Resolution: Alerta, Alerta in Europa! – Bei diesem Wahlkampf geht es um unsere Demokratie!

In Europa haben rechtsextreme Parteien in den letzten Jahren an Stimmen dazugewonnen. Auch bei der kommenden Europawahl und den noch in diesem Jahr anstehenden Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg beabsichtigen sie, ihren Einfluss auszubauen, um demokratische Parlamente und Institutionen immer weiter auszuhöhlen und zu unterwandern. Schon jetzt sehen wir Blockadeversuche und Manipulationsversuche rechter Kräfte auf nationaler, wie auch europäischer Ebene. Diese sind das Geschäft derer, die von einer schwachen Demokratie und einem schwachen Staat profitieren. Wir Jusos stellen uns mit aller Kraft gegen das Erstarken des Rechtsextremismus und verlangen, dass auch alle staatlichen Ebenen unserer Demokratie alle zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen, um Angriffe auf die Demokratie abzuwenden!
Nicht erst seit dem faschistischen Vernetzungstreffen in Potsdam, wo Politiker*innen der AfD, der WerteUnion und neurechte Kader aus der Identitären Bewegung wie Martin Sellner sich über ihre Deportationspläne ausgetauscht haben, wissen wir: Die Gefahr durch die neue Rechte ist real und breitet sich aus. Sie ist organisiert und hat einen umfassenden Plan, wie sie die Welt – Stück für Stück – in eine grauenhafte, faschistische Dystopie verwandeln will. Die neue Rechte denkt nicht von Wahlperiode zu Wahlperiode, sondern langfristig. Eine stetige Diskursverschiebung ist ihr Ziel, um das Sag- und Machbare immer weiter in die Richtung ihrer rassistischen, patriarchalen und völkischen Gewalt- und Deportationsfantasien zu lenken.

Einige dieser neurechten Verschwörer*innen von Potsdam kommen aus NRW ­—-  und auch mit Blick auf die AfD-Wahlliste in NRW für die Europawahl ist deutlich zu erkennen: Es stehen Faschist*innen zur Wahl und sie haben gute Chancen, ihre Macht im Parlament auszubauen. Wir machen es uns zur Aufgabe, ihnen mit allen Mitteln etwas entgegen zu setzen. Es bleibt Teil unseres politischen Daseins, Maxime all unseren Handelns: Antifa ist Handarbeit!

Wehrhaftes Europa?

Bereits nach der letzten Europawahl war der Begriff des Rechtsrucks in aller Munde. Aktuell gehören 139 der 705 Abgeordneten einer rechtsnationalen Partei an, sie teilen sich in zwei Fraktionen auf in denen sich neben der AfD etwa die Hetzer*innen des Rassemblement National sowie der italienischen Meloni Partei Fratelli d’Italia zusammenschließen. Aber auch Fidesz, die Partei des ungarischen Ministerpräsidenten Orban zählt zu den rechten Stimmen innerhalb des aktuellen Europaparlaments. Doch nicht nur die schiere Anzahl rechter und völkischer Stimmen im europäischen Parlament muss uns besorgen. Denn wenn rechtsnationale Parteien und ihre Kandidat*innen bei der nächsten Wahl wahrscheinlich sogar noch mehr Stimmmacht gewinnen, stellt das die europäische Ebene insgesamt vor grundlegende Probleme. Als Jusos verstehen wir, dass die europäische Idee in der Realität leider noch immer nur ferner Wunsch ist. Ob Abschottung oder fehlende soziale Absicherungsmechanismen: Das soziale und internationalistische Europa, das wir uns wünschen, ist nicht das Europa, das wir kennen. Schon lange wissen und mahnen wir außerdem, dass die demokratischen Strukturen auf europäischer Ebene zu wünschen übrig lassen. Etwa die Möglichkeit des Vetos innerhalb des Rates führt allzu häufig zu Blockaden wichtiger europäischer Anliegen. Auch dass das europäische Parlament kein Initiativrecht für europäische Gesetze besitzt, sollte endlich geändert werden. Und schließlich müssen wir erkennen, dass die EU besser in der Lage sein muss sich vor Antidemokrat*innen und jenen die gegen freiheitlich demokratische Prinzipien hetzen, zu wehren. Dabei geht es auch um die Maskierung von Faschist*innen als Demokrat*innen, sobald sie innerhalb demokratischer Fraktionen aufgenommen werden – So verließen die Abgeordneten der ungarischen Fidesz Partei zwar die EVP und sind zur Zeit keiner Fraktion im europäischen Parlament zugehörig. Gleichzeitg fällt der EVP Vorsitzende Manfred Weber aus der CSU jedoch wiederholt mit Entgleisungen auf, in denen er die Annäherung der Christdemokrat*innen an Postfaschist*innen fordert. In diesem Zusammenhang müssen wir klar und deutlich auf nationaler wie europäischer Ebene Haltung beweisen: Zusammenarbeit mit Faschist*innen gehört sich für aufrechte Demokrat*innen nicht. Nicht in Koalitionen auf Landes- oder Bundesebene und nicht innerhalb von Fraktionen im europäischen Parlament!

Festung Europa

Die neue Rechte ist international und europaweit vernetzt. Egal, ob sie sich „Neue Rechte“, „New Right“ oder „Nouvelle droite“ nennt, eint sie ihre rassistische, antifeministische, antisemitische und faschistische Gesinnung. Gemeinsam arbeiten diese Kräfte daran, die EU weiter nach rechts zu treiben und damit ihre  gewaltsame Abschottungspolitik zu ermöglichen. Unter dem haltlosen Vorwand von “Sicherheit” und dem “Schutz einer imaginierten europäischen Identität” betreiben sie eine völkisch-nationalistische Politik, wollen eine gesellschaftliche Hegemonie bewirken, die ihre menschenfeindlichen Ziele akzeptiert.

Dass der politische Diskurs selbst bei demokratischen Parteien in Deutschland zu verfangen scheint, ist für uns höchst alarmierend. Bezahlkarten werden eingeführt, Frontex wird ausfinanziert, GEAS wird als “historischer Erfolg” bezeichnet und bei der Forderung nach offenen EU-Außengrenzen stellen sich vermeintlichen Sozialdemokrat*innen die Nackenhaare auf. Wir Jusos stellen fest, dass auch ein innerparteilicher Kampf für eine soziale, antirassistische Politik leider notwendig ist.

Damit die Europäische Union wieder das Friedensprojekt sein kann, das es sein sollte, setzen wir uns für eine progressive Politik wider der Abschottung ein. Auf nationaler und EU-Ebene wollen wir alles dafür tun, dass die EU-Wahl progressive Mehrheiten hervorbringt, gleichzeitig ist uns jedoch auch klar: Wir müssen grundsätzlich für das Europa streiten, das wirkliche Freiheit, Internationalismus und Demokratie bedeutet und zwar jenseits rassistischer Abschottung.

Europa – was nun?

Unser Kampf für ein solidarisches Europa ist kein Selbstzweck und keine theoretische Träumerei. Denn wir wissen: So wie es ist, kann es nicht bleiben! Wir wollen nicht in Schockstarre oder Lethargie verfallen, wenn Nationalist*innen und Faschist*innen auf dem Vormarsch sind. Wir wollen nicht Ruhe geben wenn auch immer mehr Demokrat*innen an der Diskursverschiebung mitarbeiten und die Festung Europas ausbauen. Wir akzeptieren nicht, dass die EU immer weiter entfernt ist von der eigentlichen Idee und weigern uns die aktuellen Zustände zu feiern, wenn gleichzeitig noch immer Tausende Menschen durch die Hände Europas im Mittelmeer ertrinken.

In Angesicht demokratischer Krisen, dem Erstarken von rechten Kräften und zunehmender Diskurse um die Gängelung von Geflüchteten, wollen wir benennen wer im Fokus der rechten Angriffe steht. So sind vor allem migrantisierte Menschen immer mehr Angriffen ausgesetzt. Dabei bilden die durch Correctiv veröffentlichten Deportationspläne von AfD und co. nur die Spitze des Eisbergs. Denn wenn sich der europäische Asyl- und Migrationsdiskurs in rechten Narrativen verfängt ist damit erstens nicht nur keiner einzigen Kommune in den Mitgliedsstaaten geholfen und zweitens umso mehr migrantisiertes Leben bedroht. Und auch der Antifeminismus wirkt als Bindeglied der europäischen Rechten: Die Einschränkung von Abtreibungsrechten, die zunehmende Verdrängung etwa von Frauen aus der Erwerbsarbeit sowie von queeren Menschen aus der Gesellschaft, Zensur der wissenschaftlichen Freiheit, die insbesondere die Gender- und Queer-Studies betrifft, bewirken die Reproduktion patriarchaler Logiken und Unterdrückung. Die neue Rechte versucht so ihr völkisches Ideal der cis-heterosexuellen Kleinfamilie durchzusetzen.

Es muss Auftrag demokratischer und vor allem sozialdemokratischer Kräfte sein, sich diesen Dynamiken in den Weg zu stellen. Für die Europawahl 2024 legen wir fest:

  • Die klare Distanzierung von rechten Abschottungsphantasien; ob im Wahlkampf oder danach. Indem demokratische Parteien und ihre Vertreter*innen rechte Forderungen im Asyl- und Migrationsbereich aufnehmen, legitimieren sie gleichzeitig rechte Talking Points. Denn eine Brandmauer gegen Rechtsextremismus bedeutet: Eine klare humane Außenpolitik zu betreiben. Ein Europawahlkampf, der die Stärkung der Festung Europa propagiert, kann daher nicht der unsere sein!
  • Stattdessen wollen wir antifaschistische Perspektiven auf Europa in den Vordergrund stellen. Immer mehr und vor allem marginalisierte Menschen fühlen sich angesichts der erstarkenden Rechten und ihrem vergifteten Diskurs nicht mehr sicher. Es braucht jetzt eine konsequente Brandmauer aller demokratischen Kräfte. Auch aufrichtig Konservative wollen wir ermutigen, sich dem antifaschistischen Kampf anzuschließen, denn wir wissen aus unserer Geschichte: Auf sie kommt es an. Das Paktieren mit faschistischen und antidemokratischen Parteien und ihren Vertreter*innen lehnen wir konsequent auf jeder Ebene ab und wollen auch auf europäischer Ebene jeden Versuch skandalisieren und bekämpfen, der meint Faschist*innen in den Deckmantel demokratischer Organisation aufzunehmen.
  • Da wir wissen, dass auch eine niedrige Wahlbeteiligung rechten Parteien Aufschwung verspricht, richten wir unseren Wahlkampf vor allem auf das Ziel aus, die Wahlbeteiligung zu steigern. Im Rahmen einer Erstwähler*innenkampagne wollen wir vor allem die Gruppe der ab 16-Jährigen ansprechen, denn sie dürfen zum ersten Mal bei der Europawahl ihre Stimme vergeben.