Jungsozialistisch einheizen statt heißer Luft – Wie die Wärmewende gelingen kann

Warum brauchen wir die Wärmewende?

Deutschland hat sich zur Klimaneutralität bis 2045 verpflichtet, d.h. es dürfen keine Emissionen von klimaschädlichen Gasen wie CO2 in die Atmosphäre ausgestoßen werden. Im Bereich der Privathaushalten fallen auf die Bereitstellung von Raumwärme und Warmwasser 85% der Treibhausgasemissionen[1] zurück. Heizungssysteme haben lange Lebensdauern, deshalb müssen wir uns spätestens jetzt Gedanken machen, welche Systeme in Zukunft verbaut werden dürfen und wie wir einen sozial gerechten Weg zur Klimaneutralität in diesem Sektor erreichen.

In der näheren Zukunft werden die Preise für CO2 Zertifikate den Erdgaspreis kräftig nach oben treiben. 2021 machten die CO2-Preise etwa 0,5ct beim Erdgaspreis aus. Dieser Preis ist stetig angestiegen und wird es auch in Zukunft weiter tun. Ab 2026 startet die offene Versteigerung der CO2-Zertifikate, dann wird mit einem zwei- bis dreimal so hohen CO2-Preis gerechnet.[2]

Die daraus resultierenden steigenden Heizkosten werden auf die Mieter*innen umgelegt werden, wenn Vermieter*innen sich lieber die günstige Gasheizung einbauen lassen anstatt ihrer Verantwortung als Eigentümer*innen gerecht zu werden und eine klimafreundliche Heizung zu verbauen.

Solch eine schleichende, aber stetige Kostensteigerung ist ein schlechter Verbraucherschutz. Diesen gilt es zu korrigieren und zu verbessern. Ein zeitnahes Einbauverbot von fossilen Heizungen spart Mieter*innen und Eigenheimbesitzer*innen also späte, aber hohe Folgekosten im Verbrauch. Ein Einbauverbot von Öl und Gasheizungen ist umgesetzter Mieter- und Klimaschutz!

Wie schaffen wir die Wärmewende in Deutschland?

Säule1, die Fernwärme: Als Fernwärme wird Warmwasser bezeichnet, das durch isolierte Rohre zu der*dem Verbraucher*in fließt und somit Wärme für das Heizen und Warmwasser zum Duschen bereitstellt. Dazu muss die Wärme von einem kommunalen Energieversorger bereitgestellt werden. Aufgrund der Verlegung von neuen Rohren ist eine kommunale Wärmeplanung erforderlich. Hier kann dann festgelegt werden, wo Fernwärme verlegt wird und wo und durch was sie bereitgestellt wird. Gerade in urbanen Räumen ist die Fernwärme lohnenswert, da Wege hier kurz und gute Absätze möglich sind. Wichtig dabei ist, dass es in Zukunft keinen Zwang zur Abnahme der Fernwärme geben sollte, damit sich faire und kompetitive Preise zwischen verschiedenen Heizungssystemen bilden können. Dadurch wird sichergestellt, dass Endnutzer:innen nur indirekt Investitionskosten tragen müssen. Die Wahl der Technologie, mit der die Fernwärme bereitstellt wird, trifft der Energieversorger. So kann das kommunale Unternehmen zeitnah den Umstieg auf eine klimafreundliche und effiziente Wärmequelle planen. Mittelfristig sollen die kommunalen Unternehmen auch dazu verpflichtet werden, die Fernwärme klimaneutral bereitzustellen.

Säule 2, die Wärmepumpe: Eine Wärmepumpe kann mithilfe elektrischer Energie Umgebungswärme beziehen und auf Heiztemperaturniveau anheben. Der sogenannte Jahresarbeitszahl (JAZ) bezeichnet das Verhältnis aus der im Jahr bereitgestellten Heizwärme zum im Jahr eingesetzten elektrischen Energie. Dieser beträgt unter realen Einsatzbedingungen sehr selten weniger als 2,5. [3] Aus einer Kilowattstunde kann also mindestens 2,5 Kilowattstunden Raumwärme bereitgestellt werden, in vielen Fällen beträgt die JAZ sogar mehr als 3. Konventionelle Heizungen können nie mehr als eine JAZ von 1 erreichen.

Es zirkulieren in der öffentlichen Debatte noch viele Fehlinformationen zu den Einbaumöglichkeiten einer Wärmepumpe. Oft verfängt sich das Gerücht, dass eine Wärmepumpe nur mit großem Umbauaufwand eingebaut werden könnte. Mit Szenarien zum Umbauzwang des gesamten Heizungssystems, bspw. zu einer Fußbodenheizung, wurde vielen Menschen Angst gemacht. Es stimmt, dass mit sinkender Wärmeübertragungsfläche die Effizienz von Wärmepumpen sinkt. Allerdings lässt sich schon mit größer dimensionierten, klassischen Heizkörpern wie sie in jedem Zimmer stehen, ein gutes Niveau der Effizienz erreichen. Hier reicht im Zweifel ein einfacher Tausch der Heizkörper. Die Kosten für einen solchen Tausch könnten durch entsprechende Fördermaßnahmen für Menschen mit geringeren Einkommen abgefedert werden.

Auch Geräuschemissionen sind nicht das Problem, das manche daraus machen. Es gibt genug Möglichkeiten, den Geräuschpegel auf die gesetzlichen Vorgaben zu senken. Zum einen gibt es günstige bauliche Maßnahmen, zum anderen kann man durch intelligente Steuerung den Nachtbetrieb einschränken, sodass Ruhestörung kein Problem ist.

Säule 3, das Biogas: Biogas kann nur in begrenztem Ausmaß Erdgas ersetzen. Der limitierende Faktor ist hier die Flächennutzungskonkurrenz. Auf den gleichen Flächen, wo Mais oder Raps für Biogas angebaut wird, könnte der gleiche Mais oder andere Pflanzen für andere Zwecke angebaut werden, insbesondere für Lebensmittel. Eine signifikante Ausweitung von Flächen zur Biogas-/Biodieselerzeugung verbietet sich im Lichte weltweiten Hungers. Rein von der Effizienz betrachtet ist Biogas auch nicht sinnvoll, eine Photovoltaikanlage “erntet” mehr Energie pro Fläche, als es Energiepflanzen je tun könnten. Eine Ausweitung von Biogas aus Energiepflanzen ist nicht erstrebenswert.

Und der Rest?

Die Wasserstoffheizung ist als Alternative eine Illusion! Wenn Wasserstoff über Elektrolyse bereitgestellt wird, würde das bei einem Strompreis für Großabnehmer von 10ct/kWh[4] nur an reinen Übertragungsentgelten und Stromsteuern betragen. Mit realistischen Umwandlungswirkungsgraden[5] und ohne(!) Kapitalkosten für die Umwandlung landet man dann bei knapp 13ct/kWh. Dieser Preis geht dabei vom Best-Case von Spotmarktpreisen von Strom nahe Null aus.

Wenn von gleichen Bedingungen beim Strombezug zwischen Wasserstoff und Wärmepumpe ausgegangen wird ist dieser Preis realistisch. Andere Szenarien gehen von niedrigeren Wasserstoffpreisen aus, da fallen dann aber Netzentgelte und Steuern beim Strombezug weg. Das ist kein fairer Vergleich, wir wollen keine Wettbewerbsverzerrung bei der Wahl der neuen klimaneutralen Heizung!

Zum Vergleich: Durch die Gaspreisbremse der Bundesregierung ist der Gaspreis aktuell bei 12ct/kWh festgesetzt. Viele Menschen ächzen schon unter diesen gedeckelten Erdgaspreisen. Eine Wasserstoffheizung kann also keine menschenfreundliche Option sein!

Wasserstoff wird benötigt, um viele chemische Prozesse in der Industrie klimaneutral umgestalten zu können. Wir brauchen keine Verknappung von Wasserstoff durch ineffiziente Verbrennung beim Heizen.

Importierter Elektrolyse-Wasserstoff ist auch keine preisrealistische Alternative. Die Kosten für den Seetransport sind einfach zu hoch.[6]

Selbst die Verstromung des Wasserstoffes in einem Gas-und-Dampf-Kraftwerk (GuD) mit Wärmepumpe ist gegenüber einem Gaskessel von der Effizienz immer noch deutlich besser.

Effizienzsteigerungen in unserem Umgang mit Energie sind nötig, damit wir die Energiewende schaffen. Wir werden in Zukunft weiter Schwierigkeiten haben, genug erneuerbare Energien in Deutschland bereitzustellen, durch die Ineffizienz von Wasserstoffheizungen wäre deren Verwendung nicht zielführend![7]

Holzkamine stellen in den meisten Fällen kein vollwertiges Heizsystem dar, sondern nur eine Zusatzheizung mit einer angenehmen Atmosphäre. Dementsprechend sollten diese auch nicht Teil der Subventionen oder der neuen Einbauregelungen sein. Es gibt Holzpellet-Heizungen, die als vollwertige Heizungen verbaut werden. Es gibt eine EU-Richtlinie, die Holz als Klimaneutrale Energie festlegt. Gleichzeitig stellt die Verbrennung von Holz eine sehr starke Feinstaubbelastung dar. Die Ökobilanz von Holz ist umstritten, je nach Annahme, was mit dem Holz im Alternativfall passiert wäre. Und schauen wir uns doch in Deutschland und der EU um, so viel Wald haben wir nicht, dass wir ihn verfeuern könnten und gleichzeitig genug wieder aufforsten.

Etagenheizungen stellen eine starke Herausforderung dar, weil hier größere Umbaumaßnahmen notwendig sind, um bspw. Fernwärme bereitzustellen. Hier müssen neue Rohre verlegt und Kamine verschlossen werden. Wir halten spätere Fristen zum Einbau hier für sinnvoll, um den besonderen Herausforderungen in diesem Segment gerecht zu werden.

Wie sieht das mit den Kosten für die Haushalte aus?

Investitionskosten stellen das Hauptproblem zur Umsetzung dar, falls eine Wärmepumpe beschafft wird. Die Anschaffungs- und Installationskosten sind hier im Vergleich deutlich höher, deswegen sind Förderungen so wichtig. Beim Umstieg auf Fernwärme stellt sich dieses Problem nicht.

Im Vergleich der laufenden Kosten zwischen einer Wärmepumpe und einer Gasheizung ist die Wärmepumpe deutlich günstiger. Betrachtet man aktuelle Arbeitspreise von Strom[8] und Erdgas[9], realistische Wartungskosten und eine konservativ geschätzte Jahresarbeitszahl, sinken die laufenden Kosten spürbar. Fernwärme ist in den laufenden Kosten teurer, jedoch gibt es hier keine großen Investitionskosten für den*die Verbraucher*in.

Was ist mit Dämmen?

Dämmen ist prinzipiell immer sinnvoll. Der Heizbedarf kann hier stark gesenkt werden, wodurch ein guter und wichtiger Beitrag zum Einsparen von Strom/anderen Heizträgern geleistet wird. Isoliert betrachtet reicht das Dämmen aber nicht, um klimaneutral zu werden. Zudem sind die Anforderungen an die Umbaumaßnahmen sowohl aus finanzieller als auch aus umbautechnischer Sicht deutlich höher. Vollständig ausgetauschte Fenster und Fensterrahmen, Türen, sonstigen Wärmebrücken und Fassadendämmung sind nicht günstig und benötigen einfach viel mehr Arbeitsstunden.

Was für Subventionen sollte es geben?

Bei den Subventionen gilt es drei Aspekte zu beachten: Die Geschwindigkeit und die Höhe der Förderungen, sowie die Preisentwicklung der fossilen und erneuerbaren Energieträger.

  • Die Geschwindigkeit der Förderungen ist essenziell für das Vertrauen in die Maßnahmen. Lange Prüfprozesse schlagen tiefe Löcher in die Haushalte und bedrohen deren Liquidität. So etwas darf nicht passieren.
  • Die Höhe der Förderungen beeinflusst maßgeblich die kurzfristige Belastung für die Haushalte und Kleinunternehmen. Die Höhe sollte sich deshalb vor allem am Preis des Austausches von konventionellen Heizungssystemen orientieren. Sprich, die Anschaffungs- und Einbaukosten sollten gerade für finanziell schlechter gestellte Verbraucher*innen am Ende recht ähnlich zu einer Gas- oder Ölheizung sein.
  • Der Unterschied vom Gas- oder Ölpreis zum Preis des alternativen Energieträgers ist entscheidend dafür, ob ein Heizungstausch aus rein ökonomischer Sicht Sinn macht. Falls die Preisdifferenz so ist, dass durch den Umbau für die Verbraucher*innen eine langfristige, aber deutliche Entlastung entsteht, besteht kein Bedarf für Direktförderungen, sondern nur Kreditprogramme seitens der KfW, um die kurzfristige Liquidität sicherzustellen. Direktförderungen sind dann sinnvoll, wenn die sich einstellende Preisdifferenz gering ist.

Diese Aspekte gilt es in der Finanzierung abzubilden.[10] Insbesondere eine reine Direktförderung würde bei einer Preisentwicklung mit hohem Gas- und niedrigem Strompreis einer Gießkannensubvention für alle Haushalte gleichkommen. Das brauchen wir nicht, es gibt genug andere spezifischere Förderung für Menschen, die es deutlich stärker brauchen.

Es ist anzunehmen, dass sich der Strompreis langfristig nicht signifikant erhöht, da durch den aktuellen Preis schon starke finanzielle Anreize gesetzt werden. Die bürokratischen und rechtlichen Hürden dürfen den Ausbau nicht weiter behindern, um den Preis stabil zu halten.

Es bleibt die Frage der Finanzierung für die Kommunen. Die aktuelle Vorlage beinhaltet keine konkrete Zusage an die Kommunen, sie beziffert lediglich einen Gesamtinvestitionsaufwand von 6 Mrd. € pro Jahr, die sich zum Teil aus dem Sondervermögen Klima- und Transformationsfonds (KTF) speisen.

Fernwärmenetzte sind mit einer hohen Erstinvestition verbunden. Zahlreiche kommunale Unternehmen, die den Großteil der Fernwärmenetzte betreiben, hätten selbst mit Fremdkapital Schwierigkeiten, diese Investitionen zu bestreiten. Hier sind die Direktzuschüsse aus dem KTF gut investiert, sodass ein Teil der Kosten abgefangen wird. Die restlichen Kosten kann über zinsgünstige, sichere Kredite seitens der KfW bereitgestellt werden, um den Ausbau nicht zu verzögern.

Was ändert sich für einen einzelnen Haushalt?

Eigentlich fast nichts. Ob im Keller ein Kessel verbrennt, eine Pumpe pumpt oder Warmwasser vom Fernwärmenetz kommt, ist keine nennenswerte Veränderung der Lebensqualität.

Mit der Hilfe von Subventionen werden die initialen Investitionskosten gesenkt. Je nach langfristiger Strompreisentwicklung oder der Kombination von Photovoltaik und Wärmepumpen, sinken die laufenden Kosten gegenüber der Gasheizung und in der zweiten Anschaffung sind die Subventionen nicht mehr nötig. Somit ist sichergestellt, dass niemand über den Wechsel der Heizung in finanzielle Schwierigkeiten kommt. Klimaschutz geht nur zusammen mit sozialer Gerechtigkeit!

Wir fordern:

  • Die zügige Umsetzung der kommunalen Wärmeplanung
  • Finanzierungshilfen vom Bund und den Ländern für die Kommunen, um die Investitionen in die Fernwärmenetze besser zu ermöglichen
  • Ein sofortiges Verbot von Gas- und Ölheizungen in Neubauten, einschließlich solcher, die später auf Wasserstoff umgestellt werden können (sog. „H2-Ready-Heizungen“). Wasserstoff ist für die Gebäudeheizung aus Kostengründen ungeeignet.
  • Eine Förderung von Wärmepumpen, um die Anschaffungskosten auf Gaskesselniveau zu senken, die an den Gas- und Strompreis regelmäßig angepasst wird.
  • Einbau von neuen Gaskesseln in Bestandbauten ist solange zulässig, bis die kommunale Wärmeplanung abgeschlossen ist. Danach sollen nur noch vollständig klimaneutrale Lösungen möglich sein.

 

[1] https://www.umweltbundesamt.de/daten/private-haushalte-konsum/wohnen/kohlendioxid-emissionen-im-bedarfsfeld-wohnen#:~:text=Im%20Bereich%20%E2%80%9ERaumw%C3%A4rme%20%E2%80%93%20temperaturbereinigt%E2%80%9C,t%20Kohlendioxid%2DEmissionen.

[2] https://www.dehst.de/DE/Nationaler-Emissionshandel/nEHS-verstehen/nehs-verstehen_node.html

[3] https://www.ise.fraunhofer.de/content/dam/ise/de/downloads/pdf/Forschungsprojekte/BMWi-03ET1272A-WPsmart_im_Bestand-Schlussbericht.pdf

[4] https://www.bundeskartellamt.de/SharedDocs/Publikation/DE/Berichte/Energie-Monitoring-2022.pdf?__blob=publicationFile&v=4

[5] https://www.bdew.de/energie/effizienzsteigerung-bei-der-wasserstofferzeugung/

[6] https://www.bundestag.de/resource/blob/691748/01a954b2b2d7c70259b19662ae37a575/WD-5-029-20-pdf-data.pdf

[7] https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Schlaglichter-der-Wirtschaftspolitik/2021/03/kapitel-1-7-wie-kann-das-energiesystem-der-zukunft-aussehen.html

[8] Arbeitspreis bei Check24 26.6.2023

[9] Arbeitspreis bei Verivox 26.6.2023

[10] https://dserver.bundestag.de/btd/20/076/2007620.pdf