ARBEITSRECHT OHNE GRENZEN!

  1. Unternehmen, Waren- und Geldverkehr kennen keine nationalen Grenzen. Deswegen müssen die Rechte von Gewerkschaften und die betriebliche Mitbestimmung über den nationalen Rahmen hinaus gestarkt werden. Die Jusos setzen sich dafür ein, dass die Themen Arbeit und Mitbestimmung zentraler Bestandteil der nationalen und europaweiten Kampagne zur EU-Parlamentswahl 2019 sein werden.
  2. Wesentliches Ziel ist ein Europäisches Betriebsverfassungsverordnung. Zwar gibt es bereits auf EU-Ebene Richtlinien und Vorschriften, welche die Nationalstaaten zur Ausgestaltung eines kollektiven Arbeitsrechts verpflichten. Da zur endgültigen Umsetzung dieser Vorgaben die Transformation in nationales Recht erforderlich ist, gibt es im EU-Rechtsraum teilweise erhebliche Unterschiede bei der Durchsetzung von EU-Vorgaben. Deswegen fordern wir eine Betriebsverfassungsverordnung, die keiner weiteren Transformation in nationales Recht erfordert, um Rechtskraft zu erlangen. Dabei legen wir besonderen Wert darauf, die gewerkschaftlichen Traditionslinien in den verschiedenen Ländern zu achten. Ein Europaische Betriebsverfassungsverordnung soll den Weg zu einer einheitlicheren Mitbestimmungslandschaft ebnen, ohne dass Gewerkschaften in einzelnen Ländern durch die Reform rechtlich oder praktisch geschwächt werden. Ebenso muss sichergestellt werden, dass die betriebliche Mitbestimmung in den einzelnen Ländern nicht unterlaufen wird.
  3. Gerade die Mitbestimmung in Betrieben, die über mehrere Schwester-Standorte verfugen oder Konzerntochter sind, muss ausgeweitet werden. Der Europaische Betriebsrat (EBR) verfugt grundsätzlich nur ein Informations- und Konsultationsrecht, gleichwohl starke Mitglieder des EBR auch heute schon landesubergreifend sich für gute Losungen einsetzen. Das reicht nicht aus. Um individuelle wie kollektive Schutzinteressen arbeitender Menschen verteidigen zu können, ist es auf nationaler wie europäischer/internationaler Ebene unabdingbar, eine echte Mitbestimmung auf Gesamt- beziehungsweise Konzernbetriebsratsebene einzuführen. Hierbei ist darauf zu achten, dass einerseits der Austausch von Belegschaften innerhalb des Konzern-/Unternehmensgefüges nicht stattfinden darf, um einem internen Dumpingwettbewerb Rechnung zu tragen oder zum Beispiel gut organisierte Betriebsrate beziehungsweise Gewerkschaftsstrukturen zu bekämpfen. Andererseits darf die überbetriebliche Mitbestimmung nicht dazu fuhren, dass ausschließlich das Recht des Starkeren gilt, indem beispielsweise deutsche Betriebsrate mit Mehrheiten in Gesamt- oder Konzernbetriebsraten dafür sorgen, dass ausländische Standorte keine Auftrage mehr bekommen konnen.
  4. In Ländern mit betrieblicher Berufsausbildung soll durch EU-Richtlinie die Gründung von Jugend- und Auszubildendenvertretungen erleichtert oder überhaupt erst ermöglicht werden. Analog zum EU-Betriebsrat soll auch die Möglichkeit der Gründung von EU-Jugend- und –Auszubildendenvertretungen geschaffen werden, sofern dies bislang nicht geregelt gewesen ist. Darüber hinaus fordern wir, dass in grenzubergreifenden Betrieben die Möglichkeiten gemeinsamer Grundsatze zur Berufsbildung in den jeweiligen EU-Betriebsratsgremien beraten und bei Zustimmung der lokalen Gremien auch mitbestimmt werden darf.
  5. Der vergangene G20-Gipfel hat gezeigt, dass die vermeintlich „mächtigen Staaten“ nicht in der Lage sind, im Rahmen ihrer Zusammenkünfte auch über positive soziale Entwicklungen zu befinden. Deswegen sind die Vereinten Nationen mit ihren Organisationen zu starken. Die International Labour Organization (ILO) mit ihren Kernarbeitsnormen ist vor allem während der Auseinandersetzung um Freihandelsabkommen in der Diskussion gewesen. Ein Überblick über die Ratifizierung dieser Abkommen und der tatsachlichen nationalen Umsetzung zeigt, dass hier erheblicher Nachholbedarf besteht. Die Rechte arbeitender Menschen sind auch im internationalen Rechtsrahmen zu schützen. Deswegen ist dieser auszuweiten und verbindlicher zu gestalten. Außerdem soll auch die Veränderung der Arbeitswelt Rechnung getragen werden, eine mögliche Aktualisierung der Kernarbeitsnormen auch vor diesem Hintergrund durchgeführt werden. Deswegen fordern wir den Parteivorstand auf, zur weiteren Diskussion einen Überblick über Ratifikation und Umsetzung zu verschaffen. Im Anschluss ist dafür Sorge zu tragen, dass sowohl Jusos als auch SPD über die Zukunft der ILO Vorschlage machen. Generell müssen sich Jusos und SPD auch dafür einsetzen, das Schutzniveau der Kernarbeitsnormen mit dem Ziel der Anhebung zu überarbeiten.
  6. Die Tarifautonomie ist ein hohes Gut. Deswegen ist die konkrete Ausgestaltung tarifvertraglicher Möglichkeiten in unserem Sinne vor allem gewerkschaftliche Aufgabe. Dennoch fordern wir die SPD und die sozialdemokratische Fraktion im EU-Parlament auf, in Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften darüber zu diskutieren, wie durch Betriebsverfassungsverordnungen oder Richtlinien die grenzübergreifende Arbeit von Gewerkschaften erleichtert werden kann. Das Ergebnis dieser Erörterungen soll auch Bestandteil einer Kampagne zum Thema Zukunft der Arbeit im Wahlkampf zur Wahl des EU-Parlaments werden.