Wider die antisemitische Querfront!

In diesem Antrag geht es ausdrücklich nicht um eine Bewertung des Gaza-Krieges im Jahr 2014. Stattdessen wollen wir uns mit den Auswirkungen des Krieges bei uns vor Ort beschäftigen. Unter dem Deckmantel von Friedensdemonstrationen wurde auch hier in NRW antisemitischem Gedankengut Raum geboten. Auch in NRW gab es Friedensdemonstrationen, die von manchen Teilnehmer*innen als Deckmantel für antisemitisches Gedankengut genutzt wurden. Das schließt auch Gruppen und Parteijugenden ein, die sich fortschrittlich und links nennen.

Wir verurteilen diese Demonstrationen auf das Schärfste. Wir sprechen an dieser Stelle eine harte Rüge aus für unsere vermeintlichen Genoss*innen, die unter der Flagge des Sozialismus gegen Jüd*innen wettern. Eine solche teils unterschwellige antisemitische Haltung im linken Lager gilt es zu verurteilen und aus unseren Reihen zu verbannen. Wir fordern daher jene angeblich fortschrittlichen Organisationen auf, sich klar von ihren Taten zu distanzieren. Für uns steht auch in Zukunft fest: Antisemit*innen sind weder unsere Genoss*innen, noch unsere Partner*innen.

Der Antisemitismus in der deutschen Linken kommt dort nicht zufällig vor. Er ist verwurzelt in einer verkürzten Kapitalismuskritik. Die sozialen Probleme unserer Gesellschaft sind nicht nur durch Einzelne, sondern durch das Verwertungssystem des Kapitalismus verursacht. Der Antisemitismus ist eine wahnhafte Reaktion auf diese Verhältnisse, die die Widersprüche und Unannehmbarkeiten der kapitalistischen Verwertungslogik bei Einzelnen und nicht im System selber sucht – damit erfüllt der Antisemitismus aber selbst wiederum eine wichtige Rolle im Kapitalismus. Auf das Beispiel Israels bezogen: Israel agiert im Rahmen der Spielregeln unter den Industriestaaten dieser Welt, im kapitalistischen System. Dieses System mit all seinen vielen Schattenseiten ist deshalb zu kritisieren. Kritik, die nur einzelne Player*innen des Systems als Schuldige ausmacht, gerät uns zu kurz. Sie ist mit den Grundsätzen einer linken, toleranten und offenen Gesellschaft nicht vereinbar. Wir fordern außerdem eine strukturierte Aufklärung, um den wieder stärker aufkeimenden Antisemitismus zu bekämpfen. Die heute in den Schulen und in der offenen Jugendarbeit verrichtete Aufklärungsarbeit hat in Teilen versagt. Die Aufklärungsarbeit muss nach einer Überarbeitung den jungen Menschen eine Plattform bieten. Dort sollen junge Menschen ihre Gedanken entfalten und antisemitische Ideologien aufdecken. Nur durch eine gute Aufklärung in Schulen und diversen anderen Institutionen kann man den Antisemitismus effektiv bekämpfen. Die Aufklärungsarbeit soll erreichen, dass das von Medien und hetzerischen Organisationen geschaffene antisemitische Gedankengut hinterfragt und im besten Falle eingehend kritisiert wird.

Wir sehen bei dem Kampf gegen Antisemitismus auch staatliche Behörden in der Pflicht. Wir fordern die staatliche Beobachtung von allen Organisationen mit antisemitischen Tendenzen. Besonders hervorzuheben sind hier Organisationen, die der Hamas und anderen Terrororganisationen nahestehen. Wir wollen verhindern, dass Vereine Geld sammeln für eine antisemitische und menschenverachtende Ideologie. Sogenannte Spendenvereine müssen daher stärker beobachtet werden. Organisationen, die Terrorist*innen oder deren Familien unterstützen oder eindeutig antisemitisch sind, müssen verboten werden. Ein konzentrierteres Vorgehen gegen sie ist notwendige Voraussetzung für eine erfolgreiche Arbeit gegen antisemitisches Gedankengut.

 

ANALYSE

Im Folgenden sollen die Wesensart und die Entstehungsgründe des heute auftretenden Antisemitismus analysiert werden.

 

Das Entstehen des Antisemitismus in der Neuzeit

Feindlichkeit gegenüber Jüd*innen hat seit der Antike eine lange Tradition. Der Antisemitismus

aber ist eine neuzeitliche Ideologie. Der Wandel vom Antijudaistmus zum Antisemitismus lässt sich mit dem Ausklang des Mittelalters feststellen, also zeitgleich mit dem Herausbilden der ersten frühen kapitalistischen Gesellschaftsformen. Das ist kein bloßer Zufall, sondern historisch bedingt: der Kapitalismus geht einher mit der Abstraktion gesellschaftlicher Machtverhältnisse; die über einen Herrschenden sind nicht mehr zwangsläufig als solche sichtbar, sondern verborgen hinter dem (ebenfalls unsichtbaren) Kapitalverhältnis, aus welchem ihre Herrschaft sich ergibt. Das Aufbegehren und die Wut gegenüber der Herrschaft können nun aber kein Objekt mehr finden, müssen ins Leere gehen, da das Kapitalverhältnis, aus dem die Herrschaft folgt, als unpersönliches, sachliches erscheint. Das Verhältnis zu personifizieren, eine Person also mit ihm zu identifizieren, werden die Juden herangezogen, die traditionellerweise mit Geld und Kapital in Verbindung gebracht wurden. Die Wut gegen die abstrakte Herrschaft kann sich nun entzünden und entladen an den Juden. Der Antisemitismus, das ist der auf die Jüd*innen projizierte Hass auf das Herrschaftsverhältnis im Kapitalismus.

Pogrome gegen Jüd*innen lassen sich schon früh beobachten und fanden im Mittelalter in Europa einen unrühmlichen Höhepunkt. Was antijudaistische Gewalt auszeichnete, ist die hauptsächliche Ausrichtung gegen die jüdische Religion. Dem antijudaistischen Hass konnten Jüd*innen entgehen, indem sie ihre Religion verließen. Mit dem Umbruch zur Neuzeit kamen zu den weitestgehend religiös motivierten antijüdischen Ressentiments zunehmend rassistisch motivierte dazu. Ausgang nehmend in Spanien zur Zeit der Reconquista, in deren Zuge Jüd*innen aus Portugal und Spanien vertrieben worden sind, verbreiteten sich die rassistisch unterfütterten antijüdischen Ressentiments in Europa. Anders als vor dem religiös motivierten Hass des Mittelalters, konnten Jüd*innen dem rassistisch motivierten nicht durch Konvertierung entkommen. Zeitgleich mit diesem fortwährenden Umbruch nahm auch die gesellschaftliche und ökonomische Entwicklung eine Wende vor. Die Gesellschaft und Ökonomie entwickelte sich langsam zum Kapitalismus, wie wir ihn heute kennen. Akteur*innen der alten und neuen Gesellschaftsordnung kämpften um die Vormachtstellung in Ökonomie und Gesellschaft. Das Wirtschaften im ausgehenden Mittelalter war von feudalen Strukturen geprägt, Feudalherren standen also Leibeigenen gegenüber und verlangten diesen den Frondienst ab. Demgegenüber standen neue Wirtschaftsformen, in denen Handel und neue Produktionsformen (zum Beispiel die in Zünften organisierten Handwerker) bestimmend waren. Diese neuen Produktionsformen befanden sich nun im Begriff, die Fesseln ihrer gesellschaftlichen Hülle zu sprengen. Die neuen Produktivkräfte wurden so zur vollen Entfaltung gebracht. Das mittelalterliche System des Feudalismus wurde beständig durch die vonstattengehende gesellschaftliche Entwicklung untergraben. Die Feudalherren verloren an Einfluss, während die Macht des neu entstandenen Geldadels zunahm. Zugleich setzte ein gesellschaftlicher Fortschritt ein: Bürgerrechte, neue Waren, moderne Technologien und eine Erhöhung des Lebensstandards. Der Fortschritt ging allerdings einher mit zunehmender Verarmung der nun arbeits- und einkommenslos gewordenen Gesellschaftsschichten und einem Auseinanderklaffen der Einkommensverteilung. Des Zinsverbotes für Christ*innen im Mittelalter wegen wurden die Jüd*innen traditionell mit Geld in Verbindung gebracht. Sie waren daher eine vorzügliche Projektionsfläche für das fortschrittsfeindliche Volksempfinden. Dumpf ahnten die Menschen, dass die Fortschritte, unter deren negativen Auswirkungen sie litten, durch die Vermögenden, den Hauptprofiteur*innen dieser Fortschritte, vorangetrieben wurden. Dennoch wurden diese Vorgänge als abstrakt, feindlich und destruktiv empfunden. Weil sie als abstrakte, unpersönliche Prozesse unbegreiflich blieben, projizierte man sie auf die Jüd*innen. So wurde die Entwicklung personalisiert und be- und angreifbar gemacht. Andere Phänomene der gesellschaftlichen Umbrüche, wie die Internationalisierung der Politik und des Warenverkehres und die Verschiebung der Machtverhältnisse, wurden nach und nach den Jüd*innen zugeschrieben. Das vermeintliche Wirken der Jüd*innen wurde als Ursache hinter den Geschehnissen ausgemacht. Insbesondere herauszuheben ist hier die stete Verlagerung zu einem Verständnis der Jüd*innen als „Andere“. Die Diskriminierung aufgrund von Religion entwickelte sich hin zu einer rassistisch motivierten Abgrenzung. Als Folge wurden die Jüd*innen zur „Nichtrasse“ deklariert und damit außerhalb des Gefüges der miteinander im stetigen Kampfe verstandenen „Rassen“ Europas gestellt. Ab dem Moment, in welchem die Jüd*innen als das schlechthin Andere, als außerhalb des Gefüges der Gesellschaften stehend verstanden werden, ist von Antisemitismus zu sprechen. Es bleibt festzuhalten, dass die Ab- und Ausgrenzung der Jüd*innen seit der Neuzeit dazu diente, ihnen zuzuschreiben, was an gesellschaftlichen Entwicklungen als falsch verstanden wurde. Mit dem endgültigen Durchbruch des kapitalistischen Produktionszusammenhangs bedurfte es einer neuen gesellschaftlichen Ideologie. Die Rolle der feudalistischen Ideologie hatte neu ausgefüllt zu werden. Ein erster ideologischer Umbruch ist in der Reformation zu erkennen. Mit der Reformation bildete sich eine gänzlich neue Ideologie aus, die dem Kapitalismus eignet. In der vorreformatorischen christlichen Ideologie wurde dem Individuum ein fester Platz im gesellschaftlichen Gefüge zuge wiesen; die Erfüllung dieser Rolle versprach Seelenheil. In der nachreformatorischen christlichen Ideologie aber war das Seelenschicksal der Individuen schon bestimmt und es lag an ihnen, ihr Glück auf Erden zu machen. Das Aufbrechen starrer feudaler Strukturen und unternehmerische Initiative wurden durch neue Vorstellungen vom Seelenheil im Himmel begünstigt. Das Individuum im Feudalismus sah die herrschenden Verhältnisse durch Gott vorgegeben, trug also keine Verantwortung für die gesellschaftlichen Verhältnisse. Es begriff sich zwar selbst als in Unterdrückung lebend, in dieser aber als frei-verantwortlicher Mensch handelnd. Hätte das Individuum die herrschenden Verhältnisse als menschengemachte erkannt, so hätte es zugleich die Revolution als den Ausweg aus der Unterdrückung erkennen können. Aus der Verantwortung für die Verhältnisse genommen, konnte das Individuum sich mit diesen arrangieren und sich trotz Unterdrückung und Ausbeutung frei fühlen. Diese Funktion hat eine jede Ideologie zu erfüllen – so auch die Ideologie einer kapitalistischen Gesellschaft.

Die Verhältnisse im Kapitalismus sind entpersonalisiert. Herrschaft im Kapitalismus ist keine unmittelbar persönliche, sondern eine über Verträge vermittelte. Nichtsdestoweniger bleiben die Verhältnisse menschengemachte und daher auch durch Menschen begreifbar. In der kapitalistischen Ideologie darf sich das Individuum nicht als Urheber*in der herrschenden Verhältnisse begreifen, will es sich trotz der Verhältnisse als frei begreifen. Ausbeutung und Unterdrückung im Kapitalismus sind als von außerhalb kommend zu verstehen. Als die von außen kommenden Verursacher*innen von Ausbeutung, Unterdrückung und anderer negativer Auswirkungen des Kapitalismus wurden nun die Jüd*innen verstanden. Bereits seit dem Mittelalter wurden die Jüd*innen mit Raffgier und Ausbeutung in Verbindung gebracht. Außerdem wurden sie als außerhalb der bestehenden gesellschaftlichen Zusammenhänge stehend begriffen. Auf sie wurde daher projiziert, was innerhalb der kapitalistischen Gesellschaft als grundlegendes Übel empfunden wurde. Das erfüllte zwei Notwendigkeiten. Erstens konnte sich das Individuum als unterdrückt und ausgebeutet erkennen und diese Zustände als ungerecht empfinden. Zweitens wurden die gesamtgesellschaftlichen Zusammenhänge nicht in Frage gestellt – kamen die schädlichen Einflüsse doch von außerhalb. Das Individuum war in der Lage, sich trotz Ausbeutung als frei zu empfinden. Zugleich empfand es sich aber als Nicht-Urheber*in dieser Lage. Diese Funktion erfüllen die kapitalistische Ideologie und der Antisemitismus als Teil von ihr bis heute.

Was den Antisemitismus – und hierin gleicht er dem Antiziganismus – von anderen Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit unterscheidet, ist die Absolutheit der Ablehnung. Während im Rassismus die als anders empfundenen Menschengruppen zwar als Feinde deklariert und bekämpft werden, wird ihnen ein Anrecht auf einen Lebensraum gewährt. Trotz aller Ablehnung und allen Hasses wird einer jeden „Rasse“ das Recht zur Existenz zugesprochen. Hiervon unterscheidet sich das gegen Jüd*innen und die im Antiziganismus als „Zigeuner“ diffamierten gesellschaftlichen Gruppen: sie haben keine Existenzberechtigung. Sie stehen als schlechthin Andere außerhalb des gesamtgesellschaftlichen Gefüges. Nur dadurch konnte der gegen sie gerichtete Hass derlei Ausmaße annehmen, wie es im Nationalsozialismus der Fall war. Nur so konnte sich der Hass in einen Vernichtungstrieb verwandeln und zum Versuch der totalen Vernichtung führen. In der Ideologie des Antisemitismus bedarf es nicht bloß der Vertreibung der Jüd*innen. Als „Volk ohne Raum“ besitzen sie in der antisemitischen Ideologie keinen ihnen zugeschriebenen Platz in der Welt. Die einzige Möglichkeit für Antisemit*innen, dem Antisemitismus ein Ende zu setzen, ist die, die Jüd*innen zu vernichten. Darum beziehen sich auch moderne Antisemit*innen weiterhin positiv auf die Vernichtungspolitik des Nationalsozialismus.

 

Die Entwicklung des Antisemitismus in Deutschland

Der Antisemitismus in der Bundesrepublik hat nach Ende des Zweiten Weltkrieges eine beispiellose Entwicklung genommen. In der Bundesrepublik kann man trotz „Entnazifizierung“ nicht davon sprechen, dass es eine solche tatsächlich gegeben habe. Stattdessen erhielt der Antikommunismus der Bundesrepublik unterschwellig das nationalsozialistische Feindbild des „Jüdischen Bolschewismus“. Nicht wesentlich anders sieht es in der DDR aus. Auch dort haben Antisemit*innen, gleich wie in West, nicht zu existieren aufgehört. Stattdessen verdrängten diejenigen, die noch im NS ihrem Antisemitismus öffentlich frönen durften oder kurz danach geboren wurden (die 1. Nachkriegsgeneration), ihre antisemitischen Einstellungen. Sie unterdrückten die antisemitischen Einstellungen und verboten sich im Privaten sowie im Öffentlichen diese zu äußern. Die nachfolgende Generation (die 2. Nachkriegsgeneration) kritisierte das Verschweigen ihrer Eltern. Sie forderte eine Thematisierung des Antisemitismus in Deutschland. Die 2. Nachkriegsgeneration der 68er verstand sich als antifaschistisch und wandte sich damit eindeutig gegen den unausgesprochenen Antisemitismus ihrer Eltern. Zugleich war jedoch diese Generation im Ganzen betrachtet kaum weniger antisemitisch als vorherige Generationen. Die 2. Nachkriegsgeneration lehnte Antisemitismus auf der einen Seite ab, während gleichzeitig antisemitische Einstellungen vorhanden waren. Das führte dazu, dass die 2. Nachkriegsgeneration ihren Antisemitismus auf das als Staat der Jüd*innen gegründete und gehasste Israel projizierte. Es sollte für lange Zeit dabei bleiben: Studien stellten mit Regelmäßigkeit das Vorhandensein antisemitischer Einstellungen in Deutschland fest. Trotzdem gab es in Deutschland nahezu keine offenen Antisemit*innen. Erst in der nachfolgenden Generation (die 3. Nachkriegsgeneration) wandelte sich der Antisemitismus in einer markanten Art und Weise. In der Generation, die nach der Wiedervereinigung einem neuen Nationaltaumel anheimfiel und sich von der Geschichte des NS „befreit“ erklärte, war und ist es wieder möglich, Antisemitismus öffentlich zu äußern. Heute richtet sich der Antisemitismus nicht mehr nur auf Israel, sondern auch wieder direkt gegen Jüd*innen. Trotzdem stößt auch heute noch die Selbstbezeichnung als Antisemit*in auf Ablehnung.

In den Personengruppen mit Migrationsgeschichte auftretender Antisemitismus wird häufig (und auch öffentlich) als solcher benannt. Im Gegensatz dazu wird der Antisemitismus der Mehrheitsgesellschaft der Bio-Kartoffeln marginalisiert oder schlichtweg ignoriert. Im Zuge der Demonstrationen im letzten Jahr wurde hier von einigen Kommentatoren eine grundsätzliche Unterscheidung zwischen antisemitischen Menschen mit Migrationshintergrund und nicht-antisemitischen Bio- Deutschen aufgemacht. Diese Unterscheidung teilen wir nicht. Antisemitismus ist leider unabhängig von der Migrationsgeschichte verbreitet. Einige Personen mit Migrationsgeschichte haben den oben beschriebenen kulturellen Prozess, welchen der Antisemitismus in den deutschen Staaten durchschritten hat, nicht miterlebt bzw. nicht vermittelt bekommen. Aber das öffentliche Tabu war in Deutschland stets begreiflich, weswegen Antisemitismus so direkt häufig nicht geäußert wurde. Mit dem allmählichem Verschwinden des Tabus und zunehmenden kapitalistischen Verwerfungen nach 1990 konnte der Antisemitismus in sämtlichen Gesellschaftsschichten eine neue Ausdrucksform erfahren. Dies gilt für Menschen mit oder ohne Migrationsgeschichte.

 

Islam und Antisemitismus

Auch allen kulturalistischen Theorien, die einen spezifisch muslimischen Antisemitismus aus dem Islam erklären, erteilen wir eine Absage. Unbestreitbar gibt es einen spezifisch muslimischen Antisemitismus – so wie der Antisemitismus sich je nach sozialem, kulturellem etc. Hintergrund unterschiedlich ausdrückt. Die verschiedenen Arten, in denen der Antisemitismus sich ausdrückt, unterscheiden sich jedoch in ihrer Ausdrucksweise, nicht aber in ihrem Wesen. Die derzeitigen kapitalistischen Produktionsverhältnisse stehen in Wechselwirkung mit unserem Bewusstsein. Somit ist jede Ideologie auch eine Widerspiegelung der vorherrschenden gesellschaftlichen Verhältnisse. Als Menschen begreifen wir die Welt durch unser Bewusstsein, das maßgeblich von kapitalistischen Produktionsverhältnissen beeinflusst ist. Zur Vereinfachung der kapitalistischen Produktionsverhältnisse dienen antisemitische Denkmuster. Unabhängig von Religionen und anderen Wertevorstellungen ist daher – unter kapitalistischen Produktionsverhältnissen – Antisemitismus zu finden. Dies gilt auch für den Islam.

 

Antisemitismus in der deutschen Linken

Nicht erst die jüngsten Demonstrationen gegen Israel haben die Antisemit*innen der unterschiedlichsten Parteien und Organisationen auf den Plan gerufen. Seit jeher war es „der Jude“ als gemeinsamer Feind, durch den die Deutschen ihre Parteien vergaßen und sich vereinten im Kampf gegen die vermeinte jüdische Weltverschwörung. Vergleichsweise neu und noch keinesfalls in der gesamten bundesdeutschen Linken angelangt aber ist die Erkenntnis, dass auch sie in ihren Reihen Antisemit*innen in großen Mengen aufweist. Vertreter*innen der Linkspartei äußerten sich in der letzten Zeit eindeutig antisemitisch. Trotzdem weigert sich die Linkspartei anzuerkennen, dass sie ein Problem mit Antisemitismus in ihren eigenen Reihen hat.

Auf letztjährigen von der Linksjugend [’solid] ausgerichteten Demonstrationen versammelten sich auch gewaltbereite Antisemit*innen. Die Linksjugend wies jedwede Verantwortung ihrerseits dafür zurück. Sie beteuerte, Antisemitismus jederzeit abzulehnen und zu verurteilen. Aber kann die Linksjugend wirklich nichts dafür, dass ihre Kundgebungen Antisemit*innen jeder Couleur als Ort dienten, um eine antisemitische Querfront von Rechts bis Links zu bilden?

Ein Großteil der deutschen Linken pflegt schon lange eine Kapitalismuskritik, die das Böse im Kapitalismus bei „den Managern“ und im „Finanzkapital“ ausmacht, also das Grundmuster einer verkürzten Kapitalismuskritik verwendet. Diesem Gedankengang zufolge liegt es nahe, nicht die Aufhebung des Kapitalismus zu fordern, sondern vielmehr seine schlechten, seine falschen Auswüchse abzuschaffen und mit einem gesundeten, von allen Übeln gereinigten Kapitalismus in eine goldene Zukunft zu fahren. Jene Vorstellung aber von einer Gesundung des Kapitalismus, wenn man nur die schädlichen Einflüsse in der Gesellschaft Ungeziefer gleich ausmerze, machte schon für Nationalsozialist*innen einen Großteil deren antisemitischer Ideologie aus. Die Schlussfolgerung, dass das Übel der Moderne, überhaupt des Kapitalismus das „Finanzkapital“ und seine Vertreter*innen seien, eint die Antisemit*innen aller Parteien.

Trotz dem oben behaupteten verbreiteten Antisemitismus in der deutschen Linken, lässt sich – ob aus dem antiimperialistischen Antifa-Spektrum, der Linkspartei oder selbsternannten Friedensbewegten – nur selten ein offenes Wort gegen Jüd*innen vernehmen. Und selbst aus der politisch Rechten wird seltener das Wort gegen die Jüd*innen erhoben – die Antisemit*innen haben gelernt, dass offener Antisemitismus gesellschaftlich geächtet ist. Demnach wird heute nicht mehr von der „jüdischen Weltverschwörung“ oder dem „Weltjudentum“ gesprochen; vielmehr wissen sich Antisemit*innen durch „Hochfinanz“, „das Weltgeld“ oder „die Ostküste“ über ihre Vorstellungen zu verständigen, ohne erst die Jüd*innen zu erwähnen. All jene sonst nicht artikulierbaren Ressentiments von der Allmacht des Geldes und der Herrschenden und dem Gefühl der eigenen Ohnmacht und Ausweglosigkeit fokussieren sich auf jenen Staat, der mit alldem assoziiert wird. Alle zuvor unterdrückte Aggression richtet sich gegen den Staat Israel. Und so kämpfen sie denn vereint, Islamist*innen, Rechtsextreme und linke Antizionist*innen, in einer Front gegen den Juden unter den Staaten.

 

Gegenwärtige Entwicklungen des Antisemitismus

Ein verstärktes Aufleben von Antisemitismus ist die ideologische Reaktion auf Veränderungen in den gesellschaftlichen Verhältnissen. Ideologie ist der Versuch, angesichts von Lebensumständen, in denen der Mensch handlungsunfähig, unfrei ist, eben diesen Eindruck in der Psyche zu umgehen. Eine Veränderung in dieser Bewusstseinsstruktur muss also auf Veränderungen in den Lebensumständen zurückzuführen und eine entsprechende Reaktion darauf sein. Die historische Entstehung des Antisemitismus war eine Reaktion auf die Abstraktion der gesellschaftlichen Verhältnisse und die damit einhergehende Entpersönlichung der Herrschaftsstrukturen. Es liegt daher nahe, dass auch für sein gegenwärtig zu beobachtendes Erstarken Abstraktion und Entpersönlichung von Herrschaft verantwortlich sind. Und tatsächlich lassen sich entsprechende Entwicklungen der gesellschaftlichen Verhältnisse nachvollziehen.

Das Kapitalverhältnis, die Beziehung zwischen Kapitaleigner*innen und Eigentumslosen, ist ein Verhältnis der gesellschaftlichen Herrschaft, das sich in seiner Wirkmächtigkeit auf das  Arbeitsverhältnis erstreckt und dort als ein Autoritäts- und Unterordnungsverhältnis zwischen Unternehmer*in und Beschäftigten erscheint. Durch den Arbeitsvertrag, der auf scheinbar freiwilliger Basis geschlossen wird, ergibt sich ein Autoritätsverhältnis zwischen Unternehmer*in und Beschäftigten: kraft des Arbeitsvertrages sind die Unternehmer*innen berechtigt, den Beschäftigten unmittelbar oder vertreten durch andere Weisungen zu erteilen, die Beschäftigten also ihrem Interesse unterzuordnen (Direktionsrecht). Entspricht ein*e Beschäftigte*r diesen Weisungen nicht, ist der*die Unternehmer*in berechtigt, ihn*sie mit (begrenzten) Gewaltmitteln – Lohnkürzung,  Disziplinarmaßnahmen etc. bis hin zur Kündigung – dazu zu zwingen. Dieses vertraglich vereinbarte und durch den Staat geschützte Gewaltverhältnis stellt den Ausdruck des realen Kapitalverhältnisses dar, in dem die Eigentumslosen mittels des Kapitals den Produktionsmittel Besitzenden untergeordnet werden. Obwohl Ausdruck des Kapitalverhältnisses, ist das Arbeitsverhältnis zugleich Abstraktion von diesem. Unter den dem Kapitalismus vorausgehenden Produktionsverhältnissen standen Produktions- und Herrschaftsverhältnis noch in einem unmittelbaren und sichtbaren Zusammenhang, die wirtschaftliche, materielle Macht fiel in eins mit der rechtlichen. Anders im Kapitalismus. Die materielle Herrschaft, das Kapitalverhältnis, ist losgelöst von der rechtlichen Herrschaft, und die Beschäftigten treten scheinbar freiwillig in das rechtliche Herrschaftsverhältnis ein, durch den Arbeitsvertrag. Während im Feudalismus sowohl das materielle als auch das rechtliche Herrschaftsverhältnis in einer direkten Beziehung zum Herrn standen, das Loslösen von diesem also zugleich das Auflösen der Herrschaft bedeutete („Stadtluft macht frei“), sind die Herrschaftsverhältnisse im Kapitalismus abstrakter und dadurch zugleich totaler. Das Loslösen von der rechtlichen Herrschaft in einem Fall, das Aufkündigen des Arbeitsvertrages mit einer*m Unternehmer*in, bedeutet nicht das Auflösen der Herrschaft überhaupt. Wer sich aus einem Arbeitsvertrag und damit aus einem Unterordnungsverhältnis befreit, ist zwar frei darin, das zu tun, bleibt in aller Regel aber auch frei von Produktionsmitteln (die doppelte Freiheit der Lohnarbeiter*innen). Wer sich aus der rechtlichen Herrschaft befreit, bleibt der materiellen, dem Kapitalverhältnis, dennoch unterworfen und ist weiterhin genötigt, ihre*seine Existenz durch Lohnarbeit zu sichern. Im Ergebnis wird also, wer sich aus einem Arbeitsverhältnis befreit, einem anderen sich zu unterwerfen haben, einer*m anderen Unternehmer*in also sich unterzuordnen. Wenn die Lohnabhängigen sich auch von einem*r konkreten Unternehmer*in befreien können, bleiben sie den abstrakten Unternehmer*innnen, der Klasse der Unternehmer*innen, unterworfen. Die eigentliche, weil materielle, Herrschaft bleibt im Kapitalismus abstrakt, sie findet ihren Ausdruck in der personifizierten rechtlichen Herrschaft der einzelnen Unternehmer*innen über die einzelnen Beschäftigten und bleibt in ihr zugleich verschleiert. Diese Form der Abstraktion von der materiellen Herrschaft ist die dem Kapitalismus spezifische und daher auch bis heute die vorherrschende.

Eine Entwicklung, die sich nun in den letzten Jahren beobachten ließ, ist ein allmähliches Ersetzen der direkten Unterordnung der Beschäftigten unter die Unternehmer*innen, wie sie bisher durch die Arbeitsverträge hergestellt wurde, durch eine dem Kapitalverhältnis ähnelnde Form der Unterordnung.  Die Unternehmer*innen machen dabei weniger von ihren aus den Arbeitsverträgen ihnen zustehenden Rechten in Form direkter Weisungen Gebrauch, sondern verlassen sich auf Formen indirekter Steuerung. Diese Formen indirekter Steuerung ähneln dabei in ihrer Wirkung stark dem Kapitalverhältnis, wie es außerhalb der Unternehmen schon zwischen Unternehmer*innen und Beschäftigten besteht. Die Ähnlichkeit besteht darin, dass auch außerhalb des Unternehmens den Lohnabhängigen keine konkreten Vorgaben oder Weisungen gegeben werden, welche Lohnarbeit sie auszuüben und welchem*r Unternehmer*in sie sich unterzuordnen haben. Die einzige direkt die Lohnabhängigen treffende Voraussetzung ist die, sein Leben mittels Lohnerwerbs zu erhalten. Die Art und Weise, das zu bewerkstelligen, steht den Lohnabhängigen frei und es obliegt ihrem Findungsreichtum, sich den Umständen anzupassen. Die Notwendigkeit, der Lohnarbeit nachzugehen, erscheint den Lohnabhängigen dabei als objektiv vorgegebene, natürliche. Ebenso verhält es sich unter der direkten Steuerung mit den Vorgaben der Unternehmer*innen. Die einzige Voraussetzung, die sich direkt an die Beschäftigten richtet, ist die, durch die Produktion von Waren oder das Erbringen von Dienstleistungen ihren Arbeitsplatz zu erhalten. Die Unternehmer*innen geben den Beschäftigten keine konkreten Anweisungen zu den zu vollführenden Tätigkeiten mehr, sondern machen Vorgaben hinsichtlich der Qualität oder Quantität der herzustellenden Produkte oder der zu erbringenden Dienstleistungen. Die Erfüllung dieser Vorgaben obliegt dann jedoch den Beschäftigten selbst und ihrem Findungsreichtum. Um die Produktivität zu steigern, simulieren die Unternehmer*innen des Weiteren eine Marktsituation, lassen die Beschäftigten ihres Unternehmens also in Konkurrenz zueinander treten. Darüber hinaus machen sie sich häufig gruppendynamische Prozesse zunutze und lassen die Beschäftigten in Gruppen oder Teams zusammenarbeiten, in denen die Beschäftigten einander kontrollieren und sich untereinander Weisungen geben, also gegenseitig die Rolle einnehmen, die vorher die Unternehmer*innen ihnen gegenüber innehatten (wenn es auch an dem rechtlichen Über-Unterordnungsverhältnis fehlt). Die vorher zumindest noch persönlich zuordenbare Rolle des Weisungsgebers und die Personifizierung der rechtlichen Herrschaft mit dem*der Unternehmer*in wird abstrahiert, es geschieht – mutatis mutandis – mit dem*der Unternehmer*in, was zuvor dem Feudalherrn geschah: die direkte Herrschaft wird aufgetrennt in ein sachliches (d.h. ein über Sachen vermitteltes) Verhältnis materieller Notwendigkeit und ein persönliches, davon aber losgelöstes Weisungsverhältnis. (Und im Falle der indirekten Arbeitsorganisation wird auch dieses direkte Weisungsverhältnis noch aufgespalten in eine Vielzahl von Beziehungen innerhalb der Gruppe oder des Teams.) Diese Transformationen der Arbeitsorganisation ändern aber nichts an der Tatsache, dass das durch den Arbeitsvertrag hergestellte Arbeitsverhältnis sowohl Ausdruck der materiellen Herrschaft als auch selber wieder Herrschaft ist. Die beschriebenen Veränderungen bewirken allerdings eine Abstraktion dieses Herrschaftsverhältnisses: der*die Unternehmer*in erscheint nicht mehr als die Person, die die Herrschaft des Arbeitsverhältnisses auch ausübt. Die Herrschaft erscheint vielmehr zum einen in Form von Sachzwängen, zum anderen als die Weisungen der Kolleg*innen, jeweils also losgelöst von den Unternehmer*innen, den tatsächlich Herrschenden. Es wiederholt sich hier auf der Ebene der Unternehmen, innerhalb derselben, dieselbe Abstraktion, die wir zuvor für die Herrschaft im Kapitalismus grds. nachvollzogen hatten. War unter der alten Form der Arbeitsorganisation die Herrschaft zwar schon abstrahiert, so fand sich in den Unternehmer*innen immer noch eine Person, die man zumindest für die unmittelbare Herrschaft im Rahmen des Arbeitsverhältnisses verantwortlich machen konnte. Die fehlt nun unter den Bedingungen der neuen Arbeitsorganisation auch; die Herrschaft erscheint als Herrschaft ganz ohne Herrschende. Wie mit der Transformation mittelbarer Herrschaft in eine durch das Kapital vermittelte, so geht auch mit der Transformation des Arbeitsverhältnisses in ein durch indirekte Steuerung bestimmtes eine Entpersönlichung der Herrschaft einher. Aus dieser Entpersönlichung folgt das Bedürfnis, die Aggressionen, die sich gegen die Herrschaft wenden und zuvor in der Person der Herrschenden (dort: die Herren, hier: die Unternehmer*innen) ein Objekt fanden, umzuleiten auf ein Objekt. Das Bedürfnis, die als bedrückenden Sachzwang empfundene Herrschaft zu bekämpfen, ist mit ihrer Abstraktion nicht verschwunden. Im Gegenteil haben die Individuen wiederum das Bedürfnis, für ihre durch materielle Zwänge ausgelösten Aggressionen ein Objekt zu finden. Sie personifizieren daher die nun versachlichten Zwänge, die sie verspüren, und projizieren ihren Hass auf reale Personen. Objekt dieser Projektion werden wiederum die Juden, die schon bestehende Projektion der abstrakten Herrschaft auf sie wird weiter aufgeladen.

Die beschriebenen Prozesse der Neuorganisation der Arbeit spielen sich bereits seit einigen Jahrzehnten ab und haben sich in dieser Zeit verstärkt und ausgeweitet. Auf die mit ihnen einhergehende Abstraktion der Herrschaft im Arbeitsverhältnis musste notwendig eine ideologische Reaktion folgen, die diese materiellen Veränderungen verständlich macht; die ideologische Reaktion auf die Abstraktion der gesellschaftlichen Verhältnisse ist die Personifizierung der Verhältnisse, der Antisemitismus. Darum war und ist gleichzeitig mit Änderungen der Arbeitsorganisation weltweit ein Erstarken von Antisemitismus zu beobachten.

Welche Perspektive ergibt sich nun daraus? Die Geschichte des Antisemitismus ist immer wieder von Schwankungen geprägt gewesen; in wirtschaftlichen Krisen lässt sich immer wieder ein Erstarken feststellen, dass in der Folge wieder abflaut. Unabhängig von diesen mehr oder weniger regelmäßigen Schwankungen lässt sich beobachten, dass der Antisemitismus als ideologisches Moment dort besonders wirkmächtig auftritt, wo die Abstraktion bestehender persönlicher Herrschaftsverhältnisse zu entpersönlichter, versachlichter Herrschaft geschieht. Die soeben vorgestellte Abstraktion der Herrschaftsverhältnisse innerhalb der Unternehmen durch die Einführung von Formen indirekter Steuerung hat allerdings noch lange nicht ihren Abschluss gefunden. Wenn auch schon vor einigen Jahrzehnten begonnen, ließe sich für heute möglicherweise behaupten, dass dieser Prozess nun so weit fortgeschritten ist, dass er unumkehrbar ist, sich die neue Arbeitsorganisation erwiesen hat als die effizientere, und sich daher schließlich durchsetzen wird. Bis das aber der Fall ist, diese Form der Arbeitsorganisation also die vorherrschende, allgemeine ist, wird noch viel Zeit vergehen. Und je nachdem, wie behutsam oder abrupt dieser Prozess der Abstraktion vor sich gehen wird, wird er ideologische Verwerfungen unter anderem in Form des Antisemitismus hervorrufen. Sollte sich die Neuorganisation der Arbeit also – wie das bisher der Fall ist – weiterhin im Rahmen des kapitalistischen Verwertungszusammenhanges vollziehen, wird der Antisemitismus weiterhin die ideologische Reproduktion dieser Veränderungen darstellen. Mit der Intensivierung und Verallgemeinerung dieser Transformationsprozesse wird auch die Intensität und Verbreitung des Antisemitismus zunehmen; er wird sich verstärken und weiter seine vernichtende Wirkung entfalten.

Wir aber stellen uns auch in Zukunft entschieden jeder antisemitischen Tendenz und Bewegung entgegen. Wir verteidigen Freiheit und Leben der Jüd*innen auf der ganzen Welt, wenn auch wohl wissend, dass der moderne Antisemitismus mit dem Kapitalismus Einzug in unsere Gesellschaft gefunden hat und wohl auch nur mit diesem wieder in die Annalen der Geschichte verschwinden wird. Bis dahin aber stehen wir aufrecht gegen jede Form von Antisemitismus – shalom!