DIE RENTENLAST GERECHT VERTEILEN – BEITRAGSBEMESSUNGSGRENZE ABSCHAFFEN!

DIE BEDEUTUNG DER GESETZLICHEN RENTENVERSICHERUNG

Die gesetzliche Rentenversicherung ist eine der wichtigsten und wertvollsten sozialstaatlichen Errungenschaften. Sie garantiert eine soziale Absicherung für Menschen, die ihre Arbeitskraft aufgrund ihres Alters oder Invalidität nicht mehr in den kapitalistischen Produktionsprozess einbringen und verwerten können. Generationen von Sozialdemokrat*innen haben für den Aufbau, den Ausbau und den Erhalt einer staatlich organisierten, durch die Solidargemeinschaft getragenen, Altersvorsorge gekämpft und gestritten. Wir Jungsozialist*innen stehen in dieser Tradition und bekennen uns weiterhin zu einem starken gesetzlichen Rentensystem. Die gesetzliche Rente ist noch immer für die große Mehrheit der abhängig Beschäftigten der wichtigste Baustein ihrer Altersvorsorge. Sie ermöglicht Millionen Rentenempfänger*innen ein Altern in Würde und soziale Teilhabe auch nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben, und verspricht
eben dies auch der aktuellen Generation von Beitragszahler*innen für die Zukunft.

FINANZIERUNG DER GESETZLICHEN RENTE
Die durch die gesetzliche Rentenversicherung ausgezahlten Leistungen, zurzeit mehr als 290 Milliarden Euro im Jahr, werden im Wesentlichen durch die paritätisch von den Arbeitnehmer*innen und Arbeitgeber*innen getragenen Rentenbeiträgen finanziert. Dazu fließen Mittel aus dem Bundeshaushalt an die gesetzliche Rentenversicherung. Durch sie werden sogenannte „versicherungsfremde Leistungen“ (z.B. Kindererziehungszeiten) abgedeckt und das Niveau der gesetzlichen Rente gestützt. Die Zuschüsse zur GRV, die durch Steuermittel finanziert werden, sind eine wichtige Stütze des Rentensystems. Wir halten jedoch an der grundsätzlichen Finanzierung durch die Beiträge der aktuellen Erwerbstätigengeneration fest: Die Umlagefinanzierung sichert aktuellen und zukünftigen
Rentenempfänger*innen eine gerechte Teilhabe am gesamtgesellschaftlichen Produktivitätsfortschritt und Wohlstand.

DER DRUCK STEIGT
In den letzten Jahrzehnten ist das System der gesetzlichen Altersvorsorge jedoch zunehmend unter Druck geraten. Der demographische Wandel stellt einer zunehmenden Anzahl von Rentenempfänger*innen eine zukünftig abnehmende Beitragszahler*innenschaft gegenüber – und die umlagefinanzierte Rente vor große Herausforderungen. Die politische Reaktion auf die sich abzeichnenden Finanzierungsprobleme waren dabei aus jungsozialistischer Perspektive in der Regel unzureichend. Die sogenannten Rentenreformen verhinderten zwar bisher einen Anstieg des Rentenbeitrages, ermöglicht wurde dies aber hauptsächlich durch ein langfristig abgesenktes Rentenniveau, welches für viele Menschen kaum noch lebensstandardsichernd wirken wird. Gleichzeitig wurde die Verantwortung für die eigene Altersvorsorge zunehmend dem oder der Einzelnen übertragen und die private Altersvorsorge aufgewertet. Wir Jungsozialist*innen finden: Die Rente muss zukunftsfähig ausgestaltet werden. Dies darf jedoch nicht einseitig durch Rentenkürzungen zu Lasten der aktuellen und zukünftigen Rentner*innengenerationen erfolgen. Wir treten für eine langfristige Stabilisierung des Rentenniveausauf mindestens 50 % ein.

STARKE SCHULTERN MÜSSEN MEHR TRAGEN
Die Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Zu Recht führen wir als Jugendverband daher die Diskussion darum an, ob und wie man die Basis der Beitragszahler*innen verbreitern kann, um der kollektiven Verantwortung für die Rentner*innen in einer alternden Gesellschaft gerecht zu werden. Die Finanzierung des Rentensystem ist jedoch nicht nur in der Breite – auf abhängig Beschäftigte – begrenzt, auch „nach oben“ erfolgt bisher eine erhebliche Begrenzung der Beitragsbasis: Die sogenannte „Beitragsbemessungsgrenze“ in der gesetzlichen Rentenversicherung regelt, dass bei der Berechnung des Rentenbeitrages ein Einkommen nur bis zu einer bestimmten, jährlich neu festgelegten Grenze (2017: monatlich 6.350 € West/ 5.700 € Ost) berücksichtigt wird. Für die darüberliegenden Einkommen fallen sowohl für Arbeitnehmer*innen als auch für Arbeitgeber*innen keine Rentenbeiträge an.
Anders als zum Beispiel bei der Einkommenssteuer, die progressiv ansteigt und Hoch- und Höchstverdienende stärker belastet, nimmt die Belastung durch die Rentenbeiträge dadurch mit steigendem Einkommen stetig ab. Während Gering- und Normalverdienende mit dem vollen Rentenbeitrag belastet werden, entlässt diese Regelung gerade die Personengruppen mit den höchsten Einkommen aus der Verantwortung zur Finanzierung der gesetzlichen Rente.
Wir fordern daher:
Die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung ist ersatzlos zu streichen. Eine Regelung, die sozialversicherungspflichtig Beschäftigte degressiv belastet und die Finanzierung des Rentensystems insbesondere Gering- und Normalverdienenden aufbürdet, ist unsolidarisch und unzeitgemäß. Es ist an der Zeit, dass auch in der Finanzierung der gesetzlichen Rente der Grundsatz gilt, der auch dem Einkommenssteuersystem zu Grunde liegt: Dass starke Schultern mehr tragen können – und sollten.

ÄQUIVALENZ AUFBRECHEN
Durch die momentan genutzte Rentenformel wird die Höhe der individuellen Rente direkt in einen Zusammenhang mit der Zahl der Beitragsjahre sowie der Höhe der jeweils geleisteten Rentenversicherungsbeiträge gesetzt. Damit die Abschaffung der Beitragsbemessungsgrenze das Rentensystem langfristig stützen kann, gilt es mit diesem sogenannten Äquivalenzprinzip am oberen Ende der Einkommensskala zu brechen. Höhere Beitragszahlungen sollen nicht unbegrenzt zu entsprechenden Rentenanwartschaften führen. Wir fordern daher:
Die Abschaffung der Beitragsbemessungsgrenze muss durch die Einführung einer Maximalrente flankiert werden. Dies gelingt unter Anwendung der momentan genutzten Rentenformel durch eine Begrenzung der jährlich maximal zu erwerbenden Entgeltpunkte. Über die Höhe dieser Begrenzung ist nach einer breiten gesellschaftlichen und politischen Diskussion zu entscheiden. Bereits die Forderung nach einer Solidarrente, die unabhängig von der Höhe der geleisteten Beiträge an Menschen mit besonders geringen Rentenansprüchen gezahlt werden soll, zeigt, dass unser Rentensystem nicht nur auf dem Grundsatz der Äquivalenz zwischen Beitrag und Rentenanwartschaft beruhen muss. Entsprechend des auch dem Steuersystem zugrundeliegenden Solidargedankens
können Hoch- und Höchstverdienende durchaus stärker belastet werden, um das Rentenniveau für die Gesamtheit der Versicherten langfristig zu stützen.
Die Probleme bei der Finanzierung der gesetzlichen Rente sind nicht einfach zu lösen. Auch zukünftig werden wir als Jugendverband die Entwicklung der Rentenversicherung wachsam und kritisch begleiten. Es gilt, die aktuellen und künftigen Rentner*innengenerationen sozial abzusichern und gleichzeitig die
Belastung für die jeweilige Beitragszahler*innengeneration im Sinne eines gerechten Generationenvertrages angemessen zu begrenzen. Die hohen und höchsten Einkommen stärker an der Finanzierung der gesetzlichen Rente zu beteiligen, würde die Last innerhalb der Beitragszahler*innengeneration gerechter verteilen und finanzielle Spielräume eröffnen.