Kommunale Finanzen reformieren – Mut zum Wandel

Die Kommunen bilden das lokale Rückgrat unserer Zivilgesellschaft. Sie nehmen direkten Einfluss auf unserer Lebensrealitäten, schaffen Zukunftschancen und Lebensqualität. Zugleich übernehmen sie zentrale Aufgaben von Bund und Land. Ohne starke und finanziell gut ausgestattete Kommunen wäre in Deutschland der soziale Frieden gefährdet. Denn insbesondere lokale Akteure wissen, welche Bedürfnisse und Bedarfe vor Ort notwendig und wie Ressourcen am effektivsten eingesetzt werden können. Durch das Aufwachsen von neuen gesellschaftlichen wie politischen Herausforderungen muss daher die finanzielle Ausstattung der Kommunen auf den Prüfstand gestellt werden. Einen ersten Schritt hat die rot-grüne Landesregierung bereits getan. Nun gilt es, strukturelle Veränderungen zu wagen. Mit Hinblick auf die anstehenden Veränderungen im Finanzgefüge der Bundesrepublik ist es daher aus unserer Sicht zwingen notwendig, den Blick auf die Kommunen zu richten und ihren Anforderungen gerecht zu werden. Die Kommunen im Land Nordrhein-Westfalen haben bis 1981 einen Anteil am Steueraufkommen (Verbundsatz) in Höhe von 28,5 % erhalten. Um die eigenen Finanzbedürfnisse vorrangig zu bedienen, hat das Land in mehreren Schritten ab 1982 den kommunalen Anteil am Steueraufkommen auf mittlerweile 21,83 % reduziert (nominell 23 % abzgl. 1,17 %-Pkt. zur Beteiligung der Kommunen an den Lasten der Deutschen Einheit). Insgesamt haben die Kommunen 50 Mrd. € dadurch seit 1982 verloren, das entspricht ungefähr dem Gesamtstand aller Schulden in NRW. Wir NRW Jusos setzen uns dafür ein, den Steueranteil der Kommunen wieder zu erhöhen. Nur so kann das strukturelle Defizit vieler kommunaler Haushalte dauerhaft bekämpft werden

Gewerbesteuer reformieren! Mehr Gerechtigkeit und handlungsfähige Kommunen!

Die Gewerbesteuer ist eine der wichtigsten Einnahmequellen der Kommunen und ist somit eine der Grundlagen für die kommunale Selbstverwaltung. Ohne diese Steuer wären die stark angespannten kommunalen Haushalte schon längst Geschichte. Wir würden uns viel mehr mit den Auswirkungen beschäftigen, wie wir sie in Detroit sehen. Detroit, wo die Kommune aufgrund fehlender finanzieller Mittel keinen Gestaltungsspielraum mehr besitzt. Trotzdem gibt es immer wieder Bestrebungen die Gewerbesteuer abzuschaffen und somit den letzten Nagel in den Sarg der kommunalen Haushalte einzuschlagen. Der Grundgedanke der Gewerbesteuer ist, dass Kommunen einen finanziellen Ausgleich ihrer Ausgaben erhalten, die im Zusammenhang mit Gewerbetreibenden entstehen. Ein Handwerksbetrieb nutzt zum Beispiel durch seine Fahrzeuge die Straßen ab so soll dieser seinen Anteil an den Kosten leisten. Dabei ist der Ausgangspunkt für die Veranschlagung der Gewerbesteuer die objektive Ertragskraft eines Unternehmens, also der Gewinn. Dieses macht die Steuer sehr anfällig für Schwankungen. In einer wirtschaftlichen Krisensituation schmälern sich die Gewinne von Unternehmen und somit auch das Einkommen der Kommune. In „Boomzeiten“ geschieht genau das Gegenteil. Neben der Gewinnabhängigkeit gibt es auch noch einen Freibetrag für Unternehmen, so dass nicht der berühmte „erste Euro Gewinn“ direkt besteuert wird.

Um den Kommunen mehr Einnahmen für Investitionen, Bildung etc. zu gewährleisten gibt es bei der Stellschraube der Gewerbesteuer drei Möglichkeiten: (1) Die Kommunen können den Hebesatz der Gewerbesteuer selbst festlegen! Dieses führt aber vor allem bei strukturell benachteiligten Kommunen dazu, dass diese einen Standortnachteil erleiden, wenn es um die Ansiedlung von neuen Unternehmen geht. Diese Möglichkeit ist weitestgehend in der Vergangenheit bis an das Ende der Fahnenstange getrieben worden: viele NRW Kommunen haben mittlerweile einen ähnlichen Hebesatz, wie München oder Hamburg. (2) Auf Ausnahmen bei der Gewerbesteuer ist zu verzichten! Hierbei ist jedoch die Bundesebene gefragt. Dort werden die Ausnahmen bestimmt. Und der Bund ist seit langem der Meinung, dass vor allem die freien Berufe (Ärzte, Anwälte, Notare, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Ingenieure, Architekten, Künstler, Designer etc.) von dieser Steuer befreit werden sollten. Für eine krisenunabhängige Einnahmequelle würde die Abschaffung der Privilegien die geeignete Variante sein. Es gibt aus unserer Sicht keine guten Argumente dafür, dass der mittelständige Handwerker Gewerbesteuer zahlen muss, der Anwalt aber nicht. Dieses Ungleichgewicht in der Gesellschaft müssen wir abschaffen, vor allem weil es zu Lasten des Handwerkers geht. Neben der Verbesserung der Einnahmeseite der Kommunen, hat diese Steuer also auch eine Gerechtigkeitsdimension. (3) Der Gewinn, welcher maßgeblich für die Errechnung der Gewerbesteuer ist, darf nicht klein gerechnet werden! Eine weitere Ungerechtigkeit bei der Gewerbesteuer ist die Möglichkeit Schulden abzuschreiben. Vor allem großen Unternehmen nutzen momentan dieses Schlupfloch um Verluste, die sie im Ausland durch möglicherweise Spekulationen verursacht haben, mit den Gewinnen in den einzelne Kommunen zu verrechnen, so dass diese unter dem Strich keinen nennenswerten Gewinne aufweisen. Obwohl sich die Unternehmensstandorte vor Ort weiterhin satte Gewinne einverleiben und die Infrastruktur der Stadt weiterhin nutzen. Daher Fordern wir:

 Die Gewerbesteuer muss auf breitere Füße gestellt werden. Freiberufler sind einzubeziehen.

 Die Gewerbesteuer muss so reformiert werden, dass es für Unternehmen nicht möglich ist, Verluste im Ausland mit den Gewinnen vor Ort zu verrechnen.

Reform der Grundsteuer wagen

Mit der Grundsteuer steht den Kommunen in NRW ein Instrument zur Verfügung, welches ihre kommunale Selbstverwaltung absichert. Mit etwa 16% am gemeindlichen Haushalt stellt die Grundsteuer eine wesentliche Einnahmequelle dar, die weitgehend konjukturunabhängig ist. Zudem können die Kommunen über die Festsetzungen der Hebesätze die Höhe der Steuereinnahmen und damit der Belastungen der Menschen in der jeweiligen Kommune steuern.

Jedoch wird die Steuerbelastung auf Basis der zugrunde gelegten Wertverhältnisse aus dem Jahre 1964 berechnet und negiert damit weitgehend Wertveränderungen der Grundstücke. Obwohl das Bewertungsgesetz eine Anpassung der Wertansätze in Abstand von 6 Jahren verlangt, muss

festgestellt werden, dass diese faktisch nicht vorgenommen werden. Damit werden Wertveränderungen, die sich bspw. aufgrund von infrastrukturellen Entwicklungen ergeben, fast vollständig negiert. Grundstücke, die eine starke Wertsteigerung erlebt haben, werden entsprechend unterproportional, Grundstücke mit starken Wertrückgängen entsprechend überproportional belastet. Aus diesem Grunde ist es dringend erforderlich, eine Reform der Grundsteuer zu wagen und die fiskalische Basis der Kommunen zu festigen. Wir fordern die Anpassung der Bemessungsgrundlage an die tatsächlichen Werte eines Grundstückes und eine stete Wertanpassung im weiteren Verlauf. Hierzu sollen die Miet- und Pachtwerte bzw. die Mietäquivalente für selbstgenutztes Wohneigentum gemäß der ortsüblichen Vergleichsmieten herangezogen werden. Dadurch kann sichergestellt werden, dass durch die stete Mietanpassung an die Märkte gleichzeitig eine Anpassung der Bemessungsgrundlage stattfindet. Als Variante ist zu prüfen, ob statt der tatsächlichen Mieteinnahmen der örtliche Mietspiegel angelegt werden könne, um bürokratische Hürden zu geringer zu halten. Sollte kein örtlicher Mietspiegel vorliegen, muss geprüft werden, ob zur regelmäßigen Wertermittlung die Bodenrichtwerte und die Wiederbeschaffungswerte für die Immobilien herangezogen werden können. Durch die nicht berücksichtigten Wertsteigerungen ist mit starken Verwerfungen bei der Ermittlung der jeweiligen Steuerlast zu rechnen. Daher muss die Reform einen aufkommensneutralen Ausgangspunkt für die Steuerzahler beinhalten, um den Vertrauensschutz Genüge zu tun. Unter Umständen sind Übergangsfristen mit Anpassungen zusätzlich einzuführen.

 

Spielraum für Investitionen schaffen – Kommunale Altschulden abbauen

Durch eine mangelhafte finanzielle Ausstattung der nordrhein-westfälischen Kommunen haben sich in den vergangenen Jahren zunehmend Kredit- und Zinslasten aufgebaut, deren Ursachen ebenso Unterschiedlich wie die Kommunen selbst sind. Dennoch lässt sich feststellen, dass durch die Agenda 2010 wie auch den Senkungen der Einkommenssteuern der vergangenen Jahre insbesondere den Kommunen keine ausreichende Kompensation zur Verfügung gestellt worden sind. Zudem haben sich durch den kommunalen Beitrag zur Wiedervereinigung Deutschlands die Investitionen in den Erhalt von lokaler Infrastruktur in etwa dem gleichen Maße wie der finanziellen Unterstützung gesenkt. Die Bewältigung der entstandenen Herausforderungen bzw. kommunalen Notwendigkeiten sind –vollkommen unabhängig jeglicher Sparanstrengungen- zu großen Teilen nur aus sog. Kassenkrediten möglichen gewesen. Mit Auslaufen des Solidarpaktes II müssen Gelder in Zukunft nicht mehr nach Himmelsrichtung sondern nach Bedürftigkeit verteilt werden. Insbesondere die Hilfe zum Abbau von angelaufenen Altschulden halten wir daher für unersetzlich, um finanziellen Spielraum für die Kommunen und damit für die soziale Infrastruktur zu schaffen. Daher fordern wir, einen Altschuldenfonds für die Kommunen zu schaffen, der die Schulden der Kommunen zusammenfasst. Durch freiwerdende Mittel des Solidarpaktes II sowie Weitererhebung des Solidaritätszuschlages wird es möglich, die anfallenden Zinskosten zu zahlen. Jede Kommune, die ihre Altschulden in den Fonds eingebracht hat, vereinbart einen entsprechenden Tilgungsplan für die jeweiligen Kredite. Durch die wegfallenden Zinslasten müssen sich für die Kommunen entsprechende Spielräume ergeben, sowohl ihre Schulden abzubauen sowie Mittel für lokale Investitionen nutzen zu können.

 

Kommunale Unternehmen in die Pflicht nehmen

 Kommunale Unternehmen leisten tagtäglich einen wichtigen Beitrag für die Bürgerinnen und Bürger vor Ort und für die Gemeinschaft – sowohl in Großstädten als auch in dünn besiedelten Regionen, aus denen private Unternehmen sich zurückziehen. Für uns NRW Jusos sind die Gewinne, die aus rentablen Geschäftsfeldern erwachsen, eine Verpflichtung diese auch der Allgemeinheit wieder zu Gute kommen zu lassen. Für viele Kommunen sind ihre kommunalen Unternehmen zu einem Faktor in der Haushaltspolitik geworden. Durch Gewinnausschüttungen der Unternehmen an die teilhabenden Kommunen leisten diese Unternehmen einen wichtigen Teil zur finanziellen Handlungsfähigkeit in Zeiten knapper Kassen. Da diese Gewinnausschüttungen zum Teil nur in ungeregelter Form stattfinden, fordern wir NRW Jusos eine gesetzlich festgelegte Quote, die pro Jahr von den Gewinnen der kommunalen Unternehmen an die Kommunen abgeführt werden sollen. Dies schließt besonders auch die Sparkassen mit ein. Für uns ist nicht nachvollziehbar, warum die Unternehmen, die im Auftrag der Allgemeinheit wirtschaften, diese Gewinne nicht an die Kommunen zurück geben müssen. Die Sparkassen rühmen sich mit regionaler Förderung, jedoch reicht uns diese Investitionspolitik des guten Willens ohne wirkliche demokratische Legitimation nicht aus. Deutschlandweit haben die Sparkassen 2011 4,7 Milliarden Euro Gewinn gemacht, während die Kommunen über 300 Mrd. Euro Schulden vor sich her schieben. Wir wollen in diesem Bereich eine klare Regelung, die die Kommunen an den Gewinnen ihrer Unternehmen beteiligt.