Antisemitismus und (Anti-)Feminismus

Dass wir Jusos uns als feministischer Verband auch mit den unschönen Seiten des feministischen Diskurses auseinandersetzen müssen, gehört dazu. In der Vergangenheit haben wir die Exkludierung von Women of Color und der LGBTQIA*-Community im Feminismus diskutiert, eine Perspektive wurde jedoch auch vernachlässigt: Der Antisemitismus des Feminismus. Eine Auseinandersetzung mit eben diesem ist jedoch unabdingbar. Politik, die zwar für Gleichstellung und das Ende des Patriarchats eintritt, gleichzeitig jedoch antisemitische Ressentiments schürt, darf von uns nicht mitgetragen und kritiklos hingenommen werden. In der politischen Linken ist der Diskurs zum Nahost-Konflikt in zwei Lager geteilt. Diese Perspektiven haben selbstverständlich auch Auswirkungen auf den Feminismus, als Teil des Linken Diskurses. Als politische Kraft ist es viel mehr unsere Aufgabe diese antisemitischen Strukturen und Tendenzen aufzudecken und zu bekämpfen. Zunächst bildet dieser Antrag insofern einen Aufschlag der Kritik am Antisemitismus des Feminismus.

Sinnvoll ist aber auch die Auseinandersetzung mit der ideologischen Verflechtung von Antisemitismus und Antifeminismus, wie sie vor allem in rechten Strukturen stattfindet. Auch diesem Anliegen will der vorliegende Antrag gerecht werden, indem er die Anschlussfähigkeit und das Mobilisierungspotential von rechten Gruppen anhand antisemitischer und antifeministischer Ressentiments aufzudecken versucht.

Die Debatte um Antisemitismus im Feminismus und die Verquickung von Antisemitismus und Antifeminismus muss immer von uns Jungsozialist*innen bespielt werden. Denn unser Kampf um die Gesellschaft der Freien und Gleichen beinhaltet neben dem feministischen, immer auch den Kampf gegen jeden Antisemitismus! Der vorliegende Antrag behandelt beide Themenfelder in einem, denn Antisemitismus stellt eine Ideologie dar, die Anschluss in allen politischen Debatten findet, ebenso wie der Feminismus. Dass antisemitisches Denken und Handeln also auch im Zusammenhang mit (Anti-)feminismus stehen kann, ist keine revolutionäre Erkenntnis, wohl aber eine notwendige.

Zum Antisemitismus im Feminismus 

Wider die Kritiklosigkeit!

Natürlich spielt für uns Theoriearbeit eine wichtige Rolle. Um unseren jungsozialistischen Feminismus zu verorten und an der politischen, wie zivilgesellschaftlichen Debatte kompetent Teil haben zu können, reicht es für uns nicht, die leere Forderung nach dem Ende des Patriarchats zu stellen. Wir Jusos haben eine detaillierte Vorstellung davon, wie dieses Ziel genau zu erreichen ist und scheuen uns in diesem Zusammenhang auch nicht davor die Auseinandersetzung mit feministischer Theorie zu suchen. Für uns ist das Spannungsfeld des materialistischen Feminismus, des intersektionalen Ansatzes und des Queerfeminismus nicht abschreckend, sondern eine Chance. Teil unseres Bildungsauftrags ist auch immer, diese beiden, für den Feminismus so wichtigen Theorien, ständig neu zu diskutieren und die für uns wichtigsten Punkte in unsere politische Arbeit einfließen zu lassen. Der vorliegende Antrag versteht sich explizit nicht als Positionierung innerhalb dieses Spannungsfeldes. Vielmehr möchte er den Umgang auch unseres Verbandes mit antisemitischen Feminist*innen und ihrer (theoretischen sowie aktivistischen) Arbeit in die Debatte einfügen.

Gerade im Queerfeminismus sind antisemitische Stimmen laut. Kritik an diesem antisemitischen Aktivismus ist zwar nichts neues, wird aber häufig abgetan. So bezeichnete etwa Aleida Assman Vorwürfe gegen Judith Butler, Begründerin der Queertheorie, als “Nebelbombe” [1]. Diese Nebelbombe solle dabei lediglich verhindern, die Probleme, die Butler mit ihrer Theorie aufwirft, zu diskutieren. Schnell entkräften lässt sich dieser Vorwurf insofern er selbst die mangelnde Kritikfähigkeit der betreffenden Personen offenbart und eben nicht aus antifeministischer Richtung gestellt wird, wie es etwa Assman impliziert.

Auch das Argument, jüdische Feminist*innen wie Butler könnten nicht antisemitisch sein, kann keine adäquate Antwort auf den Antisemitismusvorwurf sein. Genauso wie Menschen mit Migrationsgeschichte rassistisch und Frauen* [2] sexistisch agieren können, können jüdische Menschen antisemitische Argumentationsmuster bedienen. Auch die Sichtweise, emanzipatorisches Engagement sei unvereinbar mit Antisemitismus offenbart sich als substanzlos, betrachtet man Feminist*innen wie Angela Davis, die sich wiederholt gegen das Existenzrecht Israels positioniert und dies dabei immer mit ihrer Solidarität mit Palästinenser*innen begründet und zu rechtfertigen versucht.

Häufig angebracht, aber niemals richtig, kann ebenso die Anmerkung sein, dass die deutsche Linke eine Ohnmacht gegenüber Israel entwickelt habe, und zwar aufgrund der deutschen Schuld, der Shoah. Laurie Penny etwa brachte dieses Argument an, um auf Vorwürfe aufgrund ihrer Solidarität mit der BDS (Boycott, Divestment and Sanctions) Bewegung zu reagieren. Von einer solchen Ohnmacht kann jedoch auf keinen Fall die Rede sein. Nicht nur, dass sich auch in der deutschen Linken antisemitische und antiisraelische Ressentiments und Politiken en mass finden. Darüber hinaus ist legitime Kritik an einzelnen israelischen Politiker*innen und Politiken mit Nichten gleichzusetzen mit Antizionismus und Antisemitismus, wie ihn Aktivist*innen wie Penny und Butler betreiben. Die Vorstellung vieler antisemitisch aktiver Feminist*innen beruht auf der Einstellung, Feminismus müsse immer denen helfen, die unterdrückt werden, wie bspw. Frauen* im Patriarchat. Diese Vorstellung wird häufig unterkomplex auf den Nahostkonflikt übertragen und die Palästinenser*innen als die Unterdrückten gegenüber den Israelis wahrgenommen. Aus dieser Wahrnehmung speist sich häufig dann das Engagement in der BDS Bewegung.

Unsere jungsozialistische Position muss sein, dass auch Glanzfiguren des feministischen Diskurses nicht erhaben gegen jedwede Kritik sein können, nur weil sie mit ihren feministischen Theorien neue Maßstäbe im Kampf gegen das Patriarchat setzen. In diesem Zusammenhang ist auch ein kritischer Umgang mit den führenden Aktivist*innen des Women’s March aus den USA angebracht: Die Feminist*innen Linda Sarsour, Carmen Perez und Tamika Mallory unterstützen den BDS, zeigten sich wiederholt nicht gewillt, sich von diesem zu distanzieren und pflegen Verbindungen mit dem Antisemiten Louis Farrakhan. Ein Kampf um Gleichberechtigung, der Jüd*innen ausschließt, ist kein solidarischer, also auch kein jungsozialistischer. Diese Kritik zeigt dabei ganz deutlich: Nicht nur in der feministischen Theoriearbeit ist eine Auseinandersetzung mit Antisemitismus nötig, auch in Bündnissen. Dabei finden sich antisemitische Tendenzen und Akteur*innen nicht nur im US-amerikanischen Aktivismus. Auch breite zivilgesellschaftliche Bewegungen und Bündnisse in Deutschland wie #Ausnahmslos und Unteilbar müssen sich dieser Kritik ausgesetzt sehen.

Antizionismus ungleich Antisemitismus?

Nicht nur im Umgang mit dem Vorwurf des Antisemitismus im Feminismus kommt häufig die Erklärung auf, es handele sich nicht um Antisemitismus, sondern lediglich um Antizionismus und damit ‘legitime Israelkritik’. Doch was impliziert diese Abgrenzung des Antisemitismus zum Antizionismus als ‘legitime Kritik’ am State Israel? Vor allem, dass eine Unterstützung einer Kampagne wie der BDS Bewegung, wie sie Butler, Sarsour, Penny und co. betreiben, ‘legitim’ und damit nicht zu kritisieren sei. Dass wir Jusos den BDS jedoch als zutiefst antisemitisch identifiziert haben, ist keine neue Erkenntnis. Unvereinbar ist für uns eine Solidarität mit dem BDS und unserer Solidarität mit Israel. Eine Bewegung die öffentlich das Existenzrecht des einzigen jüdischen Staates und der einzigen Demokratie im Nahen Osten abspricht, ist niemals ‘legitim’. Wer auch immer die Augen davor verschließt, akzeptiert wissentlich eine Bewegung, deren Aktivist*innen sich immer wieder in Vernichtungsphantasien gegenüber Israel und dem Judentum verlieren.

Auch jenseits des BDS muss man antisemitische Ideologie von Kritik an einzelnen israelischen Politiker*innen und Politiken abgrenzen. Eine ‘Kritik’, die sich pauschal gegen Jüd*innen oder Israel richtet, ist weder fundiert noch kann sie sich dem Antisemitismusvorwurf erwehren. Deutlich wird, dass es sich bei den in diesem Antrag kritisierten Feminist*innen eben nicht nur um legitime Kritiker*innen des israelischen Staates handelt, wenn man bedenkt wie sie diese Kritik formulieren und wie sie sich für Kritik an anderen Staaten einsetzen. Zu letzterem Punkt fällt vor allem auf: Dies tuen sie entweder gar nicht oder in einer anderen Vehemenz. Die ‘Kritik’, wie sie am israelischen Staat angebracht wird, wird mit den Rufen nach Boykott, Deinvestment und Sanktionen in einer Schärfe vorgebracht, wie sie sich so in Bezug auf keinen anderen Staat wiederfindet. Wenn diese ‘Kritik’ dann auch noch Israel ähnliche Taten, wie die Grausamkeit der Shoah vorwirft, ist sie erst recht nicht legitim. Niemals kann eine Barbarei wie die Shoah Vergleich für Ereignisse im Nahostkonflikt sein, stellt diese Art der Kritik doch immer eine Relativierung eben dieser dar.

Die Feminist*in von der Aktivist*in trennen?

Dem Argumentationskniff, Feminist*innen von ihrem sonstigen politischen Engagement und Standing zu trennen, ist eine klare Absage zu erteilen! Als Feminist*in ist man immer Aktivist*in und zwar im gesamtgesellschaftlichen Sinne, denn der Feminismus ist ein Querschnittthema, das Anschluss in jedem anderen politischen und gesellschaftlichen Diskurs findet und auch finden soll. Außerdem stellen gerade feministische Größen wie Butler oder die Popfeministin Penny, Personen mit großer öffentlicher Beachtung dar. Jedwedes andere aktivistische Engagement, das vermeintlich nicht unter der Flagge des Feminismus geführt wird, ist untrennbar mit der Person, also dem*r Feminist*in verbunden. Die Öffentlichkeit, die gerade prominente und im (feministischen) Diskurs gefeierte Akteur*innen erhalten, erhalten sie zwangsläufig auch in ihrem antisemitischen Aktivismus.

Unsere jungsozialistische Kritik am antisemitischen Feminismus

Unsere Analyse der antisemitischen Strukturen und Tendenzen im Feminismus geht unseren Forderungen voraus:

  • Für uns stellt der Antisemitismus einen integrierenden Faktor in der antikapitalistischen, sowie feministischen Szene dar. Kämpfer*innen gegen diesen Antisemitismus befinden sich zumeist in der Unterzahl und sehen sich unfundierter Gegenkritik ausgesetzt. Wir Jusos stellen uns als Teil dieser Kämpfer*innen solidarisch an ihre Seite. Dabei zeigen wir uns ebenso solidarisch mit jüdischen Feminist*innen, die sich israelsolidarisch engagieren. Judith Butler und Laurie Penny sind bei weitem nicht die einzigen Jüd*innen im feministischen Diskurs, häufig aber die einzigen, die genannt werden. Dass sie Jüd*innen sind, ist aber vor allem immer dann von Bedeutung für den Diskurs, wenn es darum geht, Kritik an ihrem Antisemitismus, abzuwehren. Für uns ist klar: Zionismus und auch das Judentum sind mitnichten unvereinbar mit dem Feminismus. Das zeigen uns jüdische Feminist*innen wie Debora Antmann.
  • Unser feministischer Kampf ist immer der Kampf um die Gesellschaft der Freien und Gleichen. Dabei denken wir immer das Engagement gegen jeden Antisemitismus mit. Deshalb ist für uns kein unreflektiertes Nutzen von feministischen Texten und Positionen von bekannten antisemitischen Feminist*innen möglich. Antisemit*innen, BDS-Aktivist*innen und jene, die sich hinter dem Argument des Antizionismus verstecken, können nicht Teil unseres feministischen Kampfes sein. Natürlich wollen wir nicht den Eindruck erwecken, dass wichtige emanzipatorische Arbeit wie die von Angela Davis, oder aber die Queertheorie von Judith Butler bei unserer (feministischen) Bildungsarbeit in Zukunft außen vor gelassen werden, wenn jedoch Texte von Antisemit*innen genutzt werden, dann soll dies immer mit einer gleichzeitigen Auseinandersetzung ihres antisemitischen Aktivismus passieren.
  • Scharf weisen wir Kritik wie die der “Nebelbomben”-Argumente zurück. Unser Kampf gegen das Patriarchat ist für uns immer ein solidarischer, jedoch nicht mit beinharten Antisemit*innen, die sich jeder Kritik verweigern. Wohl aber mit jenen, die sich in Bündnissen einbringen, die zwar kein antisemitisches Programm verfolgen, in denen sich aber auch Antisemit*innen einbringen. So zum Bsp. #Unteilbar. In diesen Bündnissen wollen wir uns soweit es möglich ist einbringen, auch um die Kritiker*innen und das Sprachrohr zu sein, das den Antisemitismus im Feminismus anspricht und nicht müde wird, dies zu tun. Teil dieses Auftrags ist natürlich auch unsere Bildungsarbeit, die in der feministischen Debatte immer auch die Solidarität mit Israel und Jüd*innen mitdenken muss.
  • Doch wie kann die Zusammenarbeit mit Bündnissen, die für Emanzipation eintreten, die jedoch Antisemit*innen in ihren Reihen zu ihren Unterstützer*innen zählen, aus jungsozialistischer Sicht aussehen? Wichtig ist, sich in diesem Zusammenhang nicht durch die Angst vor dem Ende solcher Bündnisse allein leiten zu lassen. Vielmehr muss es darum gehen, dass ein Konsens gefunden wird, mit dem alle Akteur*innen leben können und der die gemeinsame Arbeit zu einem übergeordneten Thema ermöglicht, ohne dass dabei antisemitische Ideologie reproduziert wird. In vielen Bündnissen bereits durchgesetzt, sind dabei Kompromisse wie die Einigung, auf den Einsatz von Nationalflaggen auf Demos zu verzichten. Mit solchen Kompromissen können wir leben, insofern sie für alle in gleichem Maße gelten, nicht jedoch, wenn sie sich bspw. nur auf die israelische Flagge beziehen.

Zum Zusammenspiel von Antifeminismus und Antisemitismus

Die Antisemitische Ideologie

Angriffe auf Jüd*innen, Synagogen und jüdische Einrichtungen häufen sich. Nicht erst seit dem Anschlag in Halle sollte klar sein: Jüdisches Leben ist (in Deutschland) bedroht, Jüd*innen erfahren Anfeindungen und Diskriminierung alltäglich. Dass es der Staat dabei nicht ausreichend schafft, dem erfolgreich entgegenzuwirken, ist ein Armutszeugnis. Dass die Angriffe dabei zu einem großen Teil von rechts kommen, könnte Teil des Problems sein. Schon lange kritisieren wir Jusos, dass der Verfassungsschutz, wie auch die Polizei die Gefahr von rechts mit dem Argument der linksextremen Gewalt wiederholt relativieren. Das blinde rechte Auge ist dabei auch in der Gesellschaft verbreitet. Dem stellen wir Jungsozialist*innen uns deutlich entgegen!

Mit dem Verschieben des politischen, sowie gesellschaftlichen Diskurses nach rechts entstand auch eine verschärfte Bedrohungssituation für Jüd*innen. Denn die antisemitische Ideologie ist noch immer Grundstruktur und integrierender Punkt für rechte Strukturen. Dabei bedienen sich rechte Akteur*innen jedoch auch Rassismus und Antifeminismus und erzeugen so Synergieeffekte, die letzten Endes alle dazu führen, die antisemitische Ideologie weiter zu verbreiten.

Rassismus und Antifeminismus als Anknüpfungspunkt

Bei Rechtsextremist*innen wie aus Halle, Christchurch oder Oslo findet sich immer wieder ein ganz bestimmtes ideologisches Netz, welches aus Antisemitismus, Antifeminismus und Rassismus geknüpft wird. Gehandelt wird gemäß der Vorstellung, der Feminismus sei eine Erfindung des Weltbeherrschenden Judentums und führe dazu, dass die Geburtenrate in der westlichen Welt zurück gegangen sei. Dadurch käme es folglich zur ‘Umvolkung’ durch Migrant*innen. Deutlich wird in dieser perfiden Verschwörungserzählung vor allem eins: Antifeminismus und Rassismus werden benutzt um antisemitisches Denken zu begründen. Der Kampf gegen Antisemitismus muss also auch immer ein Kampf gegen rechts sein.

Interessant in diesem Zusammenhang ist jedoch die Erkenntnis, dass auch der Kampf gegen Antifeminist*innen Potenzial für den Kampf gegen Antisemit*innen sein kann, bedenkt man, dass beides in Kombination auftreten kann. Besonders bei den sogenannten INCELS (involuntary celibate) trifft Frauen*hass auf Antisemitismus und Rassismus. In der Bewegung wähnen sich Männer* in der Vorstellung, sie hätten einen Anspruch auf sexuelle Befriedigung durch Frauen*, der ihnen unrechtmäßig verwehrt bliebe. Der Hass auf Jüd*innen und auch Menschen mit Migrationsgeschichte ist dabei auch kein seltenes Phänomen. Besonders in Internetforen tauschen sich die INCELS aus und stacheln sich gegenseitig auf. Immer wieder verüben Mitglieder dieser eingeschworen Gemeinschaft auch Angriffe auf die Gesellschaft, motiviert durch Frauen*hass und Antisemitismus.

Der instrumentalisierte Feminismus – Die neue rechte Methode

Besonders die Neue Rechte bedient sich einem Antifeminismus, der ihren Antisemitismus und Rassismus verschleiern soll und so ihr Mobilisierungspotential erhöht. Kampagnen etwa der Identitären Bewegung, die den Schutz von ‘deutschen’ Frauen* fordern, sind dabei angeblich feministische Aktionen, die in Wahrheit jedoch aus rassistischen und antisemitischen Ressentiments heraus verübt werden. Diese Aktionen als das zu enttarnen, was sie eigentlich sind, ist Aufgabe von uns Jusos. Wenn einzelne Gruppen sich zusammenschließen, weil sie durch ihren gemeinsamen Antifeminismus, Rassismus und vor allem Antisemitismus gemeinsame programmatische Aufstellung beziehen können und so auch in der Gesellschaft eine breitere Zustimmungsfläche darstellen, muss es die politische Linke sein, die diese ganz spezielle Gefahr des rechten Spektrums enttarnt und bekämpft. Dass der Feminismus dabei nur als Mittel zum Zweck gesehen und genutzt wird, um Antisemitismus und Rassismen zu verbreiten, wird unserer jungsozialistischen Idee eines solidarischen und inklusiven Feminismus nicht gerecht.

Unser Umgang

Unsere Forderungen im Angesicht von Synergien durch die Vermischung von Antisemitismus, Rassismus und Antifeminismus lauten daher:

  • Wir erkennen die antisemitische Ideologie der Rechten und unser Kampf gegen sie richtet sich immer auch gegen ihren Antifeminismus und Rassismus. Unser Feminismus ist immer ein inklusiver und versteht sich exklusiv als Gegenangebot zum rechten Diskurs und rechten ‘Feminismus’!
  • Wir wollen die vollumfängliche ideologische Färbung rechter Gewalt stärker in unsere Öffentlichkeitsarbeit aufnehmen. Wenn Akteur*innen der inneren Sicherheit diese Aufgabe nicht wahrnehmen, dann wollen weiterhin auf die Wichtigkeit dieser Aufgabe pochen. Deshalb setzen wir uns dafür ein, das Wissen um die vermehrten antisemitischen Angriffe in der Gesellschaft zu erweitern und wollen wo auch immer wir können über das Zusammenspiel von Antisemitismus, Antifeminismus und Rassismus aufmerksam machen.
  • Antisemitisch motivierte Straftaten werden aus verschiedenen Gründen nicht ausreichend durch Statistiken erfasst. Unteranderem ist ein Problem, dass bei Mehrfachdelikten nur der Delikt mit der höchsten Strafandrohung in die Statistik aufgenommen wird. Ebenso ist in der Praxis ein häufiges Problem der zeitliche Aufwand, den die Registrierung einer Straftat im System für Polizeibeamt*innen bedeutet. Aus praktischen Gründen wird dann schon mal darauf verzichtet, sämtliche Facetten eines Falls aufzunehmen. In der Tendenz werden dann offensichtliche (sichtbare) Merkmale registriert, auf den ersten Blick vielleicht nicht sichtbare Merkmale wie Antisemitismus eher nicht. Dadurch entsteht ein extrem verzerrtes Bild. Es liegt in unserem Interesse das Ausmaß der antisemitischen Straftaten besser zu erfassen. Eine Möglichkeit dies in Zukunft besser zu tun ist beispielsweise alle bekannten Delikte aufzunehmen, auch jene, die bisher gestrichen werden, weil es sich um Mehrfachdelikte handelt.

Gemeinsam wollen wir diskutieren, wie Internetforen wie die der INCELS in Zukunft besser kontrolliert und geschlossen werden können. Dabei geht es keineswegs um eine Zensur, sondern schlicht und ergreifend darum, das Internet nicht zu einem rechtsfreien Raum werden zu lassen, wenn es um antisemitische, rassistische und antifeministische Äußerungen und Aufrufe geht.


[1] https://taz.de/!5084212/

[2] Mit * sind alle gemeint, die sich von der binären Einteilung nicht repräsentiert fühlen und das Gefühl haben mit der binären Bezeichnung ‚Frau‘ nicht getroffen zu werden.