Kein Ausruhen auf dem „Konsens“ – Das Erreichen bester Bildungschancen für alle Schülerinnen und Schüler bleibt Kernpunkt der Landespolitik!

Der Aufstieg durch Bildung und die besten Bildungschancen für alle Mitglieder der Gesellschaft, dafür stehen die NRW Jusos und dafür sollte die SPD stehen! Das ist und bleibt unsere Kernkompetenz, von der wir uns unter keinen Umständen abbringen lassen dürfen, denn darin spiegeln sich unsere Werte und unser politischer Antrieb wieder. Das bedeutet, dass wir aktiv und vehement für das Einreißen aller Bildungshürden kämpfen. Wir wollen, dass alle Mitglieder der Gesellschaft die Möglichkeit haben den Bildungsweg zu beschreiten, den sie anstreben. Deshalb setzen wir uns beispielsweise für die Gebührenfreiheit in allen Bildungsbereichen ein und fordern gute Betreuungsrelationen, individuelle Förderung und längeres gemeinsames Lernen. Wir treten also intensiv für ein Bildungssystem ein, welches allen ermöglicht ihr größtmögliches Potential sowohl zu erkennen, als auch auszuschöpfen und niemanden zurück lässt. Wir setzen uns deshalb für die Ideale der inklusiven Gemeinschaftsschule bis zum ersten Schulabschluss ein, bei der alle befähigten Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit haben müssen die Oberstufe zu besuchen. Das war und bleibt unser Ziel. Der von SPD, Grünen und der CDU am 19. Juli 2011 geschlossene Kompromiss, der „Schulpolitischer Konsens für Nordrhein-Westfalen“ genannt wird (fortan Schulkompromiss), erfüllt das nötige Streben nach besten Bildungschancen nicht. Doch er ist nun politische Realität, die wir nach Kräften im Sinne der NRW Jusos gestalten werden. Um es klar zu sagen: Der  Schulkompromiss wurde weder unter Einbeziehung der NRWSPD, noch der NRW Jusos geschlossen. Er ändert nichts an unseren bildungspolitischen Zielen. Wir werden ihn aber notgedrungen zur Grundlage nehmen, um auf dieser Basis unsere Bildungspolitik auszugestalten. Das bedeutet vor allem, dass wir nicht bereit sind nun bis 2023 – wie im Kompromisspapier vom 19. Juli angedeutet – von der positiven Weiterentwicklung des Schulsystems abzulassen. Vielmehr muss die beste Schulpolitik jetzt erst Recht zentraler Punkt unseres landespolitischen Handelns bleiben. Darum geht es in diesem Antrag.

Derzeitige Situation des Schulsystems

Das dreigliedrige Schulsystem ist gekennzeichnet durch ein hohes Maß an sozialer Ungerechtigkeit und bietet somit ein Fundament für soziale Ungleichheit in der Gesamtgesellschaft. Die Aufteilung der SchülerInnen auf die verschiedenen Schulformen sorgt mit dafür, dass der Lebensweg der Menschen in NRW schon in frühem Alter vorbestimmt wird. Die sozioökonomischen Unterschiede im Elternhaus sind hauptverantwortlich für den schulischen Erfolg der SchülerInnen. So besuchen Kinder aus akademischem Elternhaus nachweislich öfter ein Gymnasium, als Kinder aus ArbeiterInnenfamilien. Die Selektion des Schulsystems verhindert, dass Kinder aus diesen Familien die gleichen Bildungschancen haben wie Kinder aus AkademikerInnenfamilien. Gymnasien und Gesamtschulen erhalten erhöhten Zulauf. Dies resultiert mit aus der Angst der Eltern ihre Kinder auf Hauptschulen zu schicken und ihnen somit die Perspektive zu nehmen.
Daraus folgt, dass die SchülerInnenzahlen der Hauptschulen massiv sinken. Auf dem Land bedroht diese Entwicklung wohnortnahe Schulstandorte. Der demografische Wandel spielt hier natürlich auch eine Rolle, sorgt er doch für eine sinkende SchülerInnenzahl. Als Lösung dieser Probleme, hat die rot-grüne Landesregierung den Schulversuch Gemeinschaftsschule ins Leben gerufen. Viele Kommunen haben diskutiert, ob sie einen Antrag zur Teilnahme an diesem Schulversuch stellen wollen. Zum Schuljahr 2011/2012 wurden zwölf Gemeinschaftsschulen genehmigt. Dennoch gab es auch Kritik an dem Modellversuch Gemeinschaftsschule, so wurde berechtigt festgestellt, dass durch die große Entscheidungsfreiheit bei der Gründung von Gemeinschaftsschulen ein Bildungsflickenteppich in NRW entstehen kann. Deshalb haben wir uns für die flächendeckende Einführung der Gemeinschaftsschule eingesetzt. Der Ansturm auf den Schulversuch war bereits sehr groß, auch von CDU-Gemeinden ausgehend wurden die oben genannten Probleme erkannt, so dass auch unter Beteiligung oder Federführung der CDU Gemeinschaftsschulen eingerichtet wurden. Dies zeigte die Zukunftsfähigkeit der Gemeinschaftsschule. Am 19. Juli 2011 wurde dann urplötzlich ein angeblicher Schulfrieden zwischen Landesregierung und CDU ausgerufen. Dieser Schulkompromiss impliziert jedoch viele Probleme.

Kommunikation ist Glückssache

Vorweg ist es uns jedoch wichtig deutlich das Zustandekommen des Kompromisses zu kritisieren. Der Kompromiss ist als Geheimvereinbarung entstanden. Die Partei und deren Gliederungen wurden nicht beteiligt, sondern kurzfristig vor vollendete Tatsachen gestellt. Ein Mitspracherecht gab es nicht, von den bisherigen Beschlüssen auf Parteitagen wurde abgewichen, ohne der Partei ihr Mitspracherecht einzuräumen. Diese fehlende Kommunikation ist Gift für den  innerparteilichen Zusammenhalt und das demokratische Verständnis in der NRWSPD. Wir NRW Jusos sind nicht naiv. Wir wissen, dass Politik in Regierungsverantwortung und in direkter und realpolitischer Umsetzung weder zu hundert Prozent die Parteilinie widerspiegeln kann, noch zu allen Details die Partei befragt werden kann. Wir erkennen auch an, dass die Verhandlung des Schulkompromisses eine fragile und diffizile Angelegenheit gewesen sein muss und es ein Bedürfnis nach einem „Schulfrieden“ bei vielen Menschen gab. Dennoch ist dieser Umgang mit der Partei nicht akzeptabel. Allen Verantwortlichen muss klar sein, dass bei jedem Alleingang ein Stück Vertrauen der Parteimitglieder in „ihre“ Regierung sterben kann. Das kann nicht das Ziel sein. Die NRWSPD mit all ihren Mitgliedern hatte eigentlich gut aus vergangenen Fehlern und Basta-Politik gelernt. Sie hat analysiert, dass das Ausbluten der Partei und ihrer Mitbestimmungsrechte unter anderem zur Wahlniederlage 2005 beigetragen hat. Sie hat sich daraufhin erneuert und zwar bevor die Bundesebene erkannt hat, dass sie am gleichen, möglicherweise sogar stärker ausgeprägten Problem, krankt. Diese Erneuerung war auch ein Verdienst derjenigen, die jetzt Regierungsverantwortung tragen. Das haben wir nicht vergessen und honorieren das auch. So konnten wir in den letzten Jahren beobachten, dass innerhalb
der NRWSPD eine zunehmende Beteiligung der Mitglieder erreicht wurde. Während im Bund teilweise verstärkt weiterhin der Eindruck blieb, normale Mitglieder und die Gremien der Partei würden bisweilen nicht ernst genommen, oder sogar bewusst vor den Kopf gestoßen, wurde in NRW die Mitgliedschaft in der SPD an sich wieder aufgewertet. Es wurde Wert auf die Meinung vieler gelegt. Sicher war auch diese Form der Beteiligung noch deutlich ausbaufähig, das muss auch betont werden, doch sie ging in eine richtige Richtung. Durch die Regierungsübernahme in NRW und die verständliche hohe Arbeits- und Mehrfachbelastung des Spitzenpersonals droht der richtigerweise eingeschlagene Weg der Beteiligung nun aus dem Blick zu geraten. Und das ausgerechnet jetzt, wo die Bundesebene sich im Zuge der Parteireform auf breitere Beteiligungspfade zu begeben scheint. Wir NRW Jusos möchten deutlich an die EntscheiderInnen auf Landesebene, aber auch an die Gesamtpartei appellieren: Gemeinsam müssen wir permanent dafür arbeiten, dass wir eine
NRWSPD werden, die alle Mitglieder ernst nimmt und beteiligt. Wir brauchen den parteiinternen Zusammenhalt, indem wir uns alle auf Augenhöhe begegnen. Kommunikationsprobleme dürfen nicht länger als Entschuldigung herhalten. Nach über einem Jahr an der Regierung müssen anfängliche  Abstimmungsprobleme oder „Sand im Getriebe“, was natürlich anfänglich aufgrund der neuen Situation zu entschuldigen war, nun ausgeräumt sein. Also: Die Partei muss beteiligt werden, es darf nicht an den Beschlüssen der Partei vorbei agiert werden und wir müssen uns gemeinsam unseren Zusammenhalt bewahren, um so die Stärke zu haben unsere Politik umzusetzen.

Und die eigene Nase?

Wir wären nicht die Jusos, wenn wir uns nicht auch richtigerweise fragen würden, wie unser Verhalten zum Schulkompromiss zu bewerten ist. Wir haben von einer breiten öffentlichen Äußerung zum Thema abgesehen, obwohl wir fraglos in den vergangenen Monaten der Teil der Partei waren, der sich am intensivsten – positiv, wie negativ – zur Regierungspolitik geäußert hat. Lob für die Abschaffung der Studiengebühren, Kritik an den Plänen zur Vorratsdatenspeicherung und der Abkehr der Grünen von der Gebührenfreiheit für die KiTas, oder im Bezug auf die Schulpolitik am Abitur nach acht Jahren (G8) und am Schulversuch – wir haben nie mit unserer Meinung hinterm Berg gehalten, was die Arbeit der Amts- und MandatsträgerInnen durchaus bereichern konnte. Diese Öffentlichkeitsarbeit brachte uns sowohl Lob, als auch Kritik ein. Die Partei sollte unsere scheinbare Zurückhaltung beim Schulkompromiss aber nicht fehldeuten. Wir sind nicht untätig, sondern vielmehr aktiver denn je! Wir werden weder aufhören die beste Schulpolitik als zentrales landespolitisches Ziel zu betrachten, noch schließen wir uns dem Kompromiss umfänglich an. Der Hauptgrund für unsere sehr bewusste Entscheidung nun schnellstmöglich
innerhalb des Verbandes intensiv weiter zu arbeiten und nicht direkt zu eskalieren war, dass wir nicht den gleichen Fehler machen wollten, den wir an der Mutterpartei so sehr kritisieren. Wir wollten erst einmal eine dezidierte Meinung des gesamten Verbandes zum Schulkompromiss erarbeiten und niemanden umgehen. Der Kompromiss wurde geschlossen ohne uns zu fragen und wir müssen jetzt damit umgehen und das werden wir. Auf zwölf Jahre ist der Kompromiss angelegt. Da kommt es fraglos nicht auf einige Wochen an, aber umso wichtiger ist es nun dezidierte Konzepte zu entwickeln. Damit haben wir begonnen und werden dies weiter verfolgen. Deshalb haben wir uns kurz nachdem SPD, Grüne und CDU auf den Schulkompromiss geeinigt haben bereits im Landesvorstand und mit den Unterbezirks- und Kreisvorsitzenden verständigt, dass wir das Thema intensiv und kritisch begleiten. Die vier Mitgliederforen waren zudem der Ort, wo wir alle gemeinsam weitergearbeitet haben, um schließlich auf der Landeskonferenz eine Beschlusslage zu finden, mit der wir weiterarbeiten werden.
Wir erwarten nun von der Partei, dass wir intensiv in die Debatte um die Schulpolitik eingebunden werden, die geführt werden muss. Unser Signal, das wir klar verstanden wissen wollen lautet: Wir haben nun einen Schulkompromiss, doch damit endet unsere Arbeit nicht, sie beginnt erst. Wir wollen die bestmögliche Ausgestaltung des Kompromisses, wollen Leitlinien für die Partei vor Ort und wollen, dass die gesamte Partei begreift, wie wichtig die Schulpolitik auf Landesebene ist und bleibt. Wir erwarten, dass die NRWSPD uns und unsere Vorschläge ernst nimmt und umsetzt. Außerdem muss sie selbst auf allen Ebenen das möglichste tun den Kompromiss nach unseren Idealen zu gestalten und bereits jetzt für die Zeit nach dem Kompromiss planen. Wir dürfen in der Schulpolitik im Interesse der jungen Menschen und ganz NRW keinen Millimeter an Boden verlieren und keinen Moment ruhen. Darüber hinaus müssen wir auch reflektieren, welche Sinnhaftigkeit hinter diesem Schulkompromiss steckt und wem er nutzt. Den Wahlkampf im vergangenen Jahr mit dem Thema Gemeinschaftsschulen zu führen, war mutig und richtig. Der parteilichen Führung auf Landesebene gebührt deshalb Respekt. Dieser völlig unnötige Schulkompromiss allerdings, macht diese Anstrengungen allesamt zu Nichte. So wird in Zukunft die Landeskompetenz der Schulpolitik kein wählbares Gut
mehr sein. Gerade jungen Wählern fehlen somit die Alternativen, die wir als Jungsozialistinnen und Jungsozialisten aufwerfen sollten, um unsere Schullandschaft visionär gerechter zu machen und das mehrgliederige, selektive System zu überwinden.

Erste Kritische Bestandsaufnahme des Schulkonsenses

Der Schulkompromiss sieht zwölf Punkte vor, welche auch manche positive Aspekte bieten, aber zum Teil weit von unserem bildungspolitischen Ideal einer Schule für alle – der inklusiven Gemeinschaftsschule- als Gesamtkonzept abweichen. Die SchülerInnen sollen durch den Schulkompromiss in den Mittelpunkt schulpolitischer Maßnahmen gestellt werden. Aus Sicht der NRW Jusos ist das richtig. Denn sie sind es schließlich, die tagtäglich alle positiven und negativen Aspekte dieses Systems mitbekommen. Gerade weil wir die individuelle Förderung als wichtiges Grundprinzip der Schulen sehen, erwarten wir von der
Landesregierung eine klare Definition davon, wie diese individuelle Förderung auszusehen hat. Wir Jusos sprechen uns für eine pädagogisch und didaktisch hochwertige innere Differenzierung aus. Es ist uns wichtig, dass ein Großteil der bestehenden Fächer wie z.B. Deutsch oder Mathematik im Klassenverbund differenziert unterrichtet werden. Äußere Differenzierung führt, wenn sie einziges oder schwerwiegendes Mittel ist, zu der von uns kritisch betrachteten Selektion. Es ist zu berücksichtigen, dass das Lehrpersonal sowohl in der Ausbildung als auch im Schulalltag regelmäßig weitergebildet werden sollten, mit Hilfe innerer Differenzierung zu unterrichten und zwar so, dass diese für Schülerinnen und Schüler sinnstiftend und hochwertig gestaltet ist. Dass weiterführend
Angebote wie z.B. Technikkurse, naturwissenschaftliche Forschungsprojekte o.ä. nach individuellem Interesse gewählt werden dürfen, betrachten wir als sinnvoll. Im Schulkonsens ist festgehalten, dass die Gliederung des Schulsystems weiterhin in der Landesverfassung festgeschrieben sein soll. Entgegen aller anderen Überlegungen im Kompromisspapier ist die Änderung der Verfassung nach Beschlussfassung nur noch extrem schwer zu ändern. Hierdurch wird die Entwicklung eines fortschrittlichen Schulsystems behindert, anstatt sie zu fördern. Wir lehnen die Manifestierung der Mehrgliedrigkeit ab. Durch ein gegliedertes Bildungswesen wird die sozioökonomische Selektion, sowie die Elitenbildung gestärkt und gefördert. Der Schulkompromiss möchte selbst, dass die soziale Herkunft keine Rolle beim Schulerfolg haben darf. Hier muss konsequent weitergedacht werden. Wir sind für einen Ausbau integrativer Schulformen und fordern von der Landesregierung dahingehend eine schnelle Umsetzung und starke Unterstützung der innerhalb des Kompromisses vorgesehen Möglichkeiten integrativer Beschulung. Auch die Erreichbarkeit der Schule für alle SchülerInnen muss laut Kompromisspapier gewährleistet sein. Wohnortnahe Schulstandorte begrüßen wir, denn ein kurzer Schulweg entlastet SchülerInnen und bietet mehr Freizeit. Die Ermöglichung von Teilstandorten sind ebenfalls ein Schritt in die richtige Richtung, soweit sie Qualitätsstandards nicht einschränken. Die interkommunale Zusammenarbeit bei der Gründung von Sekundarschulen sehen wir ebenfalls positiv. Wir fordern die Landesregierung und den Landtag auf zu gewährleisten, dass Schülerinnen und Schüler der Sekundarschule problemlos in einem anderen Bundesland zur Schule gehen können, sollten sie umziehen. Die anderen Bundesländer müssen trotz aller bereits vorhandenen Übereinkünfte
der KultusministerInnenkonferenz deutlich erklären, dass sie die Sekundarschule anerkennen und SchülerInnen dieser Schulform in ihrem Bundesland problemlos aufnehmen und beschulen.

Inklusive Schulen

Wir begrüßen den Beschluss von SPD, CDU und Grünen, alle Schulen zu inklusiven Schulen weiter zu entwickeln. Ein Inklusionskonzept, in welchem Fortbildung und Ausbildung der LehrerInnen für ihre neuen pädagogischen Herausforderungen enthalten sind, sowie dargelegt wird, wie der Mix von Professionen sinnvoll umgesetzt werden kann, ist jedoch maßgeblich für den Erfolg dieses Beschlusses. Die LehrerInnenstunden, und der Klassenfrequenzwert sollten in inklusiven Schulen geringer sein. Die Förderschulen in NRW müssen überflüssig werden. Dieser Prozess muss intensiv vorangetrieben werden. Förderschulen können in der Regel die/den einzelne(n) Schüler/in nicht besser fördern als es eine sonderpädagogische Unterstützung an der Regelschule vermag. Zudem führt die schulische Abschottung zu gesellschaftlicher Ausgrenzung. Die räumliche und personelle Ausstattung (bspw. auch Pflegekräfte) ist an allen Schulen in NRW an die Bedürfnisse behinderter SchülerInnen anzupassen. Dieser Prozess muss intensiv vorangetrieben werden und sollte bis 2015 für den
Grundschulbereich abgeschlossen sein.

Primarschule

Der Möglichkeit im Rahmen eines Schulversuches eine Kooperation zwischen Grundschule und SEK I herbeizuführen stehen wir positiv gegenüber. Durch diese Maßnahme wird ein längeres gemeinsames Lernen ermöglicht und die SchülerInnen werden nicht bereits nach der vierten Klasse getrennt.

Ganztagsschulen

Im Schulkompromisspapier wird der flächendeckende Ausbau von Ganztagsschulen festgeschrieben und die Sekundarschulen sollen in der Regel Ganztagsschulen sein. Dies befürworten wir. Schulzeit ist auch Lebenszeit. Die traurige Realität an vielen Schulen ist heute, dass die SchülerInnen
von morgens bis spät in den Nachmittag/Abend hinein Unterricht haben und kaum noch Zeit für ein soziales Miteinander vorhanden ist. Freiräume und Hobbies sind für die Entwicklung von Kindern wichtig und fördern soziale Kompetenzen. Das bestehende Ganztagsangebot reicht nicht aus, um diesen Bedürfnissen der SchülerInnen gerecht zu werden. Die derzeitige finanzielle Ausstattung der Schulen reicht häufig nicht aus, um ein angemessenes Freizeitangebot für Schülerinnen und Schüler vorzuhalten. Um die Zusammenarbeit mit Sportvereinen und anderen außerschulischen Kooperationspartnern zu verstärken, müssen Schulen finanziell und personell besser ausgestattet werden. Darüber hinaus sollten Kommunen, Schulen und außerschulische KooperationspartnerInnen im Rahmen von Bildungslandschaften vernetzen, damit eine gemeinsame Arbeit erleichtert wird und bürokratische Hürden abgebaut werden. SchülerInnen
aus einem AkademikerInnenhaushalt bekommen bei der Fertigstellung der Hausaufgaben deutlich mehr Hilfe, als Kinder aus ArbeiterInnenfamilien. Desweiteren führen Hausaufgaben zusätzlich zum Ganztag dazu, dass SchülerInnen schon sehr früh nahezu ganztägig lernen und arbeiten. Hausaufgaben sind laut dem Grundlagenerlass für Ganztagsschulen an den langen Schultagen nicht zulässig. Allerdings setzen sich Schulen immer noch über diesen Grundsatz hinweg. Neben der Forderung Hausaufgaben in Ganztagsschulen generell abzuschaffen, fordern wir die Landesregierung auch auf, das schulische Personal ausreichend weiterzubilden, damit Schülerinnen und Schüler statt der Hausaufgaben angemessene Lernzeiten und Freiarbeitszeiten bekommen, um eigenständig lernen zu können. Darüber hinaus müssen Schulen ausreichend Ressourcen haben, um allen Schülerinnen und Schülern gezielte Förderung zukommen zu lassen. Schule muss in der Schule bleiben.

Die Sekundarschule

Als neue Schulform soll die Sekundarschule eingeführt werden, sie kann aus der Zusammenlegung von Haupt- und Realschulen entstehen, oder neugegründet werden. Dabei ersetzt sie zum Teil den bisherigen Gemeinschaftsschulversuch. Das Gymnasium wird bei der Gründung von Sekunderschulen außen vor gelassen. Obwohl eine heterogene SchülerInnenschaft nachweißlich fördernd für den Lernerfolg einer Lerngruppe ist. Hier zeigt sich also klar der große CDU-Anteil am Schulkompromiss. Auf den neuen Sekundarschulen wird die zweite Fremdsprache in der sechsten Jahrgangsstufe nur fakultativ angeboten, in der Jahrgansstufe 8 soll es eine weitere Möglichkeit zur Belegung einer zweiten Fremdsprache geben. Das begrüßen wir, denn so haben auch SchülerInnen mit geringem
sprachlichem Talent die Möglichkeit gute Schulabschlüsse zu machen. Die Lehrpläne der Sekundarschule sollen sich an den Real- und Gesamtschulen orientieren. Wir betrachten dies als kritisch. Die Zusammensetzung einer integrativen und in Zukunft auch inklusiven Schule zeichnet sich durch ein hohes Maß an Vielfalt aus. Eine heterogene SchülerInnenschaft bringt aber auch eine große Spannbreite kognitiver wie praktischer Kompetenzen mit sich. Wir Jusos sind der Ansicht, dass eine einfache Orientierung an den Lehrplänen der Real-und Gesamtschule den Schülerinnen und Schülern der zukünftigen integrativen und inklusiven Schule nicht gerecht werden kann. Wir fordern die Landesregierung auf, dauerhaft auf ein individuelles Bewertungssystem hinzuarbeiten. Ein/e kognitiv schwächere/r SchülerIn wird mit Orientierung an den Kompetenzerwartungen der Real- und Gesamtschullehrpläne in der Regel nur Minimalanforderungen erreichen. Ein auf sie/ihn individuell erstellter Förderplan könnte im Vergleich dazu aber z.B. dazu führen, dass auch für ihn/
sie im Rahmen ihrer/seiner Möglichkeit deutliche Lernerfolge sichtbar werden. Die Orientierung an den Real-und Gesamtschullehrplänen sehen wir daher lediglich als eine akzeptable Eingangslösung an.

Die Gesamtschule

Die Gründung von Gesamtschulen wird mit dem Schulkompromiss vereinfacht. Für die NRW Jusos stellt sie nach wie vor eine sehr wichtige Schulform dar, die jetzt wieder zunehmen gefördert und gefordert werden muss. Wir fordern, dass die Gründung von neuen Gesamtschulen intensiv unterstützt wird und auch die Ausgestaltung der Gesamtschulen positiv weiterentwickelt wird. Wir brauchen die Evaluierung der bisherigen Formen der Gesamtschulen um daraus zu lernen, wie wir zukünftig noch bessere Lernerfolge durch langes gemeinsames Lernen und gute Konzepte erzielen können.

Die Gemeinschaftsschulen

Die Gemeinschaftsschule ist kein Lückenfüller, sie ist das Konzept, mit dem wir angetreten sind und wofür wird gewählt wurden! Wir fordern daher, dass die bereits eingerichteten Gemeinschaftsschulen bestmöglich begleitet und unterstützt werden. Weiterentwicklungen der gestarteten Schulen zu mehr gemeinsamen Lernen müssen gefördert werden. Außerdem sollen die Gemeinschaftsschulen frühzeitig evaluiert werden, um daraus Handlungsempfehlungen für weitere schulpolitische Überlegungen abzuleiten.

Die Oberstufe

Der Unterricht der Oberstufe soll laut Schulkompromisspapier nicht an Sekundarschulen, sondern an einem Gymnasium, einer Gesamtschule oder einem Berufskolleg stattfinden. Es sollen aber vorher feste Kooperationsverträge geschlossen werden. Positiv ist dabei, dass mehr SchülerInnen ein G9-Abitur ermöglicht wird. Eigenständige Oberstufen oder noch besser Oberstufenzentren wären aber erheblich begrüßenswerter gewesen. Die massiven Probleme, die sich nämlich aus der im Kompromiss vorgesehenen Lösung ergeben liegen vor allem im Übergang zwischen SEK I und SEK II, denn auf Gymnasien ist durch G8 ein anderer Lernstand gegeben. So müssten SchülerInnen, die von der Sekundarschule auf ein Gymnasium wechseln vermutlich am Gymnasium die 10. Klasse wiederholen. Das ist völlig inakzeptabel und ein Unding gegenüber diesen jungen Menschen! Daher fordern wir die generelle Abkehr von G8. Außerdem ist darauf aufbauend auch auf die Überarbeitung der Prüfungsordnung für die Oberstufe zu achten. Denn die bestehende Prüfungsordnung (G8) lässt kaum noch die Möglichkeit individuelle Schwerpunkte zu setzen. Es muss die Chance gegeben sein, dass die SchülerInnen auch einen gesellschaftswissenschaftlichen
Schwerpunkt setzen können. Wir fordern daher eine Gleichberechtigung von Gesellschaftswissenschaften, mit Naturwissenschaften und Sprachen.
Außerdem muss dringend gewährleistet werden, dass die SchülerInnen der Sekundarschulen tatsächlich eine Oberstufe besuchen können, wenn sie dies wollen. Dafür braucht es entsprechende Kapazitäten. Wir warnen vor der Problematik, dass möglicherweise eine Schule mit Oberstufe in ihrem Einzugsbereich nicht mit allen geplanten Sekundarschulen kooperieren kann und dies dazu führt, dass entweder Sekundarschulen nicht gegründet, oder der Besuch einer Oberstufe nicht
gewährleistet wird. Oberstufenzentren bieten durch eine hohe SchülerInnenzahl eine größere Möglichkeit an Fächerkombinationen, als es momentan an Gymnasien, Gesamtschulen und Berufskollegs möglich ist. Daher sollte die Einführung solcher Zentren mittelfristig diskutiert werden.

Integrative Schulform

Das Konzept der Sekundarschule lässt offen, ob die integrative Unterrichtsform nach der 6. Klasse bestehen bleibt. Es besteht demnach die Möglichkeit ab der siebten Klasse schulintern in zwei bis drei Klassen zu selektieren. Grundsätzlich fordern wir, dass die Bestimmungen für die Sekundarschulen so verabschiedet werden, dass grundsätzlich bis zum Schulabschluss gemeinsam gelernt wird und jegliche Form der Unterteilung extra vor Ort beschlossen werden müssen. Für uns steht zudem fest, dass ein gemeinsames und solidarisches Miteinander konsequent gefördert werden muss, denn nur so lassen sich Vorurteile abbauen. Gemeinsames Lernen sorgt für ein gestärktes miteinander und voneinander Lernen und gibt den Schwächeren die Möglichkeit von den Stärkeren
zu lernen und den Stärkeren dabei ihr Wissen zu festigen. Durch die individuellen Schwächen und Stärken gibt gemeinsames Lernen die Möglichkeit sich in allen Fächern gegenseitig zu helfen. Wir fordern daher, dass bis zum ersten Schulabschluss gemeinsam gelernt wird. Damit dies in der Praxis auch passieren kann, muss die Sozialdemokratie sich vor Ort in der Ausgestaltung der Sekundarschulen dafür einsetzen, dass auch nach der sechsten Klasse das weitere gemeinsame Lernen ermöglicht wird.

Klassenfrequenzwerte

Die Klassenfrequenzwert einer Sekundarschule soll, dem Schulkompromiss nach, 25 SchülerInnen betragen. Außerdem sollen die Klassenfrequenzwerte von Realschulen und Gymnasien schrittweise auf 26 gesenkt werden und für die Grundschulen auf 22,5. Eine Senkung der Klassenfrequenzwerte ist für uns eine richtige Tendenz. Dennoch betonen wir, dass der angegebene Klassenfrequenzwert von 25 SchülerInnen deutlich zu hoch liegt. Eine pädagogisch wie didaktisch hochwertige individuelle Förderung ist mit einem solchen Schlüssel in der Regel nicht zu leisten. Wir Jusos fordern daher, die Betreuungsrelationen zügig und deutlicher zu verbessern. Außerdem dürfen die Klassenfrequenzwerte zukünftig auch nicht durch Ausnahmeregelungen überschritten werden.

Investitionen

Der Schulkompromiss sieht vor die bereits vorhandenen Ressourcen zu nutzen und durch die rückläufigen SchülerInnenzahlen „frei“ werdende Mittel im System zu belassen. Das ist zwar eine begrüßenswerte Überlegung, reicht aber bei weitem nicht aus. Wir stellen, auch begründet durch wissenschaftliche Forschungsergebnisse, an dieser Stelle deutlich in Frage, dass die angestrebte Finanzierung tatsächlich ausreichend ist. Es muss jetzt umgehend das Schulsystem ausfinanziert werden. Es müssen weitere Investitionen für mehr LehrerInnen, als auch SozialarbeiterInnen, SchulpsychologInnen und weiteres Schulpersonal getätigt werden. Auch die IntegrationshelferInnenstellen müssen ausgebaut werden. Außerdem müssen die Möglichkeiten der Weiterbildung ausgebaut und neue Räumlichkeiten, wie Ruhe- und Nebenräume geschaffen werden. Nicht zuletzt wird ansprechendes Unterrichtsmaterial benötigt. Denn nur durch Investitionen in diesen Bereichen lässt sich das Ziel einer guten und gerechten Schule umsetzen.

Wie geht es weiter?

Die erste Bestandsaufnahme zeigt: Es gibt nun keinen Grund für Tatenlosigkeit! Die Ausgestaltung des Eckpunktepapiers vom 19. Juli muss offensiv von der Sozialdemokratie gestaltet werden. Dafür müssen die Forderungen der NRW Jusos vom Schulministerium und der Landesregierung, von der Landtagsfraktion und der NRWSPD beachtet, in der Schulgesetznovelle umgesetzt und auch danach intensiv ausgestaltet werden. Außerdem brauchen wir umgehend konkrete Handlungshilfen und –empfehlungen für die SPD, aber auch die Kommunen vor Ort. Denn hier entscheidet sich, welcher Ausprägung die Sekundarschulen zukünftig sein werden und ob wir uns einem besseren Schulsystem annähern oder nicht. Des weiteren brauchen wir eine breite und intensive Diskussion
darüber, wie wir den Schulkompromiss in den nächsten Jahren und darüber hinaus weiter ausgestalten wollen und welche Ziele wir in der Schulpolitik mittel- und langfristig anstreben und wie wir diese erreichen wollen. So steht die NRWSPD mit Unterstützung der NRW Jusos in der Verantwortung nicht von der konkreten Weiterentwicklung der Schulpolitik abzulassen. Letztlich müssen die Ziele hinter der inklusiven Gemeinschaftsschule so schnell wie möglich umgesetzt werden.