Die Volkszählung 2011 ist verfassungswidrig und in dieser Form abzulehnen

Der Bundesvorstand wird gebeten, durch die Bundesgremien, alle rechtlichen Mittel gegen eine Vollerfassung bei der Volkszählung 2011 prüfen zu lassen.
Die große Koalition beschloss mit dem Zensusgesetz 2011 eine Volkszählung, die in wesentliche Grundrechte, wie dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingreift und damit weit über das hinausgeht, was für eine Volkszählung eigentlich notwendig wäre. Anders als die Volkszählung
aus dem Jahr 1987 sollen vor allem die Daten der Meldeämter und der Bundesagentur für Arbeit zusammengeführt werden. Diese werden mit Daten aus einem neu erstellten Wohnungsregister zusammengeführt, zusätzlich findet eine ausführliche Befragung von 10 Prozent aller Bürger statt. Eine Möglichkeit, sich gegen die Erhebung seiner Daten zu wehren gibt es nicht, da ein Widerspruch nicht eingelegt werden kann. Diese Art der Volkszählung muss als problematisch angesehen werden, da sie viele verfassungsrechtlich fragwürdige Methoden beinhaltet. So findet eine Zusammenführung sensibler Daten ohne Einwilligung der Betroffenen statt. Dadurch werden Personenprofile erstellt, die Begehrlichkeiten wecken. Die Datenskandale der vergangenen Zeit haben gezeigt, dass Missbrauch und Zweckentfremdung von Daten keine theoretischen Szenarien sind, sondern reale Gefahren, die immer mit einer zentralen Erfassung sensibler Daten einhergehen. Durch die geforderte Angabe des Religionsbekenntnisses geht das Zensusgesetz zudem über den von der EU geforderten Umfang hinaus und
ermöglichte damit zum Beispiel eine gezielte Erfassung aller in Deutschland lebenden Muslime. Ein weiteres Problem ist die Zuordnung der Daten über eine Personenkennziffer. Eine eindeutige Ordnungsnummer hat das Bundesverfassungsgericht in diesem Zusammenhang 1983 eindeutig verboten. Die Volkszählung erfolgt in einem Drei-Stufen-Prozess: Zunächst werden von allen Meldeämtern, der Agentur für Arbeit und der nach dem Finanz- und Personalstatistikgesetz auskunftspflichtigen Stellen Daten gesammelt, zusammengeführt und über Ordnungsnummern miteinander verknüpft. Dann werden alle Besitzer von Wohn- und Gebäudeeigentum befragt. In einem dritten Schritt werden wahrscheinlich Volkszähler herumgehen und auf ein sofortiges Ausfüllen des Fragebogens drängen. Damit soll eine repräsentative Stichprobe von bis zu 10 % des ermittelten Personenkreises genommen werden. Bei Weigerung kann ein Bußgeld von bis zu 5.000 € verhängt werden. Das Zensusgesetz ist auf eine EG-Richtlinie zurückzuführen, die vorschreibt, dass im Jahr 2011 in allen EU-Mitgliedstaaten Volkszählungen durchzuführen sind. Die Richtlinie gibt dabei einen Satz von zu erhebenden Basisdaten vor, regelt jedoch nicht die nähere Ausgestaltung der nationalen Gesetze. Die Daten sind an die europäische Statistikbehörde EUROSTAT zu übermitteln und dienen als Grundlage politischer Entscheidungen.
Die Verfassungsbeschwerde gegen die Volkszählung haben bisher mehr als 10.000 Menschen unterstützt. Das zeigt, wie wichtig es den Bürgerinnen und Bürgern ist, der staatlichen Datensammelwut etwas entgegenzusetzen und die eigenen Daten nicht mehr widerstandslos für staatliche Zwecke preiszugeben. Die Datenskandale der vergangenen Zeit haben die Menschen in unserem Land dafür sensibilisiert, mit ihren Daten sparsam umzugehen und eine Nutzung nur in anonymisierter Form zuzulassen. Diese sich langsam verändernde Haltung zum Umgang mit persönlichen Daten gilt es zu respektieren und zu unterstützen, da wir angesichts der fortschreitenden digitalen Entwicklung heute noch nicht absehen können, was in einigen Jahren mit den Unmengen gespeicherter Daten technisch möglich sein wird. Die Jusos bekennen sich zu den Freiheitsrechten, wie sie in unserer Verfassung verankert sind. Dazu gehört auch das Recht jedes Einzelnen, selber über seine Daten bestimmen zu können und die Pflicht des Staates, nur zwingend notwendige Daten zu speichern und diese besonders zu schützen. Es kann deshalb nicht sein, dass im Rahmen von Zwangsbefragungen Daten, die über das notwendige Maß hinausgehen, gesammelt und zusammengeführt werden. Ein selbstbestimmter Umgang mit den eigenen Daten ist damit genau so unmöglich, wie ein wirksamer Schutz vor Missbrauch der
Datensammlung. Die Jusos fordern deshalb eine Aussetzung der Volkszählung und eine Überarbeitung des Gesetzes.