Bundeswehr raus aus Schulen – K ooperationsvereinbarung kündigen!

Seit dem 1.Juli 2011 ist die Bundeswehr eine Freiwilligenarmee, allerdings haben sich gerade einmal 3.419 Freiwillige für den Dienst an der Waffe entschieden.1 Im Jahr 2009 lag die Zahl der Einberufenen Grundwehrdienst Leistenden noch bei knapp 68000.2 Die Bundeswehr hat also starke Rekrutierungsprobleme und dies nicht erst seit dem Aussetzten der Wehrpflicht. Schon in den vergangenen beiden Jahren unterschritt die Bundeswehr regelmäßig die erforderliche Zahl an neuen Rekruten (etwa 23000) um 2000.3 Um diesem Problem entgegen zu wirken setzt die Bundeswehr vermehrt auf Werbekampagnen und ein positives Image in der Bevölkerung. Dazu ist ihr leider auch die Schule nicht zu schade, weswegen das Wehrbereichskommando II im Jahre 2008 einen Kooperationsvertrag, über exklusive Rechte beim Besuch der Bundeswehr in Schulen, mit dem Schulministerium NRW abschloss.
Der Vertrag regelt die Aufgaben der JugendoffizierInnen, welche von der Bundeswehr für ihren Einsatz in den Klassenzimmern NRWs extra geschult werden, im Bereich der Schulen und Universitäten. Dort heißt es unter anderem: „Jugendoffiziere informieren im schulischen Kontext Schülerinnen und Schüler über die zur Friedenssicherung möglichen und/oder notwendigen Instrumente der Politik.“4 Formell betrachtet ist es den Offizieren verboten für die Bundeswehr zu werben bzw. die SchülerInnen einseitig zu beeinflussen. Doch tun sie das in der Realität? Die rhetorisch geschulten, meist jungen, JugendoffizierInnen treten in Ausgehuniform in den Schulen auf und beginnen für gewöhnlich damit den SchülerInnen ihren persönlichen Werdegang bei der Bundeswehr vorzustellen. Dazu äußern sich die JugendoffizierInnen in ihrem Jahresbericht von 2009 wie folgt: „Die Einsatzerfahrung einzelner Jugendoffiziere hilft bei der authentischen
und glaubwürdigen Vermittlung einsatzbezogener Themen. Eigene Eindrücke […] beeindrucken in besonderem Maße alle Zielgruppen.“ 5 Im Anschluss referieren sie zu verschiedensten sicherheitspolitischen Themen, wie z.B. der Bundeswehreinsatz in Afghanistan. Oft beschönigen sie die Lage und berichten einseitig über die dortigen Geschehnisse. Da die JugendoffizierInnen die Unterrichtseinheit alleine gestalten, ohne jedwede Gegenposition, werden die SchülerInnen daran gehindert sich eine eigene Meinung zu dem Vorgetragen Thema zu bilden. Dieses Vorgehen verstößt klar gegen den Beutelsbacher Konsens, der die Minimalbedingungen für politische Bildung in der Schule regelt. Hier heißt es: „Es ist nicht erlaubt, den Schüler – mit welchen Mitteln auch immer
– im Sinne erwünschter Meinungen zu überrumpeln und damit an der „Gewinnung eines selbständigen Urteils“ zu hindern. […] Denn wenn unterschiedliche Standpunkte unter den Tisch fallen, Optionen unterschlagen werden, Alternativen unerörtert bleiben, ist der Weg zur Indoktrination beschritten […]“ 6
Eben diesen Weg beschreitet die Bundeswehr bei ihren Besuchen in der Schule. Den auch wenn die JugendoffizierInnen nicht direkt z.B. mit Flyern wirbt so ist doch allein ihr Auftritt und die Vermittlung falscher (bzw. unvollständiger) Tatsachen bereits eine Art der Beeinflussung im Sinne der Bundeswehr.  Besonders traurig ist, dass die Besuche der Bundeswehr zu 78% an Haupt-, Real- und Berufsbildenden Schulen stattfinden. Hier versucht die Bundeswehr die leider teilweise bestehende Perspektivlosigkeit der Jugendlichen in Deutschland auszunutzen und sie für ihre Sache zu gewinnen. „Wer berufliche Alternativen hat, geht nicht zur Bundeswehr. […]Wer über ausreichend berufliche Chancen verfügt, zieht die Möglichkeit, Soldat der Bundeswehr zu werden, gar nicht in
Betracht.“, schreibt dazu Nina Leonhard, die für das Sozialwissenschaftliche Institut der Bundeswehr arbeitet.7Bei dieser Taktik sind die JugendoffizierInnen scheinbar sehr erfolgreich, so geht aus ihrem Jahresbericht hervor dass „die Jugendoffiziere in den Abschlussklassen der Haupt-, Real- und Mittelschulen immer wieder mit Fragen zum Arbeitgeber Bundeswehr konfrontiert“ werden. 8Trotz all dieser Tatsachen ist die jetzige rot-grüne Landesregierung nicht bereit die Kooperationsvereinbarung aufzulösen. Lediglich eine Abänderung ist durch Schulministerin Löhrmann vorgesehen. Durch diese Änderung soll der Friedensbewegung ebenfalls ein Kooperationsvertrag zugestanden werden, der es ihnen ermöglicht neben der Bundeswehr in Schulen zu referieren.
Dafür sollen ihr 30 000 Euro pro Jahr zur Verfügung gestellt werden. Alleine dieser kleine Betrag (Vergleich: der Bundeswehr stehen 27.Mio. € pro Jahr zur Verfügung9) und die Tatsache das die Friedensbewegung im Gegensatz zur Bundeswehr pluralistisch organisiert ist, machen diesen Vorschlag zu einer reinen Face. Deswegen fordern wir die NRWSPD und die Landesregierung nachdrücklich auf die Kooperationsvereinbarung aufzulösen und in den Schulen von NRW eine Präsenz der Bundeswehr zu verbieten!

Kein Werben fürs Sterben!
Nicht nur in der Schule ist die Bundeswehr präsent, auch auf Berufsmessen wirbt die Bundeswehr stark für den Dienst an der Waffe. Mit übergroßen Werbeständen versucht die Bundeswehr neue RekrutInnen zu gewinnen. Dabei kommen oftmals riesige „Karriere Trucks“ zum Einsatz aber auch Schieß- und Flugsimulatoren, sowie Panzer und andere Bundeswehr Fahrzeuge. Hier wird die Technikbegeisterung der zumeist männlichen Jugendlichen angesprochen und versucht sie mit „kostenlosem Studium“ oder „gut bezahlter Ausbildung“ zu ködern. Auch hierbei fallen kritische Aspekte vollkommen unter den Tisch. Ebenso wird die moralisch sehr fragwürdige Seite der Bundeswehr in keiner Weise reflektiert. Die Frage ob mensch bereit ist sich bei der Bundeswehr zu verpflichten, hängt genau von diesen beiden Dingen ab. Der Dienst im Krieg bei der Bundeswehr , welcher auch das Töten und Getötet werden beinhaltet, ist unserer Meinung nach höchst fragwürdig. Wir Jungsozialisten und Jungsozialistinnen stehen für eine friedliche und solidarische Politik. Krieg darf niemals im Kontext
wirtschaftlicher Interessen geführt werden. Die Bundeswehr vertritt mit ihren Auslandeinsätzen jedoch zum Teil genau diese Interessen. Die SoldatInnen werden dabei seltener als Menschen, denn als Einsatzkapital gesehen. Bei den imposanten Auftritten der Bundeswehr (allein ein Einsatz des „Karriere Treffs“ kostet etwa 33000 Euro 10), geht es einzig und alleine darum neue RekrutInnen von der Bundeswehr zu überzeugen und diese zu neuem menschlichem Kriegsmaterial zu machen. Dies muss ein Ende haben, SchülerInnen und Schüler dürfen, auch von der Bundeswehr als Arbeitgeber, nicht einseitig beeinflusst werden. Daher fordern die NRWJusos eine drastische Herabsetzung des Werbeetats der Bundeswehr, sodass auf Berufsmessen ein fairer Wettbewerb zwischen der Bundeswehr und anderen Arbeitgebern herrscht. Außerdem sollte dafür Sorge getragen werden, dass bei der Werbung der Bundeswehr die negativen Seiten des Berufs SoldatIn ebenfalls berücksichtigt werden.

1 Bundeswehr.de, Von der Wehrpflicht zur Freiwilligenarmee (http://www.bundeswehr.de/portal/a/bwde/!ut/p/c4/NYvBCsIwEET_
KJuAYPFmKIIe9VDrLU237WKbhHU1Fz_e5OAMvMubgQeUBveh2QnF4Fa4Q_pMGQ15BHVSxhJnuxwElQZF07TSn4R6OqzLHwMKJWCQahwZieRVYos
azVv5mIUjdBr01qz1_-Yb3Oxp-7W6F17tldI23b8ATOUduk!/)
2 Spiegel Online, Zivildienst: Daten und Fakten (http://www.spiegel.de/flash/flash-23253.html)
3 Terre des hommes, Zahlen und Fakten zur BW (http://www.tdh.de/content/themen/schwerpunkte/kinder_und_krieg/zahlenundfakten.htm)
4 Schulministerium NRW, Kooperationsvereinbarung zwischen dem MSW und dem WK II, 2008
5 Bundeswehr, Jahresbericht der Jugendoffiziere 2009 (Seite 13, Abschnitt 3)
6 Beutelsbacher Konsens , 1976                                                                                                                                                                                                                                            7 Nina Leonhard u.a. (2005):Militärsoziologie, S. 260
8 Bundeswehr, Jahresbericht der Jugendoffiziere 2009 (Seite 13, Abschnitt 4)
9 Spiegel Online, Zivildienst: Daten und Fakten (http://www.spiegel.de/flash/flash-23253.html
10 Deutscher Bundestag, Antwort auf Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke u.a. (http://www.tdh.de/content/themen/schwerpunkte/kinder_und_
krieg/media/Antwort_BR.pdf)