Generation(en) gerecht: Mehr Umverteilung im Heute wagen!

Die Entlarvung des konservativen Begriffes von der Generationengerechtigkeit

Kein politisches Vorhaben wird heute bewertet, ohne den Blick auf das Morgen, auf die künftigen Generationen zu werfen. Nachhaltigkeit und  Generationengerechtigkeit sind zwei Begriffe, deren aktuelle Hochkonjunktur dafür gesorgt hat, dass sie zwar in aller Munde sind, und jedeR irgendwie dafür ist; doch was genau sich hinter diesen Begriffen verbirgt, wird durch deren Abnutzung mehr und mehr verwischt – und das nicht ohne Folgen für das politische Gestalten. Wer „immer im Sinne unserer Kinder und Kindeskinder“ zu handeln vorgibt, wird schnell von jeglicher Kritik am eigenen Tun befreit, scheint doch sein Anspruch moralisch unangreifbar. So wird die von konservativer Seite angestrebte sozialstaatliche Askese im Jetzt zum Heilsversprechen für die künftigen Generationen. Diejenigen, die diese Strategie unter dem Label der Generationengerechtigkeit politisch vorantreiben, fühlen sich sittlich unangreifbar, weil die Kritik an ihrer Strategie nicht selten unter den Verdacht des Ungerechten und damit Unmoralischen gerät. Aber auch wenn das kritische Hinterfragen der aktuellen, konservativen Auslegung des Begriffes „Generationengerechtigkeit“ mit der Gefahr verbunden ist, unter diesen unschicklichen Egoismusverdacht
zu geraten, werden wir genau dies immer wieder tun, denn für uns Jusos ist klar: Wenn über Generationengerechtigkeit gesprochen wird, ist im Kern die Rede von Verteilungsgerechtigkeit – und damit von einem unserer zentralen Anliegen. Für uns gilt also es zunächst, den häufig allzu moralinsauer vorgebrachten Verweis auf die künftigen Generationen als Rechtfertigung für sozialstaatliche Einschnitte als das zu entlarven was es ist: die Instrumentalisierung des Begriffes der Generationengerechtigkeit zu Gunsten konservativer und neoliberaler Verteilungsinteressen in der Gegenwart. Versteht man Generationengerechtigkeit als die Herstellung mindestens gleicher Lebenschancen für die nachrückenden Generationen, dann wird schnell deutlich: Eine Politik, die unter dem Postulat der Gerechtigkeit für künftige Generationen, heute ihre Kürzungspolitik durchsetzt, wird tatsächlich genau dieses Ziel erreichen. Nämlich das Fortschreiben eben dieser auch heute bestehenden Lebenschancen für die nachfolgenden Generationen: Mindestens gleich gute Chancen für die Bessergestellten – höchstens gleich schlechte für die schwächeren Teile der Gesellschaft. Der die öffentliche Debatte dominierende Begriff der Generationengerechtigkeit übergeht, dass die den Menschen heute abverlangten Kürzungen die Ungleichheiten verstärken und damit mitnichten eine Ausgangssituation geschaffen wird, die mehr Teilhabe- und Verteilungsgerechtigkeit in der Zukunft verheißt. Dass sich eine Begrenzung der Chancen und Teilhabe im Hier und Jetzt in den folgenden Generationen fortsetzt und verstärkt, zeigt ein Blick in Sozial- und Wirtschaftsstatistiken: Die Einkommen aus Erwerbsarbeit und Kapitalanlagen sind längst völlig voneinander entkoppelt und bewegen sich in zunehmendem Maße auseinander. Daran hat auch die Finanz- und Wirtschaftskrise wenig geändert. Ein „Aufstieg durch Bildung“ ist nach wie vor nur in sehr begrenztem Umfang möglich und stellt sogar zunehmend eher die Ausnahme dar als die Regel. Insbesondere die Menschen ohne guten Zugang zu Bildung können immer seltener von Bildungschancen profitieren. Die Leistungen aus den Sozialkassen werden immer weiter beschnitten. Keine Generation zuvor hat ein derart geringes Leistungsniveau für derart hohe Beiträge verkraften müssen. Diese Beispiele machen deutlich, wie absurd die aktuelle Auslegung des Begriffes der Gerechtigkeit eigentlich ist. Gleichzeitig zeigt sich, dass ein radikaler strategischer Wechsel in den Politikfeldern
notwendig ist, die von dieser Gerechtigkeits(un)logik infiziert sind. Dazu gehört für uns in erster Linie die Finanzpolitik, die unter dem unbedingten Zwang zur Haushaltskonsolidierung die Spielräume anderer Politikbereiche beschneidet. Dazu gehören aber auch Sozial-, Bildungs- und Umweltpolitik, deren Bedeutung für die Teilhabechancen der nachfolgenden Generationen unbestritten ist. Zuerst gehört dazu aber eben die entscheidende Erkenntnis, dass die Ungerechtigkeit
nicht zwischen der heutigen und der morgigen Generation, zwischen jung und alt besteht, sondern dass sie zwischen arm und reich zu finden ist. Wirkliche Gerechtigkeit – auch für nachfolgende Generationen – wird sich nur dadurch herzustellen lassen, dass Teilhabe- und Verteilungsgerechtigkeit heute hergestellt werden!

Generationengerechte Finanzpolitik

Wer heute nicht spart, schadet unseren Kindern. Diesen Satz würde wohl nahezu jedeR PolitikerIn unterschreiben. Die Schuldenbremse, die mit einer breiten, überparteilichen Mehrheit ins Grundgesetz geschrieben wurde, ist ein Ausdruck dieser Auffassung. Dass die Schuldenbremse falsch ist und bleibt, weil sie die Handlungs- und Gestaltungsfähigkeit des Staates beschränkt und die Herstellung von Verteilungsgerechtigkeit erschwert, war für uns Jusos immer klar. Auch wenn in dem politischen Kampf gegen dieses finanzpolitische Instrument momentan nichts auf einen baldigen Erfolg hindeutet, werden wir weiter dafür kämpfen, dass auf die Schuldenbremse hoffentlich eines Tages als eine Episode einer Phase wirtschaftspolitischer Verwirrung der SPD zurückgeblickt
werden wird. Jedoch konzentriert sich unser Einsatz für eine gerechte Finanzpolitik bei weitem nicht auf die kritische Bewertung und Rückabwicklung der Schuldenbremse. Mit der Aufdeckung der Unlogik der Gerechtigkeitspostulates aus dem neoliberal-konservativen Lager wäre bereits viel gewonnen,
doch gilt für uns Jusos als progressive politische Kraft immer auch der Anspruch, auf Basis der Kritik an bestehenden Verhältnissen, Alternativen zu formulieren.
Wenn in regelmäßigen Abständen die Forderung nach Steuersenkungen laut wird, zeigt sich deutlich, von welchen Interessen die Finanzpolitik von vor allem gelber, gelegentlich auch schwarzer, Natur wirklich getrieben sind. Hinter dem mahnenden Ruf nach Haushaltskonsolidierung, der sich mit dem gönnerischen nach Steuersenkungen zuverlässig konjunkturell abwechselt, zeigt sich immer ein und dasselbe Interesse, welches mit Generationengerechtigkeit wenig zu tun hat. Beide Maßnahmen habe den Effekt, zugunsten derjenigen, die aktuell mehr besitzen, die Umverteilungswirkung des Staates zu beschränken, diesen zu einem „schlanken Staat“ zusammenschrumpfen zu lassen. Verliert aber der Staat seine Lenkungs- und Verteilungsinstrumente, dann wird in Kauf
genommen, dass sich bestehende Ungerechtigkeiten verstetigen – heute und morgen. Dem gilt es sich entschieden entgegenzustellen: Einnahme- und Ausgabenpolitik des Staates ist immer auch Umverteilungspolitik und damit der zentrale Dreh- und Angelpunkt für die Herstellung wirklicher Gerechtigkeit zwischen, vor allem aber innerhalb der Generationen. Nimmt der Staat Schulden auf, dann fällt deren Tilgung nachfolgenden Generationen zu. Damit verringern sich unter Umständen die Chancen dieser nachfolgenden Generationen, ihrerseits Investitionen zu tätigen, weil ihre finanziellen Mittel in Zinsen und Tilgungsraten gebunden sind. Dass dies mit dem Prinzip der Generationengerechtigkeit nicht zu vereinbaren ist, ist die gängige Darstellung zur Schuldenpolitik in der Generationenfrage. Doch sie ist verkürzt: Was häufig außen vor bleibt, ist die Feststellung, dass den Schulden Werte gegenüberstehen, vorausgesetzt das per Kredit aufgenommene Geld wird sinnvoll und eingesetzt. Wird es zusätzlich noch – in unserem Sinne – nachhaltig eingesetzt – dann überdauert die Investition möglicherweise mehrere Generationen und erzeugt einen Wert – ebenfalls über Generationen hinaus. Die Aufnahme von Schulden heute bedeutet also nicht immer, dass die künftigen Generationen für eine Leistung aufkommen müssen, von der sie nie profitieren konnten. Zudem erhalten Investitionen auch den Wert ihrer Anlagen. In unserem Sinne generationengerecht zu handeln bedeutet somit auch die öffentliche Infrastruktur durch falsche Kürzungen nicht zu entwerten und verkommen zu lassen, sondern ihren Wert und ihre Funktionalität für die nachfolgenden Generationen zu erhalten und zu verbessern. Schulden sind
also nicht per se ungerecht für nachfolgende Generationen. Im Gegenteil: Gewisse gesellschaftliche Investitionen sind ohne die Aufnahme von Schulden nicht zu tätigen. In der Sozial-, Umwelt- und Bildungspolitik wird die Bedeutung dieser sich fortschreibenden Wirkung von schuldenfinanzierten Investitionen deutlich.
Für uns heißt eine wirkliche generationengerechte Finanzpolitik, dass die staatlichen Einnahmen stabilisiert werden müssen, damit der Staat seinen Aufgaben nachkommen kann. Dabei können Investitionsimpulse grundsätzlich auch über Schulden finanziert werden.

Die soziale Sicherung von morgen…

… wird nur für alle bestehen bleiben können, wenn wir heute den Verteilungskampf erfolgreich führen. Der Niedergang des Sozialstaates ist nicht das zwangsläufige Schicksal einer alternden Gesellschaft, genau so wenig, wie der demografische Wandel Einschnitte in die Sozialsysteme begründet. Auch hier gilt es ihn als das zu enttarnen, was er ist: ein Scheinargument für Sozialabbau. Es ist richtig, dass die Anzahl der Personen im erwerbsfähigen Alter abnimmt, und die Zahl der Menschen über 65 Jahre steigt. Diese Entwicklung darf jedoch nicht unabhängig von anderen Faktoren gesehen werden. Der Aspekt des Produktivitätsfortschritts wird häufig verschwiegen, wenn es darum geht, soziale Härten mit dem demografischen Wandel zu begründen. Immer weniger ArbeitnehmerInnen können durch höhere Produktivität mehr Wohlstand erzeugen. Mit weniger Arbeit kann also die gleiche Wirtschaftsleistung erbracht werden. Selbst unter Annahme eines pessimistischen Szenarios mit weiterhin hoher Arbeitslosigkeit und niedrigem Produktivitätsfortschritt, gibt es in Zukunft nicht weniger, sondern mehr zu verteilen. Mit der Wirtschaftskraft und der Produktivität können auch die Einkommen steigen. Das entscheidende Problem ist also nicht, dass unsere Gesellschaft altert, sondern die ungerechte Verteilung des erwirtschafteten Sozialprodukts. Neben dem Produktivitätsfortschritt kann auch eine höhere Beschäftigungsquote der Bevölkerung zur Entlastung der Sozialsysteme beitragen. Es sind momentan nur ca. zwei Drittel der erwerbsfähigen Menschen in Deutschland auch wirklich erwerbstätig. Dies resultiert aus der immer noch sehr niedrigen Frauenerwerbsquote und der Arbeitslosigkeit gerade älterer Menschen sowie derjenigen, die als „schwer vermittelbar“ gelten. Diese Beschäftigungsreserve gilt es zu mobilisieren. Der demografische Wandel ist also keine Katastrophe, die zwangsläufig über uns hereinbricht! Die Demografie birgt sogar Chancen. Wenn Frauen und ZuwanderInnen stärker in den Arbeitsmarkt
integriert werden und die wirtschaftliche Produktivität angetrieben wird, wird die demografische Lücke der sozialen Sicherungssysteme gefüllt. Der Ruf nach Konsolidierung durch Kürzungen im sozialen Bereich vermindert nicht nur die Teilhabechancen derjenigen, die in unsichere soziale Verhältnisse hineingeboren werden. Zusätzlich bringen Kürzungen aus der Perspektive der Geschlechtergerechtigkeit große Probleme mit sich. Wenn Förderungen oder Unterstützungen von Ländern oder Kommunen gestrichen werden, sind es immer benachteiligte Gruppen der Gesellschaft, die besonders betroffen sind. Wenn beispielsweise eine Kommune keine KiTa-Plätze fördert, oder Frauenhäuser schließt, betrifft dies Frauen natürlich in ganz besonderem Maße. Auch weitere Sparmaßnahmen wie
beispielsweise Nachmittagsbetreuung gehen schnell zu Lasten von Frauen, denn wer wird wohl die Betreuung der Kleinen übernehmen müssen, wenn keine staatliche oder kommunale Unterstützung mehr zur Verfügung steht? Wir müssen uns klarmachen, dass der schnöde Mammon erhebliche Auswirkungen auf Gleichstellungspolitik und die Verwirklichung einer geschlechtergerechten Gesellschaft hat. Die Frage nach investieren oder konsolidieren ist damit nicht nur eine Frage von (vorgeblicher) Generationengerechtigkeit, sondern immer auch von Geschlechtergerechtigkeit.

Die Investition mit Traumrenditen: Bildung!

Die Bedeutung der Teilhabechancen, die durch Bildungspolitik hergestellt werden können, scheint von der Politik erkannt. Zumindest wagt sie sich, trotz allen Konsolidierungsbemühungen nicht an die Mittel der Bildungsressorts heran. Das ist im Prinzip der richtige Weg, aber es darf nicht übersehen werden, dass auch soziale Sicherung für Teilhabe zentral ist. Prinzipiell besteht in der sozialen Sicherung – insbesondere für die sogenannten „Abgehängten“ – die notwendige
Voraussetzung, die die Basis für die Befähigung und Bereitschaft zur Bildung darstellt. Deshalb dürfen in der Finanzierungsfrage die Ressorts Bildung und Soziales nicht gegeneinander ausgespielt werden. Sie bedingen sich einander und bedürfen einer viel engeren Verzahnung. Die Rendite von Bildungsinvestitionen durch den Staat ist enorm, das sollte kein Geheimnis mehr sein. Eine Investition in Bildung führt zu minderausgaben bei Prävention, Sozialausgaben und auch bei „gesellschaftlichen Reparaturkosten“. Trotz dieser Erkenntnis ist das geringe Investitionsniveau Deutschlands in Bildung auf eine traurige Art legendär. Seit Jahren geht der ohnehin unterdurchschnittliche Anteil am Deutschen BIP, der in Bildung investiert wird, zurück. Hier wird besonders deutlich, wie die einseitige Fixierung auf Konsolidierung zu Fehlsteuerungen führt, die sich noch über viele Generationen auswirken werden. Wir brauchen eine Investitionsbremsen- Bremse bei den Bildungsausgaben, die die notwendigen Investitionen in Bildung garantiert und Deutschland im OECD-Vergleich der Bildungsausgaben in die Spitzengruppe bringt. Diese Investitionsgarantie für Bildung ins Grundgesetz zu schreiben, wäre nur konsequent.

Nachhaltigkeit gerecht! Die soziale Dimension von Umwelt – und Ressourcenpolitik

Nicht anders als die Bildungspolitik steht auch die Infrastrukturpolitik da, wenn es um die notwendige Finanzierung in diesem Bereich geht. Auch hier türmt sich ein gewaltiger Investitionsstau vor den klammen öffentlichen Kassen auf. Gleichzeitig ist die Bedeutung einer neuen, nachhaltigen Umweltpolitik für die kommenden Generationen völlig unumstritten. Unser Anspruch an eine generationengerechte Umweltpolitik geht aber über die finanziellen Fragen einer Umgestaltung von Ressourcen- und Infrastrukturpolitik hinaus. Für uns liegt die Aufgabe des Staates nicht nur darin, neue Technologien mit Investitionsprogrammen anzustoßen und umweltschädliches Handeln unrentabel zu machen. Im Unterschied zu anderen Nachhaltigkeitsbegriffen fußt der unsere nicht auf Betonung der Bedeutung der individuellen Verantwortung für ressourcensparendes Handeln. Unser Nachhaltigkeitsbegriff baut auf dem Paradigma der kollektiv hergestellten Verbindlichkeit für ein Umdenken in Sachen Umwelt- und Ressourcenpolitik auf. Nicht Lifestyle-Trends oder Barmherzigkeit sind nach unserem Begriff von Nachhaltigkeit Triebfeder für eine Politik, die auch die Bedürfnisse kommender Generationen berücksichtigt, sondern die durch den Staat hergestellte, verbindliche Umstellung von politischen und gesellschaftlichen Weichen. Dies ist eine Mammutaufgabe, die nur ein starker Staat ausfüllen kann. Deshalb ist dessen solide Finanzierung unumgänglich.

Generationengerechtigkeit international

Wer die Ungleichheiten in den jetzt lebenden Generationen bekämpfen will, muss den Blick über die Grenzen von Staat und Staatenbund hinaus erweitern. Ein großer Teil des Wohlstandes, den wir in Europa und Deutschland genießen, ist auch auf Kosten von Menschen erreicht worden, die mit einem vielfachen weniger auskommen müssen und deren Perspektiven ohne Hilfe düster sind. Als Industrienation und damit Hauptverursacher ist es in unserer Verantwortung, die Folgen des Klimawandels abzumildern. Gerade dort, wo die Menschen sehr arm sind, werden diese in Zukunft besonders unter den Folgen des Klimawandels zu leiden haben. Unser Begriff von Generationengerechtigkeit darf sich nicht auf Deutschland beschränken, sondern ist internationalistisch. Nachhaltigkeit bedeutet für uns auch, dass wir mit unserer Politik die Lebensbedingungen aller Menschen auf der Welt verbessern wollen. Bessere Lebensbedingungen
und Chancen zur Teilhabe kann für die aktuellen und künftigen Generationen nur dann möglich sein, wenn wir als Industrienation uns der Verpflichtung stellen, denjenigen Hilfe zu leisten, die unter Armut, Umweltkatastrophen und Gewalt leiden. Für uns ist Entwicklungshilfe kein disponibler Bonus-Posten in einem gelungenen Bundeshaushalt. Für uns ist sie Bestandteil einer umfassenden Verpflichtung zur Herstellung von gleichen Lebenschancen für aktuelle und zukünftige Generationen – über Grenzen hinaus.

Zehn Forderungen für eine generationengerechte Politik

1. Steuererleichterungen stehen Konsolidierungs- und Investitionsvorhaben des Staates entgegen und sind abzulehnen. Das Gegenteil ist notwendig: Die Einführung einer Vermögensteuer und die Reform der Erbschaft- und Schenkungsteuer hin zu mehr Verteilungsgerechtigkeit, die Besteuerung von Finanztransaktionen, die Abschaffung von Steuerprivilegien und auch Neuverschuldung in begrenztem Rahmen ist notwendig, um die öffentlichen Haushalte wieder handlungsfähig zu machen.
2. Die sozialen Sicherungssysteme brauchen eine breitere Finanzierungsbasis. Deshalb muss schnellstmöglich die Bürgerversicherung eingeführt werden, die alle Menschen in das System einbezieht.
3. Auch die individuellen Einzahlungen in die Sozialkassen müssen steigen. Das muss nicht zwangsläufig eine Erhöhung der Beitragssätze bedeuten. Viel wäre bereits gewonnen, wenn die Löhne in angemessenem Umfang wachsen. Dafür muss Deutschland seine fehlgeleitete „Exportweltmeister- Strategie“ aufgeben, die seit Jahrzehnten durch Lohnzurückhaltung auf dem Rücken der ArbeitnehmerInnen ausgetragen wird. Der Anteil der Erwerbstätigen in der Bevölkerung
muss maximiert werden.
4. Das Versorgungsniveau durch die Sozialkassen ist als Bestandteil der Generationengerechtigkeit zu betrachten. Dieses muss angehoben und ein gesetzliches Mindestniveau fixiert werden, anstatt Beitragssätze zu vermindern.
5. Die Ausgaben in Bildung müssen steigen – und zwar kontinuierlich, verbindlich und damit unabhängig von haushaltspolitischen Moden. Die Mindestausgaben für Bildungspolitik gehören ins Grundgesetz.
6. Jegliche Investitionen und Konsolidierungsvorhaben sind in allen öffentlichen Haushalten immer hinsichtlich ihrer Auswirkungen für die Geschlechtergerechtigkeit zu prüfen und entsprechend anzupassen.
7. Die Schuldenbremse nimmt dem Staat die Möglichkeit, eine zukunftsweisende Investitionspolitik zu gestalten und angemessen auf Krisen zu reagieren. Sie gehört abgeschafft.                                                                                                                                                                                                                                                                 8. Wir als SozialistInnen müssen einen neuen Begriff der Nachhaltigkeit prägen, der die Gerechtigkeitsfrage loslöst von individuellem Wohlwollen. Nachhaltiges Leben und Wirtschaften ist für uns mehr als der „korrekte Konsum“ und kann nur dann offensiv hergestellt werden, wenn es in der Verantwortung des Staates liegt, dieses für alle verbindlich, aber auch möglich zu machen.                                                                                                                                                                                 9. Massive Investitionen in Technologien für nachhaltige Energiegewinnung und zukunftsorientierten Ressourceneinsatz sind überfällig. Der Staat muss in diesen Bereichen als Pionier auftreten.
10. Die Bekämpfung der weltweiten Armut muss als Teil unseres Gerechtigkeitsprinzips fest in der bundesdeutschen Politik verankert sein. Absenkungen des Entwicklungshilfeetats auf Grund von konjunkturellen Schwankungen zeugen von mangelndem Verantwortungsbewusstsein der Politik für ihre internationalen Verpflichtungen und sind abzulehnen.