Schulsozialarbeit für alle! Flächendeckende Schulsozialarbeit einrichten und sichern

Was bringt Schulsozialarbeit überhaupt?

 Die soziale Arbeit in der Schule, als Arbeit mit SchülerInnen, Lehrenden und Eltern wurde in den 1920er und 1930er Jahren von US-amerikanischen Frauen initiiert. Ihr Ziel war es Kindern aus benachteiligten Familien beim Bildungsaufstieg zu helfen. Das ist ein ursozialistisches Anliegen: Jeder Mensch hat unabhängig von seiner Herkunft das Recht auf die gleichen Chancen. Heute wird Schulsozialarbeit (in Deutschland) von ausgebildeten PsychotherapeutInnen oder SozialarbeiterInnen gemacht (in manchen Bundesländern gibt es zusätzliche Berufe für diesen Bereich). Die Schulsozialarbeit ist dabei immer weniger weg zu denken. Gerade in einem so stark leistungsorientierten Bildungssystem und einer Ellbogengesellschaft bleiben vor allem die Schwächeren auf der Strecke, da es fernab von den individuellen Möglichkeiten der SchülerInnen meist nur noch um gute Noten und schnelle Abschlüsse geht. Für diesen Umstand fordern auch wir Jusos einen stetig stärkeren Fokus der Lehrenden auf pädagogische Arbeit sowie einen kompetenten und lösungsorientierten Umgang mit sozialen Herausforderungen. Doch wir erkennen an, dass LehrerInnen über ihren Lehrauftrag hinaus kaum mit den Problemen der SchülerInnen umgehen können – vor allem aus zeitlichen Gründen. Sicher müssen Lehrkräfte auch heute noch einen größeren Umfang an pädagogischer Kompetenz erlernen (z.B. im Bezug auf Gender-Diskriminierung im Sportunterricht, den kompetenten Umgang mit (Cyber-) Mobbing in der Schule, der sensible Umgang mit Leistungsanforderungen, didaktische Unterrichtsgestaltung, usw. ), dennoch können wir Lehrenden nicht zumuten neben dem bereits hohen lehr-pädagogischen Pensum noch zusätzliche (im Zweifel halbherzige, weil zusätzliche) Arbeitszeit für die Klärung sozialer Probleme hinzunehmen. Die Schulsozialarbeit kann hingegen genau dort ansetzen, wo es am dringendsten nötig ist: Viele Kinder sind in ihren Familien ErstaufsteherInnen und müssen ihren Alltag ohne Unterstützung ihrer Eltern meistern. Viele Erziehungselemente, die vor einigen Jahren noch selbstverständlich waren, werden bzw. können heutzutage von vielen Eltern nicht mehr vermittelt werden. Aus diesem Grund fordern wir Jusos, eine intensivere und qualitativ hochwertige Betreuung von SchulsozialarbeiterInnen in allen Schulformen. Leider werden SchulsozialarbeiterInnen an Schulen eingesetzt, um Anträge im Rahmen des Teilhabepaketes auszufüllen, anstatt intensiv mit den betroffenen Kindern zu arbeiten. Die Jusos sind davon überzeugt, dass der Einsatz der Schulsozialarbeit das Ziel haben sollte, Kinder in ihrer Eigenständigkeit zu unterstützen und im Hinblick auf ihre individuellen Fähigkeiten und Fertigkeiten zu fördern. Ferner müssen frühzeitig Maßnahmen ergriffen werden, um zu verhindern, dass SchülerInnen wegen ihres problematischen Alltags zu Hause Defizite im Verlauf ihrer Schullaufbahn erleiden. Durch Möglichkeiten der Schulsozialarbeit kann dort geholfen werden, wo den Lehrkräften Zeit und bisher auch größtenteils die Kompetenzen fehlen. Für uns Jusos ist das ein Must-Have für ein Bildungssystem der Zukunft.

In einer Bildungslandschaft, wie die in Deutschland, wo zu viel und vor allem zu früh selektiert wird, fühlen sich viele als VerliererInnen. Viele erleben Leistungsdruck direkt von ihren Eltern und durch ihre Lehrkräfte noch direkter und intensiver (z.B. wegen der Ungerechtigkeit der Benotungen). Das führt zu einem erheblichen Selbstvertrauensverlust. Menschen, denen

pausenlos Mängel aufgezeigt werden, können nicht an die eigenen Fähigkeiten glauben. Die Folgen sind gesellschaftlich erzeugte Motivationshürden, Konzentrationsschwächen und Lernblockaden. Dabei geht es nicht um wirkliche Behinderungen im Sinne einer unüberwindbaren Beeinträchtigung (in einer exklusiven Welt), sondern um durch die Bildungslandschaft geformte Hürden. Zum Beispiel reagieren viele SchülerInnen bei ihren ersten Benotungen mit einem schlagartigen Rückzug aus dem Unterrichtsgeschehen, andere wiederrum kompensieren die vermeintlichen Leistungsmängel beispielsweise mit Störungen (der altbekannte Klassenclown). Gerade also in einem Schulsystem wie diesem ist Schulsozialarbeit unverzichtbar. Dies stellen wir fest, ohne unser Ziel einer Schule für alle aus den Augen zu verlieren. Auch hier muss durch Schulsozialarbeit allen am Bildungssystem Beteiligten die Möglichkeit gegeben werden, in ihrem Beruf oder ihrer Bildungslaufbahn mit ihren sozialen Schwierigkeiten zurecht zu kommen. Das ist eine Voraussetzung für einen Bildungsaufstieg. Warum jetzt handeln? Schulsozialarbeit ist aus der Zukunft der schulischen Bildung nicht mehr weg zu denken. Durch das Bildungs- und Teilhabegesetz (BuT) der vergangenen schwarz-gelben Bundesregierung konnte die Schulsozialarbeit von 2011 für 2 Jahre bis Ende 2013 laufen. Allerdings war die damalige Bundesregierung der Meinung in einer apokalyptischen Manier die Schulsozialarbeit nicht weiter finanzieren zu müssen. Auch die Länder haben dieses Thema lange von sich fern gehalten, bis es dann schließlich auf den Schultern der Kommunen fest klebte. Rückblickend ist es inakzeptabel, wie ignorant alle politischen Ebenen den Verlust von tausenden SchulsozialarbeiterInnen hinnahmen. Der Bund war ohne handlungsfähige Regierung in diesem Bereich nicht ansprechbar, das Land verwies auf andere, vermeintlich noch ungenutzte Mittel der Kreise und kreisfreien Städte, diese wiederum behielten dieses Geld in einigen Fällen selbst und alle weiteren Kommunen standen nun vor der Entscheidung: Sollen wir trotz schlechter Kassenlage eine neue freiwillige Leistung übernehmen? Glücklicherweise haben viele Kreise, Städte und Kommunen trotz der ungünstigen Lage diese Fragen bejaht. Das hat nicht nur viele Arbeitsplätze gerettet, sondern auch viele Schulen ein bisschen besser gemacht für viele Beteiligte. Dennoch bleiben einige Kommunen, die für ihre Schulen keine Schulsozialarbeit mehr haben und dass wir auch in dieser Frage noch auf einem Niveau diskutieren, das eine flächendeckende und akzeptierte Schulsozialarbeit noch nicht zulässt. Da müssen wir deutlich weiter gehen. SchulsozialarbeiterInnen müssen Zeit haben für ihre KlientInnen und müssen ein Angebot an alle sein, vertrauenswürdig mit ihnen zu sprechen. Dafür brauchen sie Zeit, Geld und Akzeptanz. Wie also Schulsozialarbeit gestalten? Nicht immer muss das Rad neu erfunden werden. Durch die bereits aktiv gewesene Schulsozialarbeit lässt sich die Frage nach dem „wie“ einfacher gestalten. In den Jahren von 2011 bis 2013 haben SchulsozialarbeiterInnen in den Schulen Deutschlands sehr gute Arbeit geleistet. Aber auch vorher haben Kommunen und Kreise gelegentlich Schulsozialarbeit angeboten.

Dabei fällt durchweg auf, dass Schulsozialarbeit vor allem an Hauptschulen statt fand. Im Blick auf den Bildungsaufstieg als Ziel der Schulsozialarbeit wäre das zwar der richtige Schluss, dennoch ist Schulsozialarbeit an allen anderen Schulformen genauso unerlässlich. Auf jeder Schulform kämpfen Schulen mit Leistungsdruck, Mobbing, mit schwierigen Lernbedingungen für SchülerInnen, mit überforderten Lehrkräften oder mit aufmüpfigen Eltern. Schulsozialarbeit ist also für alle Schulformen notwendig. SchulsozialarbeiterInnen brauchen vor allem Zeit. Zeit um sich mit den KollegInnen auszutauschen (im sozialen Bereich ist Reflexion & Supervision unheimlich wichtig), Zeit um sich mit den SchülerInnen auseinanderzusetzen, Zeit um die Lehrkräfte unterstützen zu können oder Zeit um Gespräche mit Eltern zu führen. Das kann vor allem dadurch gewährleistet werden, dass Schulsozialarbeitende flächendeckend und ausreichend eingesetzt werden. Um ausreichend Arbeitsplätze anbieten zu können ist es selbstverständlich, dass es ebenfalls ausreichend Ausbildungs- und Studienplätze für die Schulsozialarbeit geben muss. SozialarbeiterInnen sind auch ArbeitnehmerInnen Die Schulsozialarbeit muss nicht nur strukturell besser finanziert werden, sondern auch die einzelnen ArbeitnehmerInnen müssen gerecht finanziert werden. Zum einen brauchen sie ausreichende Mittel für ihre Arbeit, damit sie ihre Beratungs- und Hilfsangebote auch materiell gut genug ausstatten können – auch ein ausreichendes räumliches Angebot ist für eine effektive Schulsozialarbeit unabdingbar. Der Beruf der/des SchulsozialarbeiterIn muss attraktiv sein. Es ist ein Beruf der mit persönlichen Belastungen verbunden ist und mit besonderem Zeitaufwand – es muss sich lohnen sich für die Schulsozialarbeit einzubringen. Auch mit Blick auf die Arbeitszeiten von SchulsozialarbeiterInnen fällt auf, dass das Verhältnis zwischen Teilzeit-, und Vollzeit-SchulsozialarbeiterInnen sich zugunsten des Teilzeit-Bereiches verlagert hat. Dabei ist ein Grund, dass oftmals eine Kraft mit zwei Teilzeit-Stellen betraut wurde, statt eine Vollzeit-Stelle zu bekommen – damit konnten zwei Schulen mit einem/r SchulsozialarbeiterIn abgedeckt werden. Ohne den Teilzeit-Bereich bei der Schulsozialarbeit abzuwerten muss es gewährleistet werden, dass SchulsozialarbeiterInnen sich auf ein Schulumfeld einstellen können und sich auf die dortige Situation konzentrieren können. Eine Überlastung der Schulsozialarbeit ist das letzte, was das gegenwärtige Bildungssystem benötigt.

 

Raus mit der Kohle!

 Damit Schulsozialarbeit funktioniert braucht es Geld. Für uns gilt an dieser Stelle klar das Konnexitätsprinzip – „Wer bestellt, die/der zahlt!“. In diesem Fall hat die Bundesregierung Merkel II dieses Programm aufgelegt und es nach 2 Jahren den Ländern, Kreisen und Kommunen aufdrücken wollen. Auch die aktuelle Bundesregierung kann sich hier nicht aus der Verantwortung ziehen – das Geld muss fließen. Eine strukturelle Null im Bundeshaushalt hilft niemandem. Die Bundesregierung muss mehr investieren. Wir fordern, das Kooperationsverbot aufzuheben, um die nötigen Mittel freizusetzen. Die SPD Bundestagsfraktion soll die vorhandenen Mehrheiten im Bundestag für diese Gesetzesänderung nutzen um die Kommunen damit direkt zu entlasten.