Selbstbestimmung statt Gängelung – wir stehen für ein emanzipatorisches Bildungsideal in der Hochschullandschaft in NRW!

„Hochschulfreiheitsgesetz“ – so nennt Schwarz-Gelb seinen hochschulpolitischen Roll-Back. Mit der Novelle des Hochschulgesetzes in NRW erhält der „Muff unter den Talaren“ wieder Einzug in die Hochschulen in NRW. Eine demokratische und gleichberechtigte Mitbestimmung von Studierenden in den Gremien der akademischen Selbstverwaltung ist künftig nicht mehr vorgesehen, die Selbstbestimmung über den Verlauf des Studiums wird stark eingeschränkt und für den Zugang zum Studium werden unnötige Hürden aufgebaut. Zeit festzuhalten, welche Grundlagen es aus studentischer Perspektive für eine Hochschule der Zukunft braucht.

Anwesenheitspflichten? Studier‘ doch wie du willst!

Anwesenheitspflichten stehen in einem grundlegenden Widerspruch mit unseren Vorstellungen von einem freien und selbstbestimmten Studium. Und auch wenn wir praktisch denken sind sie unvereinbar mit den heutigen Lebensrealitäten von Studierenden. Durch Anwesenheitspflichten werden Studierende, die Angehörige pflegen, Kinder haben, anderweitig in Care-Arbeit eingebunden sind oder zur Finanzierung ihres Studiums berufstätig sein müssen, massiv in ihrer Lebensgestaltung eingeschränkt. Auch unsere ehrenamtlichen Aktivitäten lässt ein Studium mit Anwesenheitspflichten kaum zu. Aber insbesondere Studierenden mit chronischen Erkrankungen und/oder Beeinträchtigungen werden durch Anwesenheitspflichten Hürden in den Weg gelegt, was angesichts unserer Forderung nach einem inklusiven und gerechten Studium nicht hinnehmbar ist.
Das Argument, Anwesenheitspflichten seien Voraussetzung, dass an den Hochschulen wieder qualitative Lehre gewährleistet werden kann, dürfen wir nicht gelten lassen. Denn die Tatsache, dass durch eine mangelnde Ausfinanzierung des Hochschulsektors die didaktische Qualität vieler Lehrveranstaltungen zu wünschen übrig lässt, verändert sich nicht, wenn man Studierende an den Hörsaal kettet. Dafür müssen die Möglichkeiten der Digitalisierung umfänglich ausgeschöpft werden, um physische Anwesenheit in Lehrveranstaltungen wo möglich der Vergangenheit angehören zu lassen. Weiterhin brauchen wir eine Investitionsoffensive in der Lehre, um echte Anreize zur Teilnahme an Seminaren und Vorlesungen zu schaffen und durch eine Verbesserung der Betreuungsrelationen das Verhältnis zwischen Lehrenden und Studierenden wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Dazu gehört auch, die Arbeitsbedingungen des akademischen Mittelbaus realistisch zu betrachten und den prekären Arbeitsverhältnissen von Nachwuchswissenschaftler*innen an den Lehrstühlen ein Ende zu bereiten.

Freie Entfaltung statt Erfolgsdruck durch Regelstudienzeiten!

Der Bologna-Prozess hat das Studium stark verschult und zwängt Studierende in ein enges Korsett. Deshalb gilt es nicht nur verbindlichen Studienverlaufsvereinbarungen, mit denen Hochschulen über das Studium wachen sollen, eine Absage zu erteilen, sondern auch die Regelstudienzeit nicht weiter als Gradmesser für Studienfähigkeit und -erfolg zu betrachten. Wenn das BAFöG gestrichen wird, weil der Fortschritt des Studiums nicht dem festgelegten Studienverlaufsplan entspricht, wird auf Studierende nicht nur sozialer, sondern auch finanzieller Druck aufgebaut. Wir wollen ein Studium, in dem jede*r Einzelne sich frei entfalten kann und das Raum für Engagement in und außerhalb des Hochschulalltags lässt. Dieser Faktor lässt sich nicht in Credit-Points messen. Das Studium muss sich an die Lebensrealitäten der Studierenden anpassen, nicht umgekehrt!

Echte Mitbestimmung für eine demokratische Hochschule!

Die demokratische Hochschule ist für uns nicht irgendein Buzzword. Unserem Bildungsideal ist die Mitbestimmung von Studierenden in den Gremien der akademischen Selbstverwaltung immanent. Wir werden nicht hinnehmen, dass Studierende als Statusgruppe zweiter Klasse angesehen werden. Ob in Senat oder Kommissionen: die Stimmen von Studierenden müssen dasselbe Gewicht haben, wie die der Professor*innen, wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen oder den in der Verwaltung tätigen Menschen. Dafür müssen diese Gremien ausnahmslos paritätisch besetzt werden. Auch in den Entscheidungen des Rektorats brauchen Studierende über einen studentischen Prorektor Mitspracherecht. Entscheidungskompetenzen dürfen zudem nicht aus demokratisch legitimierten Gremien in extern besetzte Runden wie den Hochschulrat wandern.

Frauen an die Lehrstühle!

Ist während des Studiums das Verhältnis zwischen Männern und Frauen noch weitestgehend ausgeglichen, nimmt dieses Gleichgewicht in der weiteren akademischen Laufbahn des akademischen Betriebes sukzessive ab. Unter Professor*innen machen Frauen lediglich einen Anteil von 30% aus, bei C4-Professuren sind es gar nur noch 10%. Vor allem in den MINT-Fächern ist die Dominanz von Männern allgegenwärtig und in Forschungseinrichtungen wie dem Frauenhofer-Institut liegt der Anteil von Frauen in Leitungspositionen im unteren einstelligen Prozentbereich. Auch wenn sich in den vergangenen Jahren Besserung abzeichnete, müssen Maßnahmen zur Förderung von Frauen in der Wissenschaft viel intensiver verfolgt und finanziell unterstützt werden. Dazu gehören Mentoringprogramme und Karriereberatungsstellen für Frauen auf dem wissenschaftlichen Berufsweg. Des Weiteren muss unser Ziel eine Frauenquote von mindestens 50 Prozent unter den Berufungen sein, um bestehende Chancenungleichheiten zu bekämpfen. Familienzeiten dürfen Bewerber*innen unter keinen Umständen benachteiligen. Außerdem muss der Einfluss von Frauen*beauftragten und Gleichstellungbeauftragten gestärkt werden. Auch gilt es insbesondere für Frauen in allen Beschäftigungsberiechen mehr unbefristete Stellen mit flexiblen Arbeitszeiten und eine verlässliche Kinderbetreuung an den Hochschulen zu schaffen. Der Kreislauf von Männern, die, wie hinreichend belegt, vor allem Männer fördern, muss durchbrochen werden.

Gemeinsam gegen den Rückschritt – Für ein selbstbestimmtes Studium!

Die Entwicklungen in NRW führen uns alarmierend vor Augen, dass Errungenschaften von Selbstbestimmung und demokratischen Mitspracherechten keine Bestandsgarantie haben und im Angesicht konservativer Kräfte schnell zur Disposition gestellt werden. Gerade in diesen Zeiten ist es wichtig, dass wir unsere Ideale eines offenen, selbstbestimmten und emanzipatorischen Studiums hochhalten. Dabei suchen wir immer auch den Schulterschluss zu unseren Bündnispartner*innen wie Gewerkschaften oder anderen Studierendenverbänden. Wir kämpfen gemeinsam für ein gutes Studium für alle!