Denkanstösse für eine moderne Mobilität in Nordrhein-Westfalen

Der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) ist wichtiger Bestandteil der öffentlichen Daseinsvorsorge in Nordrhein-Westfalen. Er ermöglicht tagtäglich Millionen von Menschen von A nach B zu gelangen. In den letzten 10 Jahren sind die täglichen Nutzer*innenzahlen um 10 Prozent gestiegen. Vor allem Schüler*innen, Auszubildende und Studierende nutzen den ÖPNV in ihren Regionen. Im Allgemeinen soll der ÖPNV von Morgen für alle Menschen zugänglich und attraktiv sein. Als essentieller Bestandteil der öffentlichen Daseinsvorsorge soll er deshalb flächendecken und bedarfsregerecht mit einer attraktiven Taktung in der Stadt und auf dem Land vom Staat organisiert sein. Wir wollen für die Enquete-Kommission „Finanzierungsoptionen des Öffentlichen Personenverkehrs in Nordrhein-Westfalen im Kontext des gesellschaftlichen und technischen Wandels“ einen Diskussionsprozess innerhalb der NRW Jusos initiieren und setzen folgende Punkte als erste Pflöcke in dieser Diskussion:

Ausbau des ÖPNV-Netzes

Es hat sich ein immenser Investitionsstau angehäuft, der sich laut Verkehrsverbund Rhein-Ruhr auf 2,8 Milliarden im VRR Gebiet beläuft. Sei es beim Ausbau der Netze oder bei den Wagen von Straßenbahnen, welche durch ihre Stufen einen barrierefreien Ein- und Ausstieg verhindern. Diesen Investitionsstau können das Land und die Kommunen nicht selber lösen. Vielmehr sind sie darauf angewiesen, dass der Bund Gelder für die Erneuerung und den Ausbau von Netzen, Bahnen und Bussen bereitstellt. Damit der ÖPNV auch weiterhin attraktiv für eine Vielzahl von Menschen ist, müssen die Netze und Taktungen den tatsächlichen Bedürfnissen der Menschen angepasst werden. Besonders bei Fahrten nachts und über Stadtgrenzen hinweg gibt es noch erheblichen Verbesserungsbedarf genauso wie bei dem Thema Barrierefreiheit. Ziel muss eine bessere Vernetzung zwischen den Ballungsräumen und den kleineren Städten sowie den ländlichen Raum sein. Dabei müssen die unterschiedlichen Bedürfnisse der Menschen berücksichtigt werden, da die Anforderungen an den ÖPNV je nach Nutzergruppe stark variieren. Ob für den Weg zur Arbeit, Schule und Uni oder in der Freizeit zum Einkaufen, Kinobesuch und Discobesuch, sollte dies durch ein leistungsfähiges ÖPNV-Netz ermöglicht werden. Dies würde zu einer größeren Zahl an Nutzer*innen bei Fahrten über Stadtgrenzen hinweg und nachts führen. In ländlichen Räumen empfiehlt es sich, über alternative Linienführung nachzudenken. Ringbuslinienkonzepte machen Sinn. Dadurch könnten Außenbezirke häufiger angefahren werden, auch wenn

sich die Fahrtzeit ein wenig verlängern würde. Öffentlicher Personennahverkehr macht gerade dort nur Sinn, wenn Busse regelmäßig fahren.

Kostenlos für NRW

Langfristig setzen wir uns sowohl für einen kostenlosen ÖPNV ein, der über Steuern oder Umlage gegenfinanziert werden soll, als auch dafür, dass die vielen unterschiedlichen Verkehrsverbände zu einer Landesbehörde gebündelt werden, die nach dem Prinzip des nachfrageorientierten und flächendeckenden ÖPNVs arbeitet und keine Profitmaximierung anstrebt. In einigen Städten in Europa, wie zum Beispiel Tallinn, findet das Konzept des fahrscheinlosen/ kostenlosen ÖPNVs schon Anklang, so dass es sich an-bietet in einem Modellbereich, wie z.B. die Metropole Ruhr oder die Städteregion Aachen, zu testen, inwiefern dieses Konzept auch in NRW umsetzbar ist.

Tarifsysteme

Auf kurze Sicht bedarf es einer radikalen Vereinfachung der Tarifsysteme, da diese im Moment auf einige eher abschreckend wirken. Eine Lösung wäre zum Beispiel eine kilometergenaue Abrechnung in einem Check-In/Check-Out System, welches den günstigsten Tarif automatisch erfasst. Deshalb wollen wir darauf hinwirken, dass die Koordination und Kooperation zwischen den einzelnen Verkehrsbetrieben verbessert wird und das Ticketsystem übergreifend funktioniert.

Bike und Car-Sharing

Diese Kooperationen und Koordination soll es auch mit anderen Anbieter*innen von Dienstleistungen rund um den Bereich Mobilität geben, wie zum Beispiel Park & Ride oder Car & Bike Sharing. Der Bikesharing-Anbieter Nextbike, besser bekannt als Metropolrad, meldet im Ruhrgebiet ersten Erfolge. Starkfrequentierte Stationen sind vor allem in der Nähe von Universitäten und Bahnhöfen zu finden. In den kommenden Jahren sollen Räder und Stationen ausgebaut werden. Politik vor Ort kann bei der Stationsfindung eine erhebliche Rolle spielen. Es muss gelingen eine enge Verzahnung von Sharing-Modellen und dem ÖPNV zu generieren.

Verbesserte Kommunikation

Für die Steigerung der Attraktivität ist in Zukunft ein höheres Maß an aktiver Kommunikation erforderlich. Ein wesentlicher Bestandteil dessen ist die Umsetzung eines Echtzeitinformationsstandards. Durch relativ geringen Aufwand kann für Fahrgäste eine umfangreiche Verbesserung umgesetzt werden. Zum Zweck der Fahrgastinformation können Großbildschirme in U-Bahnhöfen, welche an den Tunnelwänden oder zwischen zwei Bahnsteigen angebracht werden. Aktuelle Störungsinformationen und allgemeine Hinweise werden angezeigt. Alternativ kann der Kunde die Echtzeitinformationen über ein mobiles Endgerät erfragen.