Frauen auf dem Arbeitsmarkt

Eigenständige Erwerbsarbeit ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Emanzipation von Frauen. Um ein selbstbestimmtes Leben zu führen ist Erwerbsarbeit und eine weitgehend finanzielle Unabhängigkeit ein Schlüsselfaktor. Dennoch ist dort in den letzten Jahren viel zu wenig passiert. Noch immer sind nur 64% aller Frauen überhaupt berufstätig, und wenn sie es sind, meist in Teilzeit, Mini-Jobs oder anderen Niedriglohnbereichen. Noch immer verdienen Frauen durchschnittlich 23% weniger als Männer. Dies liegt zu einem großen Teil an tradierten Rollenbildern, denen wir häufig zum Opfer fallen, und die Frauen in Berufe drängen, die schlechter bezahlt sind. Allerdings spielt auch ein weiterer wichtiger Faktor eine Rolle: einfach nur das Geschlecht. Ein gewisser Unterschied in der Bezahlung bleibt auch dann zurück, wenn die Faktoren der unterschiedlichen Berufsbilder heraus gerechnet werden. Auch um den Karriereerfolg von Frauen ist es nicht viel besser bestellt. Trotz aller Beteuerungen der Wirtschaft, mehr Frauen in Vorstände und Aufsichtsräte zu holen ist ihre Anzahl noch immer verschwindend gering. 2010 waren in den Vorständen der Dax 30 Unternehmen nur vier Frauen zu finden, im Gegensatz dazu jedoch 184 Männer. Dies entspricht einem Prozentsatz von 2,14 %. Zieht man den Kreis etwas weiter, auf die 200 größten Unternehmen Deutschlands, kommen wir auf die ebenso katastrophale Zahl von 2,5% Frauenanteil. Aber nicht nur in den Vorständen sind Frauen kaum zu finden. Ebenso wenige Spitzenpositionen in der Politik
oder in der Wissenschaft werden mit Frauen besetzt. Diesem Trend müssen und wollen wir Jusos uns entschieden entgegen stellen. Denn wir stehen für eine geschlechtergerechte Gesellschaft.

Verfehlte Massnahmen

Weiche Zielvereinbarungen oder das appelieren an die Vernunft der UnternehmerInnen hat in den letzten Jahren keine Wirkung gezeigt. Gesetztesmaßnahmen wie die Einführung des Betreuungsgeldes (die Möglichkeit, 150 Euro pro Monat zu beantragen, wenn das eigene Kind nicht in Betreuung gegeben, sondern zu Hause betreut wird) schaffen völlig falsche Anreize anstatt einem geschlechtergerechten Arbeitsmarkt. Jetzt ist nicht mehr die Zeit für Bitten und Appelle, jetzt ist Zeit zu handeln. Was wir vorschlagen:
Was wir brauchen, sind endlich wirklich wirkungsvolle Maßnahmen, um Frauen gleiche Rechte und Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt einzuräumen             »»Quote in Aufsichtsräten und Vorständen Die Partei hat sie längst beschlossen, und auch wir Jusos stehen ohne Wenn und Aber zu einer gesetzlichen 40%-Frauen-Quote in Aufsichtsräten und Vorständen. Frauen in Führungspositionen haben eine wichtige, nicht zu unterschätzenden Vorbildfunktion. Starke Frauen müssen sichtbar gemacht werden.                                                                                                                                                                                       »»Entgeltgleichheitsgesetz
Dazu gehört gerechte Bezahlung für Frauen und Männer und ein Ende der Diskriminierung auf allen Ebenen des Arbeitslebens, damit der so genannte Gender-Pay-Gap von gut 23%, die Frauen in Deutschland durchschnittlich weniger verdienen als Männer und uns damit als eines der am wenigsten emanzipierten Länder Europas entlarvt. Dafür müssen wir endlich ein Gesetz zu Entgeltgleichheit zwischen Männern und Frauen auf den Weg bringen, damit nicht der freie Markt den Grad der Gleichstellung in Deutschland definiert. Wir Jusos unterstützen deshalb, den im Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung entwickelte Gesetzesentwurf eines Entgeltgleichheitsgesetz. Laut diesem Vorschlag soll der Arbeitgeber in einem ersten Schritt
verpflichtet werden, einen Entgeltbericht zu erstellen und ihn an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) zu übermitteln. Dies allein kann unter Umständen die Initialzündung für die Beschäftigung mit Frauenförderplänen oder Gleichstellungsmechanismen sein. Der Bericht wird von der ADS geprüft. Ergibt dies den Verdacht auf Diskriminierung, kann die ADS detaillierte Daten vom Arbeitgeber verlangen. Diese können dann – in anonymisierter Form – von Tarifvertragsparteien, Antidiskriminierungsverbänden (auch Gewerkschaften), Betriebs- bzw. Personalräten oder Beschäftigten des Betriebs für eine detaillierte Prüfung genutzt werden. Wird der Diskriminierungsverdacht bestätigt, kommt es darauf an, ob in dem Unternehmen ein Betriebs- bzw. Personalrat besteht. Ist dies der Fall, wird eine paritätisch besetze Entgeltgleichheitskommission mit einer sachkundigen Person als Vorsitzende/r, sowie einer weiteren sachverständigen Person gebildet. Ist dies nicht der Fall, führt der Arbeitgeber die Anpassungen mit Hilfe einer sachkundigen Person gemeinsam durch. Die Ergebnisse der Anpassungen müssen der ADS mitgeteilt werden und werden erneut überprüft. Ebenso gibt es ein detailliertes Verfahren zur Überprüfung von Tarifverträgen. Wegen der zu achtenden Tarifautonomie wird den Tarifvertragsparteien aber größtmögliche Gestaltungsfreiheit gelassen. Die Anwendung dieses sogenannten „soft laws“ würde bei den Unternehmen wohl auf weit weniger Widerstand stoßen, als etwa ein fremdentwickeltes, starres Bewertungssystem
übernehmen zu müssen.                                                                                                                                                                                                                                            »»Einen öffentlichen Dienst mit Vorbildcharakter
Entgeltgleichheit ist durch die Eingruppierung von Beschäftigten im öffentlichen Dienst in Tarifgruppen weitgehend diskirminierungsfrei hergestellt. Insgesamt sind aber auch in staatlichen Institutionen beschäftigte Frauen eher in niedrigeren Tarifklassen zu finden als ihre Kollegen. Hier wirkt sich – häufig gar in gleichem Maße wie in der Wirtschaft – die sogenannte „gläserne Decke“ aus, die den Karriereweg von Frauen häufig bereits vor Erreichen höherer Positionen stagnieren lässt – nicht ohne Effekt für die Summe der Bezüge von Frauen. Das Entgeltgleichheitsgesetz gilt, sobald es in Kraft tritt, selbstverständlich auch für den öffentlichen Dienst. Doch schon vorher kann hier mit einem Berichtswesen, welches die Geschlechter- und Bezügeverteilung in den jeweiligen öffentlichen Institutionen und deren Entwicklung aufzeigt, für das Thema sensibilisiert werden. Deshalb muss ein solches anonymisiertes Berichtswesen schnellstens
für alle Bereiche des öffentlichen Dienstes verpflichtend werden. Insbesondere für die Wissenschaftsbetriebe ist eine solche Verpflichtung zur Offenlegung wünschenswert, um auch in diesem häufig sehr undurchsichtigen Sektor die Defizite in Sachen Geschlechtergerechtigkeit erkennbar zu machen. So kann der öffentliche Dienst als Vorreiter bei der Offenlegung der Geschlechterverhältnisse in seinen Institutionen ein Bewusstsein dafür schaffen, dass für die Herstellung von Geschlechtergerechtigkeit auf dem Arbeitsmarkt enormer Handlungsbedarf besteht und somit den Weg für ein auch für die Privatwirtschaft verbindliches Berichtswesen im Sinne des Entgeltgleichheitsgesetzes ebnen.                                                                                                                                                                  »»Vaterzeit
Entsprechend des Mutterschutz soll eine gesetzlich vorgeschriebene Vaterzeit von 8 Wochen für junge Väter eingeführt werden, die es Vätern ermöglicht die ersten Wochen zu Hause bei ihrem Kind zu sein. Dem Trend, einer allein auf dem Papier existierenden Möglichkeit, sich als junger Vater Zeit für sein Kind nehmen zu können, da bei bestehen auf dieses Recht mit massiven Diskriminierungen und Verschlechterungen in der Karriere zu rechnen sind, kann damit entgegen gewirkt werden. Diese Maßnahme scheint des Weiteren eine gute Möglichkeit, die weiterhin bestehende Diskriminierung von Frauen als potenziellen Müttern zu begegnen. Jeder junge Mann wird damit zum potenziellen Vater. Diese Maßnahme ist damit ein weiterer Schritt auf dem Weg zu einem geschlechtergerechten Arbeitsmarkt.                                                                                                                                                                                                                »»Mehr/bessere Kinderbetreuung
Deshalb ist der Ausbau der Kindertagesstätten und der Ganztagsschulen vorrangig, damit Frauen nicht länger auf die ewige Karrierefalle „Teilzeitarbeit“ angewiesen sind, sondern ihre Potenziale nutzen und gesellschaftlich einbringen können. Wir fordern einen massiven Ausbau der Kinderbetreuung für Kinder ab 6 Monaten, damit Mütter endlich nicht nur pro forma einen Anspruch auf Kinderbetreuung haben, sondern diese auch tatsächlich nutzen können. Des Weiteren setzen wir uns für eine schrittweise Einführung der völligen Beitragsfreiheit von Kinderbetreuung ein.                                                                                              »»Mini-Jobs abschaffen
Mini-Jobs gehören abgeschafft, damit Frauen nicht auf die ständige Rolle der Zuverdienerin ohne eigene Sozialabsicherung oder Rentenvorsorge festgelegt sind. »»Geschlechtergerechter Umbau der Sozialversicherungssysteme und des Steuersystems
Das deutsche Steuer- und Sozialversicherungssystem weißt an vielen verschiedenen Stellen eine klare Werthaltung eines bestimmten Familien- bzw. Rollenmodells auf. Eindeutig wird hier dem Mann die Rolle des Haupternährers und Familienvorstands, der Frau die Rolle der unbezahlten Reproduktionsarbeit und/oder Zuverdienerin zugewiesen. Deshalb setzen wir uns für den Umbau des Sozial- und Steuersystems im Sinne der Geschlechtergerechtigkeit ein. Dazu gehört beispielsweise die Abschaffung des Ehegattensplittings, aber ebenso die kostenlose Mitversicherung von Ehepartnern, die die ewig gleiche Rollenverteilung zementiert und dafür sorgt, dass Erwerbsarbeit für einen der Partner unattraktiv wird. In der Regel kommt diese Rolle der Frau zu, deren Dasein als Hausfrau durch den Staat massiv subventioniert wird.