitischer, völkischer, nationalsozialis­ tischer, homophober, christlich-fundamentalistischer, verschwörungsideologischer, revisionistischer und anderer neu-rechter Haltungen. Eine zentrale Rolle auf ihrem Weg zum rechten Rand spielen dabei die Burschenschaften, die mit dieser Partei das gefunden haben, was sie schon lange woll­ ten: eine Möglichkeit, ihr ultrarechtes Gedankengut zu artikulieren, ohne dabei als „rechtsradikal“ markiert und damit aus der Mitte der öffentlichen Debatte ausgeschlossen zu werden sowie eine Möglichkeit, dieses völkisch-nationalistisches Denken in das parlamentarische System zu tragen und damit eine Möglichkeit, tatsächliche politische Macht zu erringen.Drei Fälle seien im Folgenden exemplarisch skizziert, um die personellen Überschneidungen der ‚Alternative für Deutschland‘ mit den rechten Burschen zu verdeutlichen.Den wohl prominentesten Fall stellt Benjamin Nolte dar, dessen unsäglicher Spitzname ‚Bananen-Nolte‘ nicht von Ungefähr herrührt. Auf der Festveranstaltung der Deutschen Burschenschaft im Jahre 2009, damals war Nolte Mitglied der „Libertas Brünn zu Aachen“ sowie Obmann der Deutschen Burschenschaft für Politik und Kultur, soll er den Mitgliedern der Kölner Burschen­ schaft „Alemannia“ eine Banane, als Anspielung auf ein Schwarzes Mitglied, überreicht haben. Im Anschluss an diesen rassistischen Ausfall trat Nolte von seinem Obmann-Posten zurück, sowie aus seiner Burschenschaft aus, um sich dann jedoch der Münchener „Danubia“ anzuschließen, deren Aktivitas vom Verfassungsschutz als „rechtsextrem“ eingeschätzt wird. Diese Vorgeschichte hinderte die Mitglieder der AfD-Jugend ‚Junge Alternative‘ im Februar 2014 nicht daran, Benjamin Nolte zu ihrem stellvertretenden Bundesvorsitzenden zu wählen. Von dieser Funktion musste er zwar auf Bitten des Bundesvorstands bereits Ende März 2014 wieder zurücktreten. Als Grund wurde damals der frisch erschienene Verfassungsschutzbericht, der die Aktivitas der Münchener „Danubia“ aber­ mals als „rechtsextreme Organisation“ einstufte, sowie die rassistische Attacke im September 2009 angegeben, was insofern unglaubwürdig ist, als beide Tatsachen bereits vor der Wahl Noltes bekannt waren. Wie halbherzig aber diese vermeintliche Abgrenzung gegenüber Mitgliedern mit rassistisch­ em Gedankengut ist, belegt die Tatsache, dass Benjamin Nolte mittlerweile nicht nur Vorstandsmit­ glied des AfD Bezirksverbands Oberbayern ist, zusätzlich bekleidet er ebenfalls ein Vorstandsamt in der sogenannten „Patriotischen Plattform“ – ein Zusammenschluss besonders rechter AfD-Mitglie­ der, welcher aktiv die Nähe zur radikal rechten „Identitären Bewegung“ sucht. Seine Vorgeschichte stellt für ihn offenbar kein Problem mehr dar. Ebenfalls im Vorstand dieses Zusammenschlusses ist AfD-Mitglied Dubravko Mandic, der außer­ dem der Freiburger Burschenschaft „Saxo-Silesia“ angehört. Auf einer Feier im Verbindungshaus der Burschenschaft, zu der Mandic persönlich geladen hatte, wurden Nazilieder abgespielt und „Heil Hitler“-Rufe gebrüllt, was dem Burschenschafter ein ‚Ehrengerichtsverfahren‘ einbrachte. Als weit­ eren Beleg seiner offen rassistischen Gesinnung bezeichnete Mandic den US-Präsidenten Obama im Internet als „Quotenneger“, was innerhalb der AfD wiederum zu einem Parteiausschlussverfahren führte, das jedoch im Sande verlief. Ironischerweise ist Mandic Mitglied des Parteischiedsgerichts der AfD Baden-Württemberg. Was die Abgrenzung der AfD zur NPD anbelangt, ist Mandic selbst der Meinung, dass es vor allem das bürgerliche Umfeld der AfD und nicht so sehr die Inhalte seien.Ein dritter Fall zeigt, dass nicht nur studentische Burschenschafter in die AfD drängen. Der stell­ vertretende Fraktionsvorsitzende der AfD-Landtagsfraktion in Brandenburg Andreas Kalbitz ist beispielweise Mitglied der Münchner Schüler-Burschenschaft „Saxonia-Czernowitz“ und war darüber hinaus Vorsitzender des Vereins „Kultur- und Zeitgeschichte, Archiv der Zeit“. Dieser Verein, der von Waldemar Schütz, ehemals Angehöriger der Waffen-SS, Hauptsturmführer der Leibstandarte Adolf Hitler sowie Mitglied des Bundesvorstands der NPD, gegründet wurde, hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Zeit der NS-Diktatur zu relativieren und umzudeuten. Dass Kalbitz mit dieser Form des dezidierten Geschichtsrevisionismus‘ keine Probleme hat, verwundert insofern nicht, als er eine lange rechte Sozialisation vorweisen kann, die unter anderem eine Partei-Mitglied­ schaft bei den Republikanern beinhaltet. Bemerkenswerterweise gilt Kalbitz als wahrscheinlicher Nachfolger von Gauland in Brandenburg.Dies sind nur drei von vielen weiteren Beispielen, bei denen stramm rechte Burschenschafter in Amt und Funktion für die ‚Alternative für Deutschland‘ aktiv sind und dort mit ihrer rassistischer Gesin­ nung maßgeblich Einfluss auf die Positionen dieser Partei nehmen. Den Grund dafür, warum so viele Burschenschafter in die AfD und dort auf eine starke Machtposition drängen, hat Mandic mit seiner obigen Einschätzung fast schon selbst gegeben. Die ‚Alternative für Deutschland‘ dient ihnen als Plattform, völkisch-nationalistische und rassistische Haltungen, die sich bisher nur in Parteien wie der NPD oder der Republikaner organisieren konnten, in der Mitte der parlamentarischen Demokratie zu etablieren und dabei dennoch für eine breite Wähler*innenschicht wählbar zu blei­ ben. Die Burschenschafter sehen die Zeit gekommen, die gefühlt anhaltende Deutungshoheit der 68er-Bewegung endlich zu durchbrechen und das eigene reaktionäre Weltbild im gesellschaftlichen Diskurs, quasi als rechtes 68, zu verankern.Doch auch für die Partei selbst hat diese Allianz entscheidende Vorteile, wie Sebastian Weiermann in der Jungle World vom 16. März 2016 verdeutlicht: „Die völkischen Nationalisten in der Partei scheuen sich nicht vor der Unterstützung von Neonazis auf der Straße. Rechte Aufmärsche wie in Clausnitz oder Heidenau werden unterstützt oder als berechtigter Zorn des Volkes herunterges­ pielt. Gerade Kubitschek und Elsässer propagieren »zivilen Ungehorsam« von rechts. Neonazis­ tische Aufmärsche sind für diesen Teil der AfD kein Problem, sondern die praktische Unterstützung ihrer Politik.“1 Die Burschenschafter in den eigenen Reihen der AfD dienen also unter anderem als Verbindung zu militanten rechten Gruppierungen, die Einschüchterungen und Gewalt für legitime Mittel halten, um genau jene Politik durchzusetzen, für die die AfD jenseits ihrer halbseidenen Distanzierungen von Rassismus und anderen menschenverachtenden Ideologien eigentlich steht.Außerdem gelingt es ihr mit Hilfe der rechten Burschen eine Wähler*innenschicht anzusprechen,die mit ihren Ansichten außerhalb des demokratischen Diskurses in den letzten Jahren zurecht nicht repräsentiert war und nun all das artikuliert findet, was sie immer schon dachte.Die Burschis und die AfD – dort wächst zusammen, was zusammen gehört.

WAS FOLGT DARAUS?

Vor dem Hintergrund dieser neuen Allianz aus AfD und Burschenschafter fordern wir Jungsozialist*innen:
1. Der Unvereinbarkeitsbeschluss bezüglich einer Mitgliedschaft in der SPD und in einer im Dachverband Deutsche Burschenschaft organisierten Burschenschaft war richtig. Er muss auf solche Burschenschaften, studentischen Verbindungen und Schüler*innen-Verbindungen ausgeweitet werden, die in gleicher Weise, wie die im Dachverband Deutsche Burschenschaft organisierten Burschenschaften, von sexistischem, rassistischem und völkisch-nationalisti­ schem Denken geprägt sind.
2. Die Aufklärungsarbeit über studentische Verbindungen und Burschenschaften im Speziellen sowie über Schüler*innen-Verbindungen muss verstärkt werden. Diese sind nicht einfach nur irgendwelche Karriereklüngelrunden von in der überwältigenden Mehrheit weißen, heterose­ xuellen Männern, sondern zumeist Brutstätten von Sexismus, Chauvinismus, kruder Härte-Ideale, Nationalismus und offenem Rassismus.
3. Wir sehen uns in unserer antifaschistischen Arbeit bestätigt. Überall dort, wo Burschis versu­ chen, politische Macht oder gesellschaftlichen Einfluss zu erringen, ob in der AfD oder woan­ ders, werden wir uns ihnen entschieden entgegenstellen.
4. Die ‚Alternative für Deutschland‘ darf auch angesichts dieser neuen Allianz nicht als irgendeine Partei angesehen werden, die gleichberechtigt auf einer Stufe mit den anderen demokratischen Parteien steht. Unsere Haltung gegenüber dieser Partei sowie die Haltung der SPD muss in einer konsequenten Ablehnung bestehen, zu der gehört, sie mit allen Mitteln, die uns zur Verfügung stehen, zu bekämpfen.

1http://jungle-world.com/artikel/2016/11/53683.html