INKLUSION TEIL 2 – Von Anfang an dabei sein

Von Anfang an dabei sein Inklusion heißt Menschen willkommen zu heißen. Niemand wird ausgeschlossen, alle gehören dazu: zu unserer Gesellschaft, unserer Kommune, zu jeder kleinen oder großen Gruppe oder Gemeinschaft. Alle sind von Anfang an dabei und können etwas beitragen. Unsere Gesellschaft wird reicher durch die Vielfalt aller Menschen, die in ihr leben. Dieser Antrag ist eine Weiterführung des auf der Landeskonferenz 2013 beschlossenen Antrags „Inklusion Teil 1 – UN-Behindertenrechts-Konvention umsetzen“. Zunächst lag der Fokus auf Menschen mit Behinderung und deren Teilhabe an unserer Gesellschaft. Doch in unserem Verständnis von Inklusion gehen wir über die Menschen mit Handicaps hinaus – wir wollen volle und gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft für alle, unabhängig von Alter, sexueller Orientierung, Handicap, Hautfarbe, Herkunft, Religion, sozialem Hintergrund und Geschlechtsidentität. Mit dem zweiten Teil des Antrages wollen wir jetzt unsere Beschlusslage erweitern. Im Sinne der generationsgerechten Daseinsvorsorge sollten wir uns aber auch die Frage stellen, was wir unter Inklusion älterer Menschen verstehen. In diesem Antrag stellen wir dar, weshalb es eine UN-Menschenrechtskonvention auch für ältere Menschen geben muss. Die Altersdiskriminierung durch jüngere Menschen kann das Älterwerden erschweren, aber auch ältere Menschen haben Altersstereotype und beziehen diese nicht nur auf andere, sondern auch auf sich selbst. Kurz gefasst ist Inklusion Gleichstellung, gemeinsames Lernen, gute Arbeit und Demokratie. Inklusion ist für uns NRW Jusos die volle gleichberechtigte Teilhabe auch von älteren Menschen an unserer Gesellschaft.

INKLUSION BEDEUTET RECHT AUF BILDUNG UND EIN LEBENSLANGES LERNEN
Bereits in der frühkindlichen Bildung muss begonnen werden den Kindern aufzuzeigen, dass sie alle gleichwertig und gleichberechtigt sind. Allerdings darf es auch nicht bedeuten, dass die Inklusion von Kindern mit Behinderung ausschließlich die Aufgabe der Gesamt-, Sekundar- oder Gemeinschaftsschulen und der dort lernenden Kinder sein soll. Es darf nicht dazu führen, dass die selbst von sozialer Exklusion bedrohten Kinder die behinderten Kinder integrieren. Die
therapeutische Unterstützung und intensive Betreuung, die ihnen derzeit zusteht, darf nicht weggenommen und neu verteilt werden. Wiederum sollte es für ExpertInnen wie Großeltern, ehemaligen SchülerInnen und SeniorInnen die Möglichkeiten geben sich in Bildungsangeboten und Betreuung mit einzubringen. Bereits während der Schulzeit soll es für die SchülerInnen Bildungsangebote geben zu alternativen Kommunikationsarten wie Lippenlesen oder Gebärdensprachen oder auch technische Kommunikationsmethoden. Forschungsarbeiten zu Regenbogenfamilien zeigen deutlich, dass gerade im Kontext Schule Handlungsbedarf besteht. Zum einen ist eine Erweiterung der Aus- und Fortbildungsinhalte unerlässlich, um allen Kindern und Jugendlichen die große Bandbreite von möglichen Familienkonstellationen wertfrei nahezubringen. Gleichzeitig gibt die Auseinandersetzung mit LGBT-Lebensformen allen SchülerInnen die Möglichkeit, sich mit erweiterten Spiel- und Handlungsräumen in Bezug auf Gender auseinanderzusetzen und so selbst möglicherweise zu mehr Freiheit zu kommen. Diese emanzipatorischen Aspekte können bereits in der Kita nutzbar gemacht werden. Denn für einen kreativen Umgang mit „Vielfalt“ ist es nie zu früh. Wir wollen allen ein lebenslanges Lernen ermöglichen doch gerade ältere Menschen werden von dem Zugang zu Bildung und Forschung ausgeschlossen, da es keine Stipendien oder andere Fördersysteme für sie gibt. Wir brauchen ermutigende Angebote für Jugendliche, Erwachsene und SeniorInnen, um Bildungsabschlüsse nachzuholen. Informationen und Auskunftstellen zu Bildungsangeboten müssen für alle zugänglich sein. Für SchülerInnen, Studierende und junge ArbeitnehmerInnnen müssen die kommunalen Koordinierungsstellen im „Neuen Übergangssystem Schule – Beruf in NRW“ so umgestaltet werden, dass überall in NRW gleiche Standards für die Beratung und Begleitung von Bildungs- und Berufswegen junger Menschen greifen. Hierzu zählt auch die Schaffung einheitlicher Curricula für die Berufsorientierung und Berufsvorbereitung in Schulen. Für Erwachsene und Senioren müssen die Kommunen künftig ebenfalls Beratungsangebote schaffen, um ihnen eine Orientierung über lebenslang mögliche Bildungs- und Qualifikationswege zu bieten. Diese Aufgabe darf nicht ausschließlich der Öffentlichkeitsarbeit privatwirtschaftlicher Bildungsträger überlassen werden.

INKLUSION BRAUCHT BARRIEREFREIHEIT!
Inklusion soll das Bewusstsein und die Kompetenz vermitteln die vielfältigen Formen, Quellen und Strukturen von Diskriminierung zu erkennen und diesen aktiv entgegenzuwirken. Inklusives Denken und Handeln sollte für uns eine Selbstverständlichkeit werden, denn es bedeutet jeden mit Respekt zu behandeln. Ebenso stärkt eine gute Kommunikation das Engagement von allen. Barrierefreiheit bedeutet nicht nur eine leistungsfähige Infrastruktur, die jedem Menschen ermöglicht, am öffentlichen Leben gleichberechtigt teilzunehmen, sondern auch eine institutionelle Barrierefreiheit. Der Ausschluss von Nicht-EU-Bürgern von der Teilnahme an kommunalen Wahlen und Abstimmungen stellt z.B. ein nicht zu rechtfertigendes demokratisches Defizit dar. Hier ist es unabdingbar sich für ein Kommunalwahlrecht für Nicht-EU-BürgerInnen einzusetzen. Außerdem müssen MigrantInnen, die seit langem in der Bundesrepublik leben, auch die Möglichkeit geschaffen werden an Landes- und Bundestagswahlen teilzunehmen. Die Möglichkeit der doppelten Staatsbürgerschaft zur Verschaffung eines Willkommensgefühls muss vorhanden sein. Aber auch im deutschen Recht sowie in anderen Regelwerken finden sich zahlreiche Altersgrenzen. Vor allem im Berufsrecht und im Recht des öffentlichen Dienstes, im Sozialrecht (hier vor allem im Rentenversicherungsrecht), im Recht des Ehrenamtes und im Recht der kommunalpolitischen Wahlbeamten und Wahlbeamtinnen. Hierzu zählen beispielsweise die Begrenzung des Bafög für Studierende bis 30 Jahre (beim Master bis 35 Jahre), die Altersbegrenzung von Schöffen auf 69 Jahre sowie der „Studententarif“ bei Schwimmbädern, Museen und Ähnliche. Zudem gibt es Altersgrenzen in Satzungen von Vereinen und Verbänden, in Geschäftsbedingungen (z.B. von Finanzinstituten), in Tarifverträgen und in Arbeitsverträgen. Den meisten Altersgrenzen liegt die pauschalisierende Annahme zu Grunde, dass die Leistungsfähigkeit von Menschen mit zunehmendem Alter abnimmt. Altersgrenzen basieren häufig auf gesellschaftlichen Altersbildern- und umgekehrt können Altersgrenzen gesellschaftliche Altersbilder prägen. Hier wird es höchste Zeit, überkommene Altersbilder über Bord zu werfen und sie durch neue zu ersetzen. Es ist genauso wenig hinnehmbar, dass etwa der Name, der Geburtsort, die Religion oder das Aussehen schon reichen um anders behandelt zu werden, etwa bei der Wohnungssuche oder Polizeikontrollen. Zwar gibt es in Deutschland mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz eine nationale Umsetzung entsprechenden EU-Rechts, doch ist es für von Benachteiligung betroffene Menschen schwer, ihrem Recht auf Grundlage dieses Gesetzes Geltung zu verschaffen. Wir NRW Jusos fordern daher eine niedrigschwellige, flächendeckende Beratungsinfrastruktur. Bisher gibt es in NRW erst in 8 Städten sogenannte Antidiskriminierungsbüros, in denen betroffene Unterstützung erhalten. Auch die gesetzlichen Fristen, innerhalb derer Betroffene etwaige Ansprüche auf Schadensersatz geltend machen können, müssen angehoben werden. Derzeit liegen diese bei zwei Monaten. Schließlich muss im Sinne betroffener Gruppen ein Verbandsklagerecht im AGG integriert werden. Wenn bestimmte Gruppen hinsichtlich ähnlicher Diskriminierungsmerkmale benachteiligt werden, muss die Möglichkeit bestehen, dass Vereine und Verbände in ihrem Namen auf Grundlage des AGG gegen Rechtsverstöße vorgehen. Ebenso fordern wir die Entbürokratisierung, sowie den Ausbau der Kapazitäten entsprechender Behörden, um jedem Menschen eine schnelle und aufgeschlossene Prüfung eines Asylantrags zu garantieren.

GUTE ARBEIT GEHÖRT ZU EINEM SELBSTBESTIMMTEN LEBEN

Bei den Älteren gibt es einen gespaltenen Arbeitsmarkt. Wer als Älterer oder Ältere eine unbefristete Stelle hat, läuft durch den Kündigungsschutz weniger Gefahr, entlassen zu werden als sein jüngerer Kollege. Doch verliert man jenseits der 55 erst einmal seinen Job, ist ein Wiedereintritt in den Arbeitsmarkt kaum möglich. Somit wächst die Bedeutung des Kündigungsschutzes. Wir brauchen einen Gesinnungswandel, der die Erfahrungen älterer Arbeitskräfte als Kompetenz anerkennt und nicht eine vermeintliche geringe Leistungsfähigkeit an die erste Stelle setzt. Gerade die besondere Sicherung älterer Beschäftigter ist ein Hebel dafür, dass sich ArbeitgeberInnen damit beschäftigen müssen, wie man Arbeit lebensphasengerecht gestaltet, um ältere Fachkräfte zu halten. In vielen Tarifverträgen gibt es gerade für ältere Beschäftige einen Kündigungsschutz und Verdienstsicherung. Demnach darf älteren Beschäftigten in der Metall- und Elektroindustrie des Landes ab dem vollendeten 53. Lebensjahr nicht mehr gekündigt werden. Ihr Entgelt darf ab dem 54. Lebensjahr nicht gemindert werden. Können Beschäftigte aus dieser Altersgruppe den bisherigen regelmäßigen Monatsverdienst nicht mehr erzielen, da sie zum Beispiel aus Alters- oder Gesundheitsgründen aus dem Schichtbetrieb gehen müssen, muss ihnen der Arbeitgeber einen Ausgleichsbetrag zahlen. Diese Regelung darf nicht aufgeweicht werden. Für die NRW Jusos bedeutet Inklusion auch eine konsequente Gleichstellungspolitik, so dass sich Männer und Frauen auf Augenhöhe befinden. Noch immer verdienen Frauen in den gleichen Positionen bis 21% weniger als die Männer, sind Frauen heute noch zu oft die „Hinzuverdienerinnen“ in Teilzeit und mit Minijob in den Familien. Hier gilt es insbesondere die Hürden für berufstätige Frauen mit Kindern zu verkleinern, eine lückenlose Kinderbetreuung sicherzustellen damit auch mit Kindern normaler sozialversicherungspflichtiger Arbeit nachgegangen werden und somit für sich selbst und die Familie, ob mit Partner oder alleine gesorgt werden kann. Aber auch die Angebote für mobiles Arbeiten müssen weiter ausgebaut werden. Es muss im Interesse der Unternehmen liegen, im Werben um Fachkräfte verstärkt Heimarbeitsplätze für berufstätige Mütter und Väter anzubieten. Die Wirtschaft träg auch in diesem Bereich eine gesellschaftliche Mitverantwortung. Wo immer es die charakteristischen Anforderungen des Berufs zulassen, müssen ArbeitnehmerInnen einen Anspruch darauf haben, zumindest einen Teil ihrer Wochenarbeitszeit vom heimischen Arbeitsplatz abzuleisten. Die Führungsetagen werden noch immer durch Männer dominiert. Doch es darf dort keine unsichtbaren Aufstiegsbarrieren geben. Niemand darf auf Grund des Geschlechts, Hautfarbe und Religion auf dem Arbeitsmarkt diskriminiert werden. Deswegen fordern wir die Einführung einer Frauenquote von 40 % und das Migrantinnen und Migranten in ihren Karrierebemühungen unterstützt werden, in dem unter anderem ausländische Abschlüsse anerkannt werden.

INKLUSION FINDET AUCH IM ALLTAG STATT

Höheres Alter bedeutet nicht automatisch Hilfsbedürftigkeit. Ältere Menschen werden gebraucht und sie benötigen auch das Gefühl gebraucht zu werden. Sie in Pflege- oder Altenheimen zu isolieren, macht keinen Sinn. Daher fordern wir NRW Jusos die Schaffung eines „dritten Sozialraums“ durch einen Baustopp für Pflegeheime und die Umwandlung aller Heime in betreute Wohnungen oder ambulante Versorgung. Damit eingeschlossen sollen auch Generationshäuser oder Alten-WGs sein. Ebenso müssen wir Strukturen schaffen, um die Wünsche der HelferInnen und Hilfesuchenden zusammen zu bringen. Wir brauchen Freiwilligenagenturen, Selbsthilfekontaktstellen und Engagementzentren, um das vielschichtige Engagement zu verbinden und hier auch Möglichkeiten des Austauschs und des gegenseitigen Lernens von einander zu ermöglichen. So schaffen wir ein gelebtes Miteinander der Generationen. Freiwillig und institutionell unterstützt können ältere Menschen ihr Wissen und ihre Fähigkeiten weitergeben und nutzen, um der Gesellschaft und jüngeren Menschen zu helfen. Umgekehrt können junge Menschen mit ihrem Tatendrang ältere Menschen in ihrem Lebenswandel unterstützen. So wird ein Verständnis der Generationen füreinander befördert und geprägt, welches durch den Wandel von Familienstrukturen und den großen Problemen für viele Menschen oft in den Hintergrund gerät. Nach wie vor ist die Benachteiligung und Diskriminierung von Frauen ein Thema in allen Lebensbereichen. Trotz vieler gesetzlicher Verbesserungen und einer stetig steigenden Intoleranz gegenüber Diskriminierung von Frauen, sind wir noch immer keine gleichberechtigte Gesellschaft. Ein zentrales Thema bleibt dabei auch der Schutz von Frauen vor Gewalt in der Familie. Wir sprechen uns für den Erhalt und den Ausbau von Frauenhäusern, Frauennotrufen und anderenInstitutionen aus, die der Gewalt gegen Frauen entgegenwirken. Frauen, die häuslicher Gewalt ausgesetzt sind, brauchen einen Ort, der ihnen eine sichere Zuflucht in der Not bietet und dann eine Möglichkeit aus einer solchen Situation in die Zukunft ohne Gewalt zu gehen. Inklusion muss aus unserer Sicht an vielen Stellen stattfinden und ist nicht von heute auf morgen durchsetzbar. Es benötigt Einsatz von allen Seiten und eine stetige Reflexion dessen, was Barriere sein kann und der Überlegung was getan werden kann, um diese abzubauen.