„Born to be alive“- Südwestfalen braucht ein Strukturprogramm!

Südwestfalen ist die größte Industrieregion in Nordrhein-Westfalen. Viele weltmarktführende Unternehmen sind hier ansässig, vor allem Automobilzulieferer, aber auch andere Industriebetriebe dominieren die Landschaft.

Doch Südwestfalen droht abgehängt zu werden. Bisher haben Landes- und Bundesregierungen nicht die Notwendigkeit gesehen, in Südwestfalen aktiv zu werden – in den nächsten Jahren sind hier mehr Arbeitsplätze gefährdet als in den Braunkohleregionen, die mit enormen Summen subventioniert werden. Es droht eine Zukunft, wie man sie aus Industriestädten wie Detroit kennt: Die Abwanderung der Industrie- und damit oftmals gut bezahlter Arbeitsplätze unter tariflichen Bedingungen- und die damit einhergehende Abkoppelung einer ganzen Region.

Südwestfalen braucht ein groß angelegtes Strukturprogramm, mit dem der dringend notwendige und unvermeidbare Umbau der Industrie vollzogen werden kann. Die Industriebetriebe können und wollen klimaneutral produzieren – wir müssen jetzt Unterstützung leisten, damit die Region eine Zukunft hat!

Milliardenbeträge fließen in die Instandhaltung und Infrastruktur in anderen Regionen Deutschlands. Südwestfalen wird seit Jahrzehnten vergessen. Die A 45, Lebensader der Region, ist durchtrennt. Tausende Menschen leiden unter Abgas- und Lärmbelastung in ihren Wohnungen. Resolutionen der Städte werden landes- und bundesseitig ignoriert2.

Unternehmen stehen vor enormen Herausforderungen, weil sie Lieferungen nicht mehr rechtzeitig organisieren können. Besonders die vielen Automobilzulieferer in der Region haben schon in den letzten Jahren häufig „just in time“ arbeiten müssen – das ist mit der neuen Verkehrssituation nicht mehr möglich.

Tausende Arbeitsplätze stehen allein im unmittelbaren Umkreis der A45 im südlichen Märkischen Kreis auf dem Spiel.

Viele Arbeitsplätze in Südwestfalen werden allein durch die Transformation nicht zu retten sein. Daher müssen wir dafür sorgen, dass die Menschen umqualifiziert werden. Wir brauchen dringend eine Qualifikationsagentur, die Menschen umschulen kann – dieser Bedarf wird in den nächsten Jahren explodieren. Es muss uns gelingen, dass die Beschäftigten einerseits intern in den Unternehmen für neue Produkte und Fertigungsweisen oder andererseits extern sowie in Verbünden für Arbeitsplätze in anderen Unternehmen qualifiziert werden.

Doch das Problem zieht sich weiter: Bahnlinien werden nicht ertüchtigt, so dass die Verbindung ins Ruhrgebiet aus dem südlichen Märkischen Kreis seit über einem Jahr gekappt ist und vorerst bleibt3. Nur ein Achtel der Züge aus dem Rheinland erreicht seinen planmäßigen Zielbahnhof in Südwestfalen.

Wir erleben in dieser Zeit eine Industrieregion, die durch jahrzehntelang fehlgeleitete Politik kaputtgespart wurde. Sie steht endgültig vor dem Exitus, wenn nicht endlich eine Investitionsoffensive eingeleitet wird. Wir müssen endlich die Transformation gestalten und der Ort, an dem wir damit beginnen müssen, ist Südwestfalen.

Hier gehen als erstes die vielen Schmieden und Automobilzulieferer pleite, da sie einen enorm hohen Lieferdruck haben und ihre Teile in einer Zukunft nach dem Verbrennungsmotor nicht mehr benötigt werden.

Die Folgen dieser Entwicklungen liegen auch in der Verantwortung der Unternehmen. Sie haben über viele Jahre die sich abzeichnenden Entwicklungen verschlafen und zu wenig in Qualifikation sowie Forschung und Entwicklung investiert. Deswegen müssen auch die Unternehmen ihren Anteil zur Bewältigung der Transformation leisten, indem sie betriebsintern Qualifikationsinfrastruktur schaffen und in Forschung und Entwicklung investieren.

Hier wandern die Menschen reihenweise ab, weil die Infrastruktur und die Bildungsangebote nicht mehr dem 21. Jahrhundert entsprechen.

Hier fehlen die Fachkräfte, weil die Standorte unattraktiv werden und durch die desaströse Verkehrssituation schlecht zu erreichen sind.

Daher fordern wir: 

  • Einen mit allen möglichen Mitteln beschleunigten Neubau der A45-Rahmedetalbrücke und der Bahnstrecke Dortmund – Lüdenscheid 
  • Ein klares Bekenntnis zu einer nachhaltigen Struktur- und Industriepolitik in Südwestfalen und NRW
  • Eine Investitionsoffensive, die südwestfälische Unternehmen bei den Aufgaben der Transformation unterstützt
  • Eine Investitionsoffensive in die Verkehrsinfrastruktur im ländlichen Raum
  • Die Ansiedlung eines wissenschaftlichen Instituts zur Bewältigung der Transformation in der Industrie mit Lernwerkstätten zur Erprobung neuer Technologien und Produkte
  • Die Ansiedelung von Qualifikationsangeboten für Beschäftigte