Echte finanzielle Hilfe für Studierende in der Krise: Jetzt!

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat unter der Leitung von Anja Karliczek (CDU) in den letzten Wochen und Monaten auf die prekäre Situation von Studierenden in der Corona- Krise bundesweit dilettantisch reagiert. Karliczeks Lösung bisher: angeblich zinslose KfW-Studienkredite, die sich im Nachhinein als Mogelpackung und Schuldenfalle entpuppten und eine Soforthilfe für die Monate Juni, Juli und August, die weder sofort kam, noch half in tausenden von Fällen. Selbst diese völlig unzureichenden Maßnahmen kamen erst auf Druck des Bündnisses für ein Solidarsemester zustande. Wir kritisieren aufs Schärfste, dass obwohl mehrfach Lösungen präsentiert wurden, wie Studierenden schnell geholfen hätte werden können, z.B. durch die Öffnung des BAföGs, die Studierenden über Monate hinweg vollkommen alleine gelassen wurden. Die Soforthilfe ist ihren Namen nicht wert, da bei so hohen bürokratischen Hürden, Wartezeiten und so wenig Geld, weder von echter Hilfe und schon gar nicht von einem Sofort gesprochen werden kann. Es ist lächerlich, dass Studierende erst in absolute Existenznot geraten müssen, um dann teilweise Anspruch auf lediglich 100€ zu bekommen. Sie bildet weder die Realitäten von vielen Studierenden ab, deren Existenzniveau wesentlich höher liegt als 500€ noch gibt sie Antworten, wenn Studierende nicht ihren Job verloren haben, aber dennoch unverschuldet in finanzielle Notlage geraten sind durch die Pandemie, bspw. weil die Eltern nicht mehr zahlen können oder ihr Studium nun verlängern müssen. Während Karliczek sich nun den Schulöffnungen und der verschlafenen Digitalisierung widmet, drohen die akuten Probleme der Studierenden in Zeiten der Corona-Pandemie wieder aus dem Fokus zu geraten. Mit der Folge, dass es laut dem jetzigen Stand keine Angebote für die Zeit ab September gibt, obwohl nicht alle Studierende ihren Nebenjob normal wieder nachgehen können.

Existenzängste ernst nehmen!

Laut einer nicht repräsentativen Studie der Juso-Hochschulgruppen haben bundesweit 750.000 Studierende seit April 2020 ihren Job verloren – zum Vergleich: dies entspricht ungefähr der Zahl aller immatrikulierten Studierenden in Nordrhein-Westfalen (Stand: 2018/2019). Die 21. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks hat gezeigt, dass 68 % aller Studierenden im Jahr 2016 einem Nebenjob nachgegangen sind und dabei im Durchschnitt 385 € im Monat zusätzlich verdient haben. Viele Studierende werden auch noch von ihren Eltern durchschnittlich mit 541 € im Monat unterstützt. Studierende verfügen insgesamt also durchschnittlich über 918 € – es ist also nicht von der Hand zu weisen, dass viele Studierende auf ihre Nebenjobs angewiesen sind und durch die Corona-Krise nun um ihren Lebensunterhalt bangen müssen.

Auf Landesebene bemühen sich die Studierendenwerke nun die Anträge auf Soforthilfe so schnell wie möglich zu bearbeiten. Dennoch wurden bundesweit schon mehr als 20.000 Soforthilfeanträge wegen der unnötig hohen bürokratischen Hürden des Bundesministeriums abgelehnt. Darüber hinaus haben viele Studierende erst gar nicht einen Antrag auf Soforthilfe gestellt, da der als zinsfreie beworbene KfW-Studienkredit früher zur Verfügung stand. Dadurch wurden viele Studierende unnötigerweise in eine staatlich beworbene Schuldenfalle gedrängt. Wir stellen fest: die Soforthilfen haben ihren Namen kaum verdient. Es ist aber davon auszugehen, dass die Bildungsministerin daran festhalten wird. Deshalb muss die unzumutbare Bedarfsprüfung, bei der Studierende ihre Finanzen bis auf den letzten Posten offenlegen müssen, entfallen. Stattdessen wird ein vereinfachtes, an die BAFöG-Beantragung angelehntes Verfahren angewendet, bei dem eine einfache Einkommens- und Vermögensauskunft genügt. Die Situation der Eltern, die ihre Kinder aufgrund von Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit nicht mehr wie bisher unterstützen können, wird dabei ebenfalls berücksichtigt. Eine kurzfristige Auszahlung unter Vorbehalt muss möglich sein, damit die Soforthilfen in bei Studierenden in einer finanziellen Notlage schnellstmöglich ankommen und auch darüber hinaus gezahlt werden, wenn ihnen durch verspätete Auszahlung ein finanzieller Schaden entstanden ist.

Die finanziellen Nöte der Studierenden führen zu Existenzängsten und in extremen Fällen sogar zum Studienabbruch. Laut der o.g. Studie der Juso-Hochschulgruppen gaben 29% der befragten Studierenden an, unter Existenzängsten zu leiden. Betrachtet man nur Studierende, die nicht aus Akademiker*innenhaushalten kommen, gaben sogar 41% an, zumindest teilweise unter Existenzängsten zu leiden.

Es kann und darf nicht sein, dass die Sorgen und Existenzängste der Studierenden nicht ernst genommen werden!

Der Staat hat seit Jahrzehnten die Studienfinanzierung vernachlässigt und die Studierenden dürfen es nun in der Krise ausbaden. Dabei ist die Krise nur ein Symptom dafür, dass nur wenige Studierende BAföG empfangen. Privileg der finanziell abgesicherten (und) Akademiker*innenkinder wird, während Arbeiter*innenkinder das Nachsehen haben.

Damit kehren wir knapp 50 Jahre nach Inkrafttreten des BAföG wieder zu den elitären Zuständen zurück, die seine Einführung durch die Regierung Brandt erst erforderlich machten. Es bleibt festzuhalten, dass ein über die Jahre immer weiter ausgebautes BAföG, welches allen Studierenden ein auskömmliches Leben ermöglicht hätte, der beste Schutz für finanzschwache Studierende in der Corona-Krise gewesen wäre. Doch stattdessen wurde es seit seiner Einführung von einem Vollzuschuss auf ein Darlehensmodell umgestellt, der Empfänger*innenkreis durch immer neue Hürden weiter eingeschränkt und die Höhe der Förderung nicht an die tatsächlichen Lebenshaltungskosten der Studierenden angepasst.

Wir sind davon überzeugt, dass eine Öffnung des BAföGs für alle Studierenden in der Krise ihren aktuellen finanziellen Herausforderungen besser gerecht wird als Karliczeks bisherige Soforthilfen und Studienkredite. Eine solche Ausweitung des Empfänger*innenkreis kann dabei nur der Anfang einer umfassenden Reform sein, die das BAföG (wieder) zu einer solidarisch-gerechten Studienfinanzierung für alle macht.

Wir sind uns alle einig: Bildung darf keine Frage des Geldbeutels der Eltern sein!