Armut und Gesundheit: Weil du arm bist, wirst du früher sterben

Der Satz „Weil du arm bist, wirst du früher sterben“ ist wissenschaftlich mittlerweile belegt.

Laut RKI haben Menschen, deren Einkommen unterhalb der Armutsrisikogrenze liegt, ein im Verhältnis zur hohen Einkommensgruppe erhöhtes Sterberisiko. Für die Altersspanne ab 45 Jahre zeigen außerdem die GEDA (Gesundheit in Deutschland aktuell)-Daten des RKIs, dass viele der betrachteten Erkrankungen, insbes. Stresserkrankungen, in der Armutsrisikogruppe vermehrt auftreten, z. B. Herzinfarkt, Schlaganfall, Bluthochdruck, Diabetes Mellitus, Suchterkrankungen, chronische Bronchitis, Osteoporose, Arthrose und Depressionen.

Für die Erklärung des Zusammenhangs zwischen Armut und Gesundheit ist darüber hinaus von Bedeutung, dass in Armut lebende Personen häufiger psychosozialen Belastungen ausgesetzt sind. Vor dem Hintergrund einer prekären Einkommenssituation sind es insbesondere Ausgrenzungserfahrungen und Zukunftssorgen, die als belastend erlebt werden. Diese Erfahrungen und Erlebnisse werden zudem bei Menschen mit Migrationsgeschichte durch Sprachbarrieren verstärkt.

Aufgrund dessen, dass das Themengebiet Armut und Gesundheit viele verschiedene Ebenen berührt, werden wir uns als NRW Jusos mit diesem in naher Zukunft beschäftigen! 

Gleichzeitig sind armutsbetroffene Menschen häufig nicht privat krankenversichert und erleben durch schlechtere Zugänge und lange Wartezeiten auf für sie notwendige Therapien die Schattenseiten der Zwei-Klassen-Medizin in Deutschland.

Der Mediziner Bernd Kalvelage beschreibt, dass der Medizinbetrieb sozial selektiv gestaltet ist. In der Praxis sei dieser auf Patienten der Mittel- und Oberschicht ausgerichtet und ärmere Bevölkerungsanteile würden von den Angeboten häufig nicht erreicht. Dies kann sich u. a. darin äußern, dass komplexe medizinische Sachverhalte für die Patienten unverständlich vermittelt, Leistungen zu bestimmten Gesundheitsversorgungen nicht in Anspruch genommen werden können, nicht adressatengerecht auf die Patienten eingegangen wird oder z. B. im Fall von psychotherapeutischer Behandlung eine lange Suche und endlose Telefonanrufe benötigt werden, um überhaupt ein Erstgespräch zu erhalten.

Wir fordern die Abschaffung der Zwei-Klassen-Medizin und die Reformierung des Gesundheitssystems hin zu einer Bürger:innenversicherung, welche eine leicht zugängliche, gerechte und Adressaten angepasste Versorgung für alle Menschen in diesem Land bietet!  

Haben sich Krankheiten durch schlechte Gesundheitsversorgung und widere Arbeits- und Lebensbedingungen dann chronifiziert, folgt für viele Menschen die verfrühte Krankenrente. Aufgrund dessen, dass einige dieser Menschen in einkommensschwächeren Berufen tätig waren, sind sie dann aufgrund von fehlenden sozialen Absicherungen im Vorfeld meist finanziell noch schlechter gestellt und müssen häufig auch ihre Rente aufstocken.

Der Zusammenhang zwischen Armut und Gesundheit hat sich in den letzten Jahrzehnten nicht verringert. Des Weiteren sind von Armut betroffene Personen häufiger aufgrund von Gesundheitsproblemen in der Alltagsbewältigung eingeschränkt. Eine schnelle, leicht zugängliche und Adressaten gerichtete medizinische Versorgung ist also vor allem für klassismusbetroffene Menschen dringend von Nöten.

Armut macht krank und Krankheit macht arm!

Die Barrieren innerhalb des Gesundheitssystems sind divers – wir fordern daher einen intersektionalen Blick, der vor allem auch die prekäre Gesundheitsvorsorge von Schutzsuchenden miteinbezieht.

Gerade Schutzsuchende sind der rassistischen und kapitalistischen Auslegung des Asylrechts ausgesetzt. Für sie bedeutet dies vor allem, dass eine Gesundheitsvorsorge in akuten Notfällen – je nach Asylstatus – kaum möglich ist. Die diskriminierenden Zugangsbeschränkungen für Schutzsuchende, werden vor allem durch das Asylbewerber*innenleistungsgesetz zementiert, welches die Gesundheitsversorgung von Asylsuchenden, Geduldeten und ausreisepflichtigen Personen regelt – die Vorsorgeaspekte beschränken sich dabei auf akute Behandlungen und sind von der örtlichen Behörde, durch einen Behandlungsschein, zu genehmigen. Gesundheit ist ein Menschenrecht und sollte für alle Menschen frei zugänglich sein. Ein Lösungsweg aus diesem diskriminierendem Modus, wäre die flächendeckende Einführung der elektronischen Gesundheitskarte für Schutzsuchende. Diese gewährt Schutzsuchenden einen barriereärmeren Zugang zur Gesundheitsvorsorge – wir fordern daher die flächendeckende Einführung der elektronischen Gesundheitskarte für Schutzsuchende.

Wir fordern insbes. im Bereich der psychotherapeutischen Versorgung einen massiven Ausbau von psychotherapeutischen, niederschwelligen Angeboten, welche insbes. an Orten, in denen viele einkommensschwächere Haushalte leben, einen leichten Zugang eröffnen! Auch in diesem Rahmen sind Sprachbarrieren abzubauen, um vor allem auch Menschen mit Migrationsgeschichte erreichen zu können. Dabei erweisen sich unter anderem auch Flyer in verschiedenen Sprachen als hilfreich.