„Don’t forget about the price tag“- Steuerfreie Einmalzahlungen stoppen

Im Herbst 2022 entstand im Rahmen der „konzertierten Aktion“, also einer gemeinsamen Runde aus Gewerkschaften und Arbeitgebervertreter*innen mit führenden Politiker*innen, die „Inflationsausgleichsprämie“.

Der Staat erlaubt es damit Arbeitgeber*innen 3000€, bis Ende 2024 steuer- und sozialabgabenfrei an die Beschäftigten auszuzahlen. Dies geschieht einmalig, ganz oder teilweise, als Prämie.

Da die Auszahlung für die Arbeitgeber*innen freiwillig ist, zeichnete sich schnell folgendes Bild: Die Arbeitgeber*innen machten die Auszahlung zum Verhandlungsgegenstand der vielen Tarifrunden 2022 und 2023 wie beispielsweise der Stahlindustrie, der Metall- und Elektroindustrie oder den Brauereien.

Steuer- und abgabenfreie Prämien lohnen sich für die Arbeitgeber*innen aus zwei Gründen: Sie sparen bei der Auszahlung nicht nur die Sozialabgaben, sondern können in den Tarifverhandlungen die Forderung nach tabellenwirksamen Erhöhungen der Entgelte kontern.

Ein Tarifabschluss, der eine hohe Einmalzahlung beinhaltet, sorgt im Jahr der Auszahlung dieser Zahlung auf Arbeitnehmer*innenseite für ein deutliches Brutto- und Nettoplus gegenüber einer herkömmlichen tabellenwirksamen Erhöhung.[1] Dies ist vor allem unter dem Aspekt einer zum Beispiel inflationsbedingten Preissteigerung ein Vorteil für Arbeitnehmer*innen- besonders für kleine und mittlere Einkommen. Ab den darauffolgenden Jahren ist allerdings deutlich erkennbar, dass eine Einmalzahlung kein Ersatz für eine tabellenwirksame Entgelterhöhung ist.

Denn im Vergleich zu einer tabellenwirksamen Erhöhung, wächst das Brutto- und Nettogehalt durch eine steuer- und abgabenfreie Einmalzahlung nur temporär und Arbeitnehmer*innen verlieren ihr Leben lang Geld. Als Partei der Arbeit und starke Kraft an der Seite der abhängig Beschäftigten ist für uns Jusos klar: Unsere Partei darf nicht dabei helfen tabellenwirksame Erhöhungen zu bremsen! Die Tarifautonomie gebietet uns, Einmalzahlungen als Teil von Tarifabschlüssen zu respektieren, allerdings wäre es unverhältnismäßig sie dauerhaft durch die Befreiung von Steuer- und Sozialabgaben zu bezuschussen. Tabellenwirksame Erhöhungen sind für uns immer das bevorzugte Mittel für eine gerechte Teilhabe der Arbeitnehmer*innen am wirtschaftlichen Erfolg ihrer Arbeit.

Außerdem helfen Einmalzahlungen nicht überall: Als Jungsozialist*innen nehmen wir bei unserer Perspektive auf Lohn und Arbeit auch diejenigen Beschäftigten in den Blick, die nicht gewerkschaftlich organisiert sind oder in deren Branchen die DGB-Gewerkschaften keine starke Kraft bilden. Diese Menschen erreichen die freiwilligen Prämien oft nur in kleinem Umfang- oder eben gar nicht, weil die Arbeitgeber*innen unter keinem ausreichend großen Druck stehen, die Prämie auch tatsächlich auszuzahlen.

Die Auswirkungen der Einmalzahlung gehen aber noch weiter, indem sie Sozialsysteme und Haushalte schwächen: Kurzfristig sorgen die Steuer-  und Abgabenfreiheit und langfristig die geringeren Entgelte dafür, dass weniger Geld in den öffentlichen Kassen und Sozialsystemen zur Verfügung steht, wo es so dringend gebraucht wird.

Einmalzahlungen lösen nicht das Problem der systematischen zu niedrigen Löhnen und Gehältern. Anstelle von Einmalzahlungen, die die Arbeitnehmendenschaft kurzfristig zufriedenstellen, fordern wir Jusos faire Gehälter und Löhne, die Zeiten der Krisen und Inflation gerecht werden und entsprechend angepasst werden. Denn: Arbeit muss sich lohnen! Faire Bezahlung muss auf soliden Beinen stehen, die langfristig stabil sein.

Als Jungsozialist*innen lehnen wir das Normalisieren von steuer- und abgabefreie Einmalzahlungen ab. Krisen dürfen Arbeitnehmer*innen nicht ihr Leben lang verfolgen!

 

[1] https://www.wsi.de/fpdf/HBS-008551/p_ta_analysen_tarifpolitik_94_2023.pdf