Unsere Demokratie geht vor die Hunde? Die Bundesregierung so: Who cares? Wir sagen: NICHT MIT UNS!

„Politische Bildung und Demokratieförderung sind mehr gefordert denn je, denn auch in Deutschland steht die pluralistische, freiheitliche Demokratie unter Druck.“ Ein Zitat aus dem Koalitionsvertrag der Ampel auf Seite neun. Nun ist Halbzeit der Legislatur von rot-grün-gelb auf Bundesebene und wie so viele Forderungen der Ampel, die zu Beginn noch unumstritten schienen, ändert sich auch hier der Kurs. Im Koalitionsvertrag hieß es noch: „Wir wollen die politische Bildung und die Demokratiebildung entlang der Bildungskette stärken, die Projektmittel der Bundeszentrale für politische Bildung erhöhen und die Unabhängigkeit ihrer Arbeit achten.“ (S. 77 des Koalitionsvertrages der Ampel). Nun sollen die Mittel der Bundeszentrale für politische Bildung und weiteren demokratiefördernden bildungspolitischen Initiativen, Stiftungen und Programmen gekürzt werden. Dies ist eine Katastrophe und insbesondere in der aktuellen Zeit ein Desaster. Wir Jusos sagen ganz klar: Nicht mit uns!

Die Alternative für Deutschland (AfD) tourt auf einem Umfragehoch. Sie ist zurück auf ihren Rekordwerten seit der „Flüchtlingskrise“, wie die Zeit am 25. Juni 2023 schreibt. Erstmals gibt es in Deutschland einen Bürgermeister und einen Landrat der AfD. Unsere Antwort ist: Kein Fußbreit dem Faschismus! Keine Zusammenarbeit mit der AfD – egal auf welcher politischen Ebene. Seit Beginn des Jahres erhöhen sich die Umfragewerte der AfD stetig. Aktuell liegen sie bei knapp über 20%. Das heißt, würde jetzt die Bundestagswahl anstehen würde jede fünfte Person, die zur Wahl geht, ihr Kreuz bei der rechtspopulistischen AfD machen.

Laut des Verfassungsschutzberichtes von 2022 ist die Anzahl der Menschen, die dem rechtsextremistischen Spektrum zugeordnet werden können, um rund 14,5 Prozent auf 38.800 gestiegen. Auch die rechtsextremistischen Gewalttaten stiegen im Jahr 2022 um rund 7,5 % gegenüber dem Vorjahr (2022: 1.016, 2021: 945).

Um dem Rechtsruck in unserer Gesellschaft zu entgegnen, müssen wir den Menschen Mut machen. Wir müssen ins Gespräch gehen, die Sorgen und Ängste der Gesellschaft ernst nehmen, zuhören und um die besten Lösungen der aktuellen Herausforderungen streiten und kämpfen. Wir müssen sie von der Wichtig- und Richtigkeit unserer Demokratie und unseren demokratischen Werten überzeugen! Dafür ist es zwingend notwendig öffentliche und wissenschaftliche Informationsquellen zu stärken, um Fake News Wahrheiten entgegenzusetzen und Aufklärung zu betreiben.

Eine wichtige Rolle in diesem Bereich nimmt die Bundeszentrale für politische Bildung ein. Auf der Seite des Bundesinnenministeriums heißt es: „Die Bundeszentrale für politische Bildung unterstützt alle interessierten Bürgerinnen und Bürger dabei, sich mit Politik zu befassen. Aufgabe der Bundeszentrale für politischen Bildung ist es, Verständnis für politische Sachverhalte zu fördern, das demokratische Bewusstsein zu festigen und die Bereitschaft zur politischen Mitarbeit zu stärken.“.

Hier wird direkt klar, welche immense Wichtigkeit der BpB zukommt:

  1. Sie ist für alle zugänglich. Informationen, wissenschaftliche Erklärungen, Fakten und Daten sind aus öffentlichen vertrauenswürdigen Quellen für alle abrufbar.
  2. Politisches Verständnis zu schaffen, bedeutet politische Prozesse verstehen lernen und Aufklärung gegenüber jenen Demokratiefeind*innen zu gewährleisten, die unser System stürzen wollen.
  3. Das demokratische Bewusstsein zu festigen, bedeutet, dass wir demokratisches Denken und Handeln fördern- denn eine Demokratie kann nur dann funktionieren, wenn die Bürger*innen sich selbst als Demokrat*innen verstehen und sich selbst als Teil der aktiven Politik.
  4. Leider sind immer weniger Menschen bereit sich politisch aktiv zu beteiligen – so sinken die Zahlen an Menschen, die von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen, aber vor allem auch die Zahlen an Parteimitgliedern und Menschen, die bereit sind politische Mandate zu übernehmen. Wohl haben wir zeitgleich große politische Bewegungen, wie FridaysForFuture, die unsere politische Kultur aufmischen. Es gilt mehr Menschen für Politik zu begeistern und für das aktive Mitwirken zu gewinnen.

 

Kurzum: Die BpB ist essenziell für den Erhalt und Aktivierung unserer politischen Kultur, die Aufklärungsarbeit und der Schaffung von politischen Sachverständnis und vor allem in aktuellen Zeiten des Aufstrebens demokratiefeindlicher Stimmen zwingend notwendig für den Schutz und den Erhalt unserer Demokratie. Die Haushaltspläne der Bundesregierung sehen vor das Etat der BpB um 20 Millionen Euro auf 76 Millionen Euro zu kürzen. Piotr Kocyba (Sozialwissenschaftler im Bereich der Demokratieforschung) spricht von einer „Katastrophe“ und hofft stark, dass es zu diesen Kürzungen nicht kommen wird. Dem schließen wir uns an und sehen uns als Jusos verpflichtet dem entgegenzuwirken.

Auch weitere demokratiefördernde Projekte und Stiftungen, wie beispielsweise „Demokratie leben!“ sollen um 8 Millionen Euro gekürzt werden. Weitere Beispiele sind die Amadeu-Antonio-Stiftung, die wichtige Arbeit gegen Rassismus und Judenfeindlichkeit bewirkt, wie auch HateAid die wichtige Arbeit gegen Hass und Hetze im Netz leistet. Die Kürzungen können nicht in unserem Interesse stehen und geben klar das Signal, dass der Erhalt und die Förderung demokratischer Grundverständnisse hintenüberfallen. Eine Demokratie fördert sich selbst, statt sich selbst vor die Hunde gehen zu lassen.

Unser bildungspolitischer Anspruch als Jusos ist es in Zeiten von Krisen und lauter werdenden demokratiefeindlichen Stimmen die Bildungspolitik zu unterstützen und höher zu fördern. Wir Jusos fordern entsprechend:

  • Keine Kürzungen von Demokratieförderung im Haushalt der Bundesländer und des Haushaltes der Bundesrepublik Deutschland.
  • Die langfristige Ausfinanzierung aller bildungspolitischen und demokratiefördernden Projekte und Stiftungen, wie beispielsweise Demokratie leben!, der Amadeo Antonio Stiftung und HateAid.
  • Die langfristige Ausfinanzierung der Bundeszentrale für politische Bildung.
  • Insbesondere in Zeiten von Demokratiekrisen durch Erstarkung demokratiefeindlicher Stimmen eine Erhöhung des Etats für die Demokratieförderung um mindestens den Anstieg der prozentual-gestiegenen demokratiefeindlichen Stimmen in der Gesellschaft.
  • Das klare Bekenntnis der Bundesregierung zur Bekämpfung der lauter werdenden demokratiefeindlichen Stimmen und entsprechendes Handeln.
  • Die Bundestagsfraktion der SPD soll darauf Hinwirken, dass das Etat für die Demokratieförderung und Politische Bildung um mindestens 10% zum Vorjahr erhöht wird, statt gekürzt.

 

Quellen:

https://www.wahlrecht.de/umfragen/

https://www.zeit.de/politik/2023-06/afd-rechtsruck-deutschland-umfragehoch-politikpodcast?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.com%2F

https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Koalitionsvertrag/Koalitionsvertrag_2021-2025.pdf

https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/behoerden/DE/bpb.html

https://www1.wdr.de/mediathek/audio/wdr5/wdr5-scala-aktuelle-kultur/audio-weniger-geld-fuer-die-bundeszentrale-fuer-politische-bildung-100.html

https://www.deutschlandfunk.de/zuwachs-fuer-rechtsextreme-szene-102.html

https://www.verfassungsschutz.de/DE/themen/rechtsextremismus/zahlen-und-fakten/zahlen-und-fakten_node.html#:~:text=Im%20Vergleich%20zum%20Jahr%202021,1.016%2C%202021%3A%20945