DREI BILDUNGSPOLITISCHE FORDERUNGEN FÜR EINE GERECHTERE SCHULPOLITIK NACH DER LANDTAGSWAHL IN EINER SPD­ GEFÜHRTEN LANDESREGIERUNG – FÜR GLEICHE CHANCEN FÜR ALLE!

Die Landeskonferenz der NRW Jusos möge beschließen:In den vergangenen sechs Jahren, in denen die rot-grüne Landesregierung in NRW die Bildungspo­ litik gestaltet hat, konnten viele Verbesserungen in den Schulen erreicht werden. Von der Abschaf­ fung der Kopfnoten über die Einführung des Rechtsanspruchs für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf auf einen Platz an allgemeinbildenden Schulen bis hin zum Ausbau der Ganztagsschu­ len. Durch die Schaffung der Drittelparität in den Schulkonferenzen der weiterführenden Schulen wurden zudem die Mitbestimmungsmöglichkeiten für SchülerInnen gestärkt. Auch unterrichten immer mehr Schulen geflüchtete Kinder und Jugendliche in internationalen Klassen und verhelfen ihnen so maßgeblich zur erfolgreichen Integration in unsere Gesellschaft. Für die Zukunft sind wir überzeugt: Nur mit einer SPD-geführten Landesregierung können weitere Schritte auf dem Weg zu unserem Bildungsideal einer Schule für alle getätigt werden.Unter den vielen Schritten von Rot-Grün im Bereich der Bildungspolitik müssen wir NRW Jusos die Landesregierung allerdings auch entschieden kritisieren. Besonders der Umgang mit G8/G9 sowie der von CDU, SPD und Grünen geschlossene Schulkompromiss bis 2023 stellt für uns keine langfristige Option für die Zukunft dar. Wir NRW Jusos rufen die NRWSPD zu einer solidarische­ ren Bildungspolitik in Regierungsverantwortung nach der Landtagswahl 2017 auf, die allen Schü­ lerInnen genügend Zeit gibt und das mehrgliedrige Schulsystem, das SchülerInnen aufgrund ihrer sozialen Herkunft selektiert, beendet und durch eine Schule für alle ersetzt. Solch eine Bildungspoli­ tik muss für uns nach der Landtagswahl 2017 unter anderem aus folgenden drei Schritten bestehen:

1. EIN ENDE DES SCHULKOMPROMISSES INNERPARTEILICHE DEBATTE ZUR ZUKUNFT DES SCHULSYSTEMS IN NRW STARTEN!

Der 2011 von CDU, SPD und Grünen geschlossene Schulkompromiss, welcher vorsieht, dass bis 2023 keine der drei Parteien ohne Einvernehmen der anderen die Rahmensetzungen zur Schulst­ ruktur ändern darf1, ist ein fauler Kompromiss, der das dringend zu lösende Problem der Bildungs­ ungerechtigkeit in NRW nicht behandelt, sondern stattdessen hinausverzögert. Statt sich als SPD für die sozialdemokratische Grundüberzeugung einer Schule für alle einzusetzen einigte sich unsere Mutterpartei mit der CDU und den Grünen auf eine schrittweise Abschaffung der Hauptschule bei Erhalt der Gymnasien, Real- und Gesamtschulen. Die neu eingeführte Sekundarschule, welche sich als innovative Gemeinschaftsschule beweisen sollte, zeigt sich bisher wenig erfolgversprechend,was nicht zuletzt die Einrichtung von lediglich fünf neuen Sekundarschulen in diesem Schuljahr in NRW zeigt. Wir NRW Jusos lehnen den Schulkompromiss entschieden ab! Wir fordern die NRWSPD auf, sich für eine Schule für alle stark zumachen und auf das Ende des Schulkompro­ misses hin zu wirken. Es braucht handlungsfähige Konzepte und kein „Kopf-in-den-Sand“ Verhal­ ten. Allerdings wissen wir, dass sich unsere Partei bereits vor Ablauf des Schulkompromisses der Diskussion stellen muss, wie wir JungsozialistInnen und SozialdemokratInnen in NRW uns eine chancengerechte Schule der Zukunft nach 2023 vorstellen – daher führt für uns kein Weg daran vorbei, endlich eine innerparteiliche Debatte zur Zukunft des Schulsystems in NRW zu führen.Zudem fordern wir die Einrichtung einer Bildungskommission nach dem Vorbild von 1992-1995 unter dem damaligen NRW-Ministerpräsidenten Johannes Rau2.

2. KONSEQUENTE UMSETZUNG DES SOZIALINDEX FワR EINE GERECHTERE LEHRSTELLENVERTEILUNG!

Der Sozialindex, der probeweise unter Schwarz-Gelb auf den Weg gebracht und dessen Ausbau 2012 im Koalitionsvertrag zwischen SPD und Grünen vereinbart wurde, leistet einen maßgebli­ chen Beitrag zu einer gerechten Verteilung von Lehrstellen an Schulen. Durch die Auswertung der den Schulen vorhandenen Daten der SchülerInnen sowie des Umfelds der jeweiligen Schule (sogenannte „soziale Belastung“) können die SchülerInnenzahlen der einzelnen Schulaufsichtsbe­ zirke so gewichtet werden, dass eine gerechte Verteilung von Lehrstellen dem Bedarf der Schulen entsprechend durchgeführt werden kann. Den Erfolg dieses Modells beweist auch eine Studie der Bertelsmann-Stiftung im Rahmen des Präventionsprogramms „Kein Kind zurücklassen“, welches an verschiedenen Grundschulen in Mülheim an der Ruhr durchgeführt wurde3. Wir NRW Jusos begrüßen dieses Modell, das dem momentanen LehrerInnenmangel an Schulen vorbeugen kann und durch eine gerechtere Lehrstellenverteilung die Bildungsqualität an den Schulen erheblich verbes­ sert. Die Anwendung des Sozialindex auf lediglich zusätzliche Stellen für individuelle Förderungen an Schulen soll ausgeweitet werden und auch zunehmend die Verteilung von regulären Lehrstellen betreffen. Auch fordern wir die Anwendung des wohnortspezifischen Ansatzes, der im Vergleich zum schulortspezifischen Ansatz einen genaueren Bedarf an Lehrstellen ermitteln kann.

3. RÜCKKEHR ZU G9 ZÜGIGE ABSCHAFFUNG DES TURBO-ABIS DURCH DEN RUNDEN TISCH!

Nachdem der runde Tisch zu G8, welcher aus VetreterInnen von Elternschaft, LehrerInnenschaft,SchülerInnen, Kommunen und Verbänden aus verschiedenen Bereichen besteht, Ende des Jahres 2014 verschiedene Verbesserungen bei G8 vereinbart hat4, regt sich weiterhin der Protest gegen das Turbo-Abi. Laut einer Umfrage der Landeselternschaft NRW sprechen sich mittlerweile 79% der befragten Eltern für eine Rückkehr zu G9 aus5 und auch die LandesschülerInnenvertretung fordert die Rückkehr zum Abitur nach 13 Jahren. Schulministerin Sylvia Löhrmann hat sich nun kürzlich dafür entschieden, den runden Tisch im Herbst dieses Jahres wieder einzuberufen, um mit den Betei­ ligten erneut und auch grundsätzlich über G8 zu beraten. Wir lehnen weiterhin konsequent G8 mit seinen verheerenden Auswirkungen auf die Arbeitsbelastung der SchülerInnen ab und fordern daher den runden Tisch zu G8 auf, zum Abitur nach 13 Jahren zurückzukehren, um SchülerInnen wieder mehr Schulzeit zu geben und sie damit zu entlasten. Die NRWSPD muss dabei sicherstellen, dass es zu keinem erneuten Chaos an den Schulen kommt. Eine Rückkehr zum G9 muss gut geplant und mit genügend Zeit für die Umsetzung an den Schulen vor Ort erfolgen. Auch muss die Dominanz der Wirtschaftsverbände bei bildungspolitischen Entscheidungen wie bei denen des runden Tischs endlich ein Ende haben! Allerdings sind wir als NRW Jusos auch davon überzeugt, dass die derzeit durch G8 bestehende Attraktivität der Gesamtschulen weiterhin gewahrt werden muss. Nur eine gesellschaftliche Mehrheit für eine Schule für alle bringt uns unserem Bildungsideal ein Stück näher.Daher gilt es die Menschen in NRW durch gute Gesamtschulen von diesem Ideal zu überzeugen und ihnen die vielen Vorteile einer Schule für alle zu zeigen.Wir sehen die Umsetzung dieser drei Forderungen durch eine zukünftige SPD-geführte Landesregierung in NRW als besonders wichtig an, um die Qualität der Schulen sowie die Bildungschancen aller SchülerInnen erheblich zu verbessern. Zudem muss gerade innerhalb unse­ rer Mutterpartei das Thema Bildung wieder mehr Relevanz gewinnen, für die wir NRW Jusos uns einsetzen. Auch rufen wir durch die Umsetzung dieser drei Forderungen die NRWSPD auf, sich auf ihre sozialdemokratischen Wurzeln zu besinnen und endlich weitere Schritte auf dem Weg zu unserem Bildungsideal einer Schule für alle zu gehen – denn wir NRW Jusos sind davon überzeugt, dass wir nicht mehr, sondern gar keine Selektion mehr brauchen! Alle SchülerInnen müssen dieselben Chancen erhalten! Die NRWSPD muss im bildungspoliti­ schen Bereich gerade mit dieser Grundüberzeugung entschlossen in den Wahlkampf treten.

1 https://www.schulministerium.nrw.de/docs/Schulsystem/Schulformen/Sekundarschule/Schulkonsens_Eckpunkte.pdf
2 https://de.wikipedia.org/wiki/Bildungskommission_NRW                                                                              3 https://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/BSt/KeKiz_WB_6_gruen_final.pdf                      4 https://www.schulministerium.nrw.de/docs/Schulpolitik/G8/Empfehlungen_Runder_Tisch_03_11_2014.pdf 5 http://www1.wdr.de/wissen/mensch/umfrage-turbo-abitur-100.html