Moderne ökologische Industrie- und Energiepolitik: CO2 –Vermeidung sinnvoll ausgestalten!

Deutschland hat sich als Wegbereiter für den Klimaschutz richtigerweise ehrgeizige Ziele gesetzt: Bis 2020 sollen die Energieproduktivität gegenüber 1990 verdoppelt und die CO2- Emissionen um bis zu 40% gesenkt werden. Diese Ziele erfordern eine Intensivierung der Bemühungen in allen dafür erforderlichen Bereichen und sollten am besten noch übertroffen werden. Eine besondere Rolle kommt dabei neben der Energiebranche der Chemie als Querschnitts- und Basisindustrie zu. So wie die Energieindustrie eine Umstellung der Energieerzeugung hin zu regenerativen Energiequellen und Konzepte zur Energieeinsparung
gewährleisten muss, muss auch die chemische Industrie mit ihrer Forschungs- und Innovationskraft in vielen Branchen einen herausragenden Beitrag zur Bewältigung der Herausforderungen des Klimawandels leisten. NRW ist hierbei als zentraler Standort der chemischen Industrie von essentieller Bedeutung und hat eine Vorbild- und Vorreiterfunktion. Langfristszenarien über die zukünftige Entwicklung des Energiesystems zeigen zudem, dass der Übergang in eine klimaverträgliche Energieversorgung stark zu Lasten des Energieträgers Kohle geht. In diesem Kontext kommt NRW ebenfalls eine besondere Rolle zu. Verglichen mit 1991 werden heute ein Viertel weniger Rohstoffe je Einheit Bruttoinlandsprodukt eingesetzt und damit deutlich weniger Treibhausgase je Einheit emittiert. Aber wir müssen die Anstrengungen zur Erhöhung der Ressourcen- und Energieeffizienz in Industrie und Wirtschaft weiter intensivieren. Ziel muss sein, die Emissionen von Treibhausgasen erheblich zu reduzieren. Auch wenn es unser Ziel ist, die Emission von CO2 weiter zu senken, werden die Industrie
und die Energieerzeugung aber langfristig nicht ohne CO2-Ausstoss auskommen. Deshalb gilt es, vernünftige und nachhaltige Methoden zu entwickeln, um diesem Problem zu begegnen. Wir fordern deshalb, in diesem Bereich Forschungs- und Entwicklungsprogramme weiter zu führen und auszubauen.
Zusätzlich müssen durch finanzielle Anreize einerseits und gesetzliche Regelungen anderer seits günstigere Bedingungen zur Investition in Ressourcen schonende und energieeffiziente Methoden zur CO2-Vermeidung geschaffen werden. Für uns Jusos kann die CO2-Sequestierung dafür keine Lösung sein. Dies hat mehrere Gründe. Die Abtrennung von CO2 aus Rauchgasen konventioneller Kraftwerke führt zu einer signifikanten Erhöhung der Stromproduktionskosten, verursacht zusätzlichen Brennstoffverbrauch und senkt substantiell den Kraftwerkwirkungsgrad. Im kommerziellen Kraftwerksmaßstab ist diese Methode ökonomisch und ökologisch nicht darstellbar. Die Technik zur Abtrennung vor Verbrennung ist zwar die im Verhältnis zur Post Combustion-Methode günstigere Alternative, aber bei derzeitigem Stand der Technik für Kraftwerke üblicher Größe nicht verfügbar. Das Oxyfuel-Verfahren, d.h. die Verbrennung mit reinem Sauerstoff, befindet sich derzeit noch in der Demonstrationsphase und kann als Alternative bis 2020 nicht real in Betracht gezogen werden. Hinzu kommt, dass die CO2-Sequestierung, im Verhältnis zur Förderung und zum Ausbau von erneuerbaren Energien, die teurere Variante bleibt. Ausgehend von derzeitigen Standards, ist für die Abtrennung mit Kosten zwischen 35 und 50 Euro pro Tonne CO2 zu rechnen. Dem sind die erheblichen Kosten für den Transport des abgeschiedenen CO2 hinzu zu rechnen, die bei 10 Prozent Kostenanteil für die gesamt CCS-Prozesskette veranschlagt werden müssen. Ähnlich wie beim Atommüll, stellt sich auch für das abgeschiedene CO2, die Endlagerung als Problem dar. Globale Schätzungen zeigen, dass die Potentiale für Endlager zwar beachtlich sind, ein dauerhafter Beitrag zur Lösung des Klimaproblems aber mit Sicherheit nicht zu erreichen ist. Zumindest für Deutschland ist die statistische Reichweite der Lagerungspotentiale auf 30-50 Jahre begrenzt. Zudem liegen keine hinreichenden Erkenntnisse über das Verhalten von CO2 in Untergrundspeichern vor. Die verschiedenen Speicheroptionen unterscheiden sich zum Teil erheblich in Bezug auf ökologische und sicherheitstechnische Aspekte. Keine jedoch mit einem zufriedenstellenden Urteil. Kernargument bleibt aber der ökonomische Vergleich von CCS und erneuerbaren Energietechnologien. Einer konkurrenzfähigen Einführung kommerzieller CCS-Technologie im Jahre 2020 steht eine Reihe von erneuerbaren
Energietechnologien zu vergleichbaren oder günstigeren Konditionen zur Verfügung. Diese kommen zudem ohne fossile Brennstoffträger aus. In allen Wirkungsgraden schneiden EEG-Kraftwerke deutlich besser ab. Mit Erdgas-GuD- (in Kombination mit KWK) und BH27 Kraftwerken sind bereits Technologien im Einsatz, die schon jetzt so umweltfreundlich sind, wie es mit den CCS-Kraftwerken in 2020 erreicht werden soll. Für die 2020 auslaufende Welle des ersten Kraftwerkerneuerungsplans, kommt die kommerzielle CCS-Technologie ohnehin zu spät. Setzt man dagegen politisch konsequent auf erneuerbare Energien, kann die Umsetzung der Energieeinsparpotentiale bei gleichzeitigem Ausbau der erneuerbaren Energien deutlich schneller Beiträge zum Klimaschutz leisten als CCS. Die NATP-Strategie ist mittel- und langfristig die volkswirtschaftlich günstigere Strategie. Auf CCS kann damit verzichtet werden. Additiv dazu halten wir es für sinnvoll, neue Ideen zur CO2 Nutzung als Alternative zur Einlagerung zu entwickeln. Hier gibt es aber einen erheblichen Forschungsbedarf. Besonders
interessant dürfte dabei die Wasserstoffbereitstellung sein, da perspektivisch eine Ergänzung von Biokraftstoffen im Verkehrssektor denkbar ist. Für NRW ist wichtig, z. B. neben der energieproduzierenden Industrie insbesondere die chemische Industrie auf diesem Weg einzubinden. Gerade die chemische Industrie steht am Beginn von weit verzweigten Wertschöpfungsketten. Die durch eine effizientere Produktion erzielbaren Effekte wirken sich auf alle anschließenden Produktionsverfahren und Produkte aus. Die Nutzung von CO2 als Kohlenstoff- Baustein für chemische Produkte, zur Erweiterung der Rohstoffbasis und Verringerung der Abhängigkeit von Erdöl und Erdgas ist aus unserer Sicht ebenso unerlässlich. NRW ist Energie- und Industrieland. Damit wir den notwendigen ökologischen Wandel der Industriezweige vorantreiben können, müssen wir zu einer Kombination von unterschiedlichen Maßnahmen kommen. Hierbei sehen wir durch den ökologischen Wandel keine ökonomische Gefahr für die Industrie und die Arbeitsplätze, sondern sehen vielmehr hervorragenden
Entwicklungs- und Jobchancen in vielfältigen Industrie- und Technologienetzwerken. Deshalb fordern wir Jusos unter Einbindung der gesetzgeberischen Kompetenz von Bund und regulatorischer Verantwortung der EU zur Begleitung unserer bereits beschlossenen ökologischen Forderungen zur CO2-Vermeidung, zum Klimawandel und Energieherstellung (alternative und regenerative Energiequellennutzung):
– verstärkte Forschungs- und Entwicklungsprogramme, Investitionsprogramme zur Einführung von Technologien und Prozessen zur Vermeidung und Verringerung des CO2Ausstoßes
– klare und strikte gesetzliche Vorgaben für alle betroffenen Branchen.
– Maßnahmen zur Unterstützung der Industrie zur Entwicklung innovativer Prozessketten zur Wiederverwendung des ausgestoßenen CO2´s.
– Unterstützung der Branchen beim ökologischen Wandel und der Schaffung von neuen Arbeitsplätzen.
– Abkehr vom Gedanken der CO2-Sequestierung zu Gunsten des Ausbaus erneuerbarer Energietechnologien