Unsere Forderungen an die neue schwarz-grüne Landesregierung

Viele Punkte der letzten Hochschulgesetznovelle aus dem Jahr 2019, durchgesetzt durch die vergangene schwarz-gelbe Regierung hier in NRW, waren ein gravierender Rückschritt. In der vorherigen Novelle sind besonders viele, von der SPD erkämpfte Fortschritte, revidiert worden.

Wir müssen den Interessen der Studierenden, vor allem in diesen besonders schweren Zeiten, Gehör schenken und Hochschulpolitik für und mit den Studierenden gestalten!

Sowi bleibt! Für eine kritische statt profitorientierte Bildung! 

Bereits unter der vergangenen schwarzgelben Landesregierung wurde der Entschluss gefasst, das Fach der Sozialwissenschaften abzuschaffen. Nachfolger des Kombi-Fachs aus Soziologie, Wirtschaft und Politik soll das Fach „Wirtschaft-Politik“ werden. In diesem Fach soll ein besonderer Fokus auf den Bereich der Wirtschaft gelegt werden – zulasten soziologischer und politikwissenschaftlicher Inhalte. Diese höchstgradig fragwürdige Entscheidung – damals wesentlich vorangetrieben durch die FDP, tragen die Grünen nun mit. Und das obwohl sowohl das Wahlprogramm, als auch die Spitze der Landespartei versichert haben, das Fach Sozialwissenschaften sofort wiedereinzuführen.

Gerade in den Zeitenwenden, in der wir uns derzeit befinden, kann das interdisziplinäre Fach der Sozialwissenschaften Schüler*innen Inhalte und Kompetenzen vermitteln, in dem sie nicht nur lernen, unsere gesellschaftlichen Verhältnisse kritisch zu reflektieren, sondern auch  gesamtgesellschaftliche Einflüsse aktueller Ereignisse zu verstehen. Das Fach Wirtschaft-Politik hingegen würde diese Kriterien nur vollkommen unzureichend erfüllen. Die Petition, die unter dem Hashtag #SowiBleibt mehrere Zehntausende Unterschriften gesammelt hat, zwang Schulministerin Gebauer zurück zu rudern. Nun dürfen bereits ausgebildete Lehrer*innen und in der Ausbildung befindliche Studierende auch weiterhin das neue Fach unterrichten. Für uns stellt dies jedoch nur einen Tropfen auf dem heißen Stein dar.

Sozialwissenschaftliche Bildung und Teilhabe sind nach wie vor elementarer Bestandteil für unsere Gesellschaft. In einer Zeit, in der wenige hundert Kilometer ostwärts von uns ein brutaler Angriffskrieg stattfindet, in einer Zeit in der Bewegungen wie Black Lives Matter oder Fridays for Future zurecht immer lauter werden, darf und kann die Bildungspolitik auf das interdisziplinäre Fach Sowi nicht verzichten. Daran ändert auch der halbherzige Versuch der Landesregierung nichts, die in ihrem Koalitionsvertrag die Fortführung des universitären Faches Sozialwissenschaften festgeschrieben hat. Von solchen Tricks lassen wir uns nicht täuschen und bleiben bei unserer Forderung: Das Schulfach Sozialwissenschaften muss bleiben!

Viel zu lange verschlafen: Wir fordern die Ausfinanzierung der Studierendenwerke! 

Durch die aktuellen Krisen und die daraus resultierende hohe Inflation haben sich die Lebenshaltungskosten im Allgemeinen rasant erhöht. Das geht auch an Studierenden nicht spurlos vorbei. Die Mieten im Studierendenwohnheim oder für das WG-Zimmer, Lebensmittelkosten und die Preise in den Mensen, Strom- und Gaskosten steigen drastisch an und führen besonders für Studierende zu starken finanziellen Belastungen.

Im Jahr 2021 gaben bereits 60 % der Studierenden an, neben dem Studium arbeiten zu müssen, um sich ein Studium überhaupt finanzieren zu können – dies lässt sich nicht zuletzt auf die derzeit sehr niedrigen BAföG Fördersätze, sowie auf die viel zu geringe Anzahl BAföG-Berechtigter Studierender zurückführen. Dieses Finanzierungsproblem trifft umso mehr die Menschen, die neben dem Studium noch Pflegeverpflichtungen haben oder durch die jeweils individuelle Situation keinen Nebenjob haben können.

Die Sparmaßnahmen der vergangenen Jahre durch die Schwarz-Gelb geführte Landesregierung, sowie die hohe Inflation, bringen auch die Studierendenwerke in finanzielle Probleme. Dabei bleibt ihnen in Anbetracht der derzeitigen Situation keine andere Wahl, als die Neben Kostensteigerungen oder auch die höheren Lebensmittelpreise direkt an die Studierenden weiterzugeben. Durch beispielsweise steigende Preise in den Mensen, Semesterbeiträge sowie Mietpreise in Studierendenwohnheimen wird die finanzielle Situation der Studierendenwerke von den Studierenden selbst gelöst. Dadurch entsteht für Studierende eine große finanzielle Mehrbelastung. Seit fast 30 Jahren wurden die finanziellen Mittel für die Studierendenwerke von Landesseite aus nicht mehr substanziell erhöht, sodass bereits der Semesterbeitrag in den vergangenen Jahrzehnten für Studierende immer größer wurde und damit auch immer mehr zu einer finanziellen Belastung der Studierenden. Wenn wir einen Hochschulzugang für alle fordern, dann müssen wir auch die Abschaffung versteckter Studiengebühren fordern!

Daher fordern wir eindringlich die Schwarz-Grüne Landesregierung dazu auf, die Studierendenwerke auszufinanzieren, um so der finanziellen Belastung der Studierenden entgegenzuwirken. Die Studierendenwerke brauchen eine größere finanzielle Unterstützung durch die Landesregierung in Form von Zuschüssen.

Semestertickets sind schön, 9-Euro-Ticket ist schöner! 

Teil des Entlastungspakets der Bundesregierung für die Bürger*innen  war unter anderem das 9-Euro-Ticket. Durch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine sind die Energiekosten explodiert, das 9-Euro-Ticket konnte die finanzielle Mehrbelastung zumindest teilweise ausgleichen. Die Bürgerinnen und Bürger wurden durch niedrige Fahrpreise unmittelbar entlastet und es wurde durch den niedrigen Ticketpreis, sowie durch den Ausbau der Kapazitäten ein Anreiz zum Umstieg auf den öffentlichen Personennahverkehr geschaffen. Auch Studierende profitieren von diesem 9-Euro-Ticket.

Der Semesterbeitrag, den Studierende immer noch entrichten müssen, beträgt je nach Universität zwischen 250 und 350€. In diesem Beitrag zahlt man einen Teil an die verfasste Studierendenschaft, circa 10€, den Großteil an das Studierendenwerk und zwar 100€ und ganze 213,06€ für den Mobilitätsbeitrag und das Semesterticket. Das Ticket kostet zwar runtergerechnet auf 6 Monate pro Semester nur ca. 35€, was vergleichsweise günstig ist zu Ticketpreisen von Azubis und Schülis. Dennoch konnten viele Studierende durch die Entlastung ungefähr 70€ sparen. Viele Studierende befinden sich in prekären Lebensverhältnissen. Durch die hohen Energiekosten und die durch die Decke rauschende Inflation wird dieser Effekt verstärkt. 70€ sind hier eine Entlastung die gerne gesehen werden. Schließlich ist Mobilität noch wie vor 200 Jahren eine Klassenfrage. Von dem 9-Euro-Ticket profitieren besonders ökonomisch schlechter gestellte Gruppen unserer Gesellschaft, zu denen auch die meisten Studierenden zählen.

Hochschulen sind politisch und müssen es bleiben! Mehr Demokratie an Hochschulen wagen! 

Alles ist politisch – auch unsere Hochschulen.

Demokratisierung dieser sollte deshalb konsequent durchgesetzt werden.

Die grundlegende Trennung zwischen Hochschulpolitik und Gesellschaftspolitik halten wir für falsch. Die Hochschulen sind wie jeder andere Raum auch ein politischer Raum für seine Mitarbeiter*innen und Studierende. Diese Trennung macht dahingehend für uns keinen Sinn, da sie diesen Teil der Gesellschaft ihren allgemeinpolitischen Willen innerhalb ihres Lern- und Arbeitsraums absprechen will. Deshalb stehen wir dafür ein, Hochschulpolitik genauso anzuerkennen wie Gesellschaftspolitik. Dazu zählt für uns ein selbstverständliches Bekenntnis zur verfassten Studierendenschaft.  Zudem setzten wir uns dafür ein, dass alle Studierendenschaften ein allgemeinpolitischen Mandat erhalten.  Gremien an Hochschulen sollten grundsätzlich nur paritätisch besetzt werden. Obendrein ist die akademische Selbstverwaltung ist ein hohes demokratisches Gut, welches wir schützen und fördern sollten.

Hochschulen für alle! Soziale, inklusive & nachhaltige Digitalisierung der Hochschulen 

Auch wenn viele Dozierende es befürchten mögen, ist Hybride Lehre nicht der Untergang der Präsenz Hochschulen. Hybride Lehre ermöglicht es, auch diejenigen abzuholen, die wegen überteuerter Mieten nicht direkt an ihren Hochschulstandort ziehen können und ohne Online-Lehre täglich weite Strecken pendeln müssten. Auch wer mit einer Erkrankung zu Hause bleiben muss, wird dank Hybrider Lehre nicht abgehangen. Und schließlich sind da noch die tausend übrigen guten Gründe, nicht körperlich im Hörsaal anwesend zu sein, aber dennoch den Unterricht (nach-)verfolgen zu wollen: Terminkollisionen durch Arzttermine, Kinderbetreuung, Ehrenämter, oder Arbeitsschichten, mit denen das Studium finanziert wird.

Dabei handelt es sich nicht um eine durch Corona oder sonst wie bedingte Ausnahmesituation. Vielmehr gehören diese zeitlichen  Herausforderungen zum studentischen Alltag und erfordern einen nachhaltigen Einsatz diverser Elemente der Hybriden-Lehre. Insbesondere das Streaming und Aufzeichnen von Vorlesungen, Seminaren und anderen Lehrveranstaltungen sind essentiell. Dabei sollen die Links für das Streaming oder die Live-Übertragung sowie die Aufzeichnungen nicht auf den persönlichen Websites der Dozierenden versteckt werden. Digitale Lehrangebote sollte über die jeweils üblichen Lernplattformen der Unis ohne weitere Hindernisse offen zugänglich und leicht zu finden sein.

Aus diesem Grund muss insbesondere die Diklusion, die digital-inklusive Bildung, vorangetrieben werden. Besonders die auf den Lern- und Kommunikationsplattformen der Hochschule abrufbaren Inhalte müssen durch ein barrierefreies Webdesign für alle Nutzer*innen abrufbar sein. Dies umfasst unter anderem, dass Inhalte auch in leichter Sprache bereitgestellt werden und Alternativtexte für Screenreader beinhalten. Unsere Hochschulen müssen endlich barrierefrei werden – sowohl auf dem Campus als auch digital!

Eine nachhaltige, soziale Lösung erfordert dabei möglichst sichere und transparente Anbieter. Hochschulen, die sich unter Berufung auf die pandemie bedingte Ausnahmesituation, auf schnelle aber unsichere Lösungen eingelassen haben, müssen jetzt ihre Datenschutzlücken schließen! Denn die persönlichen Daten von Studierenden und Dozierenden dürfen nicht zur Fundgrube für profitorientierte Unternehmen oder Cyberkriminelle werden!

Desweiteren stehen wir solidarisch an der Seite von Gewerkschaften und unterstützen den Arbeitskampf an den Hochschulen. Für den akademischen Betrieb ist die Arbeit der Studentischen Hilfskräfte essentiell notwendig und ohne die Arbeit würde der Lehr- und Forschungsbetrieb nicht funktionieren. Nichtsdestotrotz zeichnet sich diese wertvolle Arbeit weder in der Bezahlung, noch in den sonstigen Umständen wieder. Die Bezahlung liegt meist unter dem existenzsichernden Mindestlohn. Hinzukommend wird nur die Mindestanzahl an Urlaubstagen gewährleistet und über viele Regelungen wird nicht aufgeklärt.

Daher fordern wir gemeinsam mit TVStud und den Gewerkschaften ver.di und GEW einen bundesweiten Tarifvertrag für studentische Hilfskräfte zur Sicherstellung von besserer Bezahlung und längeren Vertragslaufzeiten.

Daher fordern wir:

  • Das Fach Sozialwissenschaften muss sofort wiedereingeführt und entsprechende Übergangsregelungen getroffen werden.
  • Die Studierendenwerke müssen vom Land ausfinanziert werden.
  • Das Land NRW soll sich im Bund dafür einsetzen, dass das 9-Euro-Ticket zeitlich verlängert wird, bis eine mittel- und langfristige Lösung – bestenfalls ein
    ticketloser ÖPNV – getroffen wurde. Mittelfristig lautet unsere Forderung immer noch der ticketlose, und damit für Verbraucher*innen kostenlose, ÖPNV.
  • Demokratie und politische Partizipation muss auch an den Hochschulen gelebt und praktiziert werden
  • Die hybride Lehre muss nachhaltig, mit einem hohen Datenschutzstandard sowie barrierefrei und inklusiv an den Hochschulen etabliert werden.