Reform des BAföG – Studium darf keine Frage des Geldes sein

Erst die Vorlesung besuchen, dann an der Hausarbeit schreiben und anschließend für die Klausur lernen. Für viele Studierende ist in ihrem Hochschulalltag kein Platz für Feierabend, stattdessen müssen sie nochmal los, um zu arbeiten. Dies ist jedoch nicht das einzige Problem: Oft kollidieren Vorlesungszeiten mit Arbeitszeiten und stellen daher einen großen Interessenskonflikt für Studierende dar! Dabei sollte jemand, der*die studieren gehen möchte, nicht noch nebenbei arbeiten müssen. Eigentlich bietet der Staat in Form des Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) für Studierende eine finanzielle Unterstützung. Jedoch werden viele aus absurden Gründen abgelehnt oder verlieren ihren Anspruch. Die Bürokratie ist aufwendig und unübersichtlich. Da BAföG nicht mehr, wie zu dessen Einführung vor 50 Jahren, als Vollzuschuss, sondern nur noch zur Hälfte als zinsloses Darlehen ausgezahlt wird, kommt für viele jungen Menschen aus Angst vor Verschuldung kein Studium in Frage. Das zeigt: Das BAföG ist nicht ausgereift und an vielen Stellen nicht zu Ende gedacht. Bildung muss für jede*n gleichermaßen zugänglich sein und niemand darf auf Grund seines Finanzstatus eingeschränkt werden. Wer jedoch nebenbei arbeiten muss, um sich seinen*ihren eigenen Hausstand finanzieren zu können, widerfährt eine direkte Benachteiligung. Um dem entgegenzuwirken, benötigen wir dringend eine drastische Reform des BAföG hin zu einer wirklichen Unterstützung und zum Ziel, dass ein Studium keine Frage des Geldes ist.

Daher fordern wir:

  • Das BAföG muss unabhängig vom Einkommen der Eltern sowie Ehepartner*innen sein und als 100%iger Vollzuschuss ausgezahlt werden. Um eine vollständige Unabhängigkeit zu ermöglichen, darf sich der Staat nicht mehr auf die Familie als Finanzierungsquelle von Bildung verlassen! So gibt man Studierenden auch eine bessere Planbarkeit. Aktuell wird der BAföG-Satz jedes Jahr neu berechnet, was dazu führen kann, dass nur, weil zum Beispiel Geschwister einen Job annehmen, der BAföG-Satz um mehr als die Hälfte sinken kann. Das kann drastische Folgen haben.
  • Die Orientierung des BAföGs muss von der Regelstudienzeit entkoppelt sein. Zudem sollen jegliche Semestervorgaben gestrichen werden. Statt unrealistischen Vorgaben von 6 Semestern Regelstudienzeit, brauchen wir endlich ein lebenslanges Lernen ohne zeitliche Begrenzung. Die idealisierte Regelstudienzeit von 6 Semestern spiegelt nicht die Realität vieler Studiengänge wider. Als Beispiel: 2017 haben an der Uni Paderborn im Studiengang Maschinenbau von über 100 Studierende kein*e einzige*r sein*ihr Studium in Regelstudienzeit geschafft. Außerdem muss den Studierenden der Druck genommen werden, indem die restriktive Überprüfung der Leistungsnachweise vollkommen abgeschafft wird.
  • Die Altersbegrenzung muss abgeschafft werden. Zu Beginn des Bachelor-Studiums darf man nicht älter als 29 sein. Wer sich jedoch erst später dazu entschließt, ein Studium zu belegen, darf nicht benachteiligt werden, nur weil man mit 20 noch nicht genau wusste, was man später in seinem*ihren Leben machen möchte. Darüber hinaus müssen jegliche Formen der Altersrektionen im Bildungssystem fallen, um ein lebenslanges Lernen zu ermöglichen. Somit müssen auch bestehende Alters- bzw. Semestergrenzen innerhalb der sozialen Versicherungssysteme wie der Krankenversicherung fallen.
  • Der Förderbetrag muss an die Lebensrealitäten angepasst werden. Wir schlagen vor, dass mindestens der Betrag der Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerkes als Orientierung genutzt wird. Dabei soll der Förderbetrag sich an die Lohn- und Preisentwicklung halten und ein regelmäßiger und automatischer Inflationsausgleich stattfinden. Außerdem müssen lokale Preise berücksichtigt werden, in dem man den Wohnkostenzuschuss lokal anpasst. In München zu wohnen ist deutlich teurer, als wenn man sein Studiengang zum Beispiel in Paderborn absolviert. Dazu gehört auch die Förderung von Alternativen Bildungsverläufen, wie beispielsweise die Kompatibilität mit zusätzlichen Pflichten, wie beispielsweise Kinder- oder Angehörigenpflege, muss durch eine förderungsfähige Teilzeitregelung gewährleistet werden.
  • Es braucht dringend einen einheitlichen und flächendeckenden Online-Antrag, um die BAföG-Beantragung grundlegend zu vereinfachen. Außerdem sollte der Informationsfluss besser ausgeweitet werden, so dass den Studierenden ein besserer Überblick vermittelt wird. Oft scheitert es an der Bürokratie, dass Studierende sich zum Teil gar nicht erst bewerben. Hierfür benötigt es unkomplizierte, transparente und zügige Verfahren, die wiederum durch einen massiven Ausbau der Kapazitäten von BAföG-Ämtern ermöglicht wird.
  • Auch bei einem Fachwechsel nach dem 4. Semester müssen Studierende weiter gefördert werden. Auch hier darf niemand benachteiligt werden, nur weil man nicht direkt das gefunden hat, was man wirklich studieren möchte. Es ist nicht selten, dass man während seines*ihres Studiengangs merkt, dass man doch etwas anderes möchte. Keine*r sollte auf Grund des Geldes gezwungen werden, etwas zu studieren, was er*sie am Ende gar nicht möchte. Insgesamt muss die Förderung der individuellen Bildung über die Erstbildung hinausgehen, sodass insbesondere auch ein Zweitstudium gefördert wird. Die Fördersumme, auch von Weiterbildungsmöglichkeiten, muss als Vollzuschuss ausgezahlt werden, damit die Angst vor Verschuldung niemanden daran hindert ein Studium aufzunehmen. Die Finanzierung der Ausbildung muss durch ein sozial gerechtes Steuersystem erfolgen.