HÄNDE WEG VON DER DUALEN AUSBILDUNG!

Im Jahr 2006 hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) einen Inovationskreis zur Verbesserung der beruflichen Bildung eingerichtet. Dieser Kreis schlägt unter anderem die Modularisierung der beruflichen Ausbildung vor. Dadurch hat die Debatte um die Modularisierung der Ausbildung wieder an Fahrt gewonnen. Für die Modularisierung und Verkürzung der Ausbildung werden von den Befürwortern hauptsächlich zwei Argumente genannt. Zum einen ist da die angebliche mangelnde Ausbildungsreife vieler SchulabgängerInnen. Diesen jungen Leuten soll durch eine Veränderung der Ausbildung der Einstieg in die Ausbildung und das Berufsleben erleichtert werden. Zum anderen der Wille zu einer europaweiten Anpassung der Ausbildung. Hier wird darauf verwiesen, dass die Modulausbildung in der EU am häufigsten verbreitet ist. Auch wenn die EU im Moment nur geringe Kompetenzen im Bereich der Bildungspolitik hat, so wird vermutet, dass das fast einzigartige duale Ausbildungssystem in Deutschland dem internationalen Druck der Systemanpassung nicht standhalten wird. Um eine breitere Akzeptanz für die Reform der Berufsausbildung zu schaffen, ersetzt das BMBF den Begriff „Ausbildungsmodul“ durch „Ausbildungsbaustein“. Diese Bausteine beziehen sich auf einen einzelnen Tätigkeitsbereich innerhalb eines Ausbildungsberufs. Ziel soll es sein, dass die Bausteine eigenständig zertifiziert und bei erfolgreicher Beendigung als Ausbildungsteilleistung angerechnet werden. Wenn die einzelnen Bausteine sinnvoll kombiniert werden und erfolgreich abgeschlossen werden, ergeben sie eine erfolgreiche Ausbildung nach jetzigem Maßstab. Der Inovationskreis des Bildungsministeriums schlägt im Grunde zwei Modelle vor, wie die Modularisierung der Ausbildung in Deutschland aussehen kann.

MODELL I:
Das Berufsbild wird durch Ausbildungsbausteine über die gesamte Ausbildung strukturiert. Die Prüfungen sollen hier nicht nach Beendigung der einzelnen Bausteine stattfinden, sondern erst nach Absolvierung aller Bausteine. Bei einem eventuellen Ausbildungsabbruch soll die Möglichkeit bestehen, dass einzelne Bausteine durch Prüfungen qualifiziert werden. Einzelne Bausteine, die in mehreren Berufen gleich sind, sollen zusammengefasst werden und in der Berufsschule gemeinsam unterrichtet werden.

MODELL II:
Das Modell II unterscheidet sich zum 1. Modell dahingehend, dass jeder Baustein durch eine Prüfung beendet und abgeschlossen wird. Vorgeschlagen wird eine überschaubare Anzahl an Ausbildungsbausteinen. Es soll verschiedene Arten von Bausteinen geben: Grundlagenbausteine, Spezialbausteine und Wahlpflichtbausteine. Wir lehnen beide Modelle ab! Aus unserer Sicht ist das eine Verschlechterung unseres international anerkannten Ausbildungssystems. Wie sind der Meinung, dass wir nicht darüber diskutieren müssen, ob das jetzige System dem europäischen Druck standhalten könnte, sondern dafür kämpfen, dass das duale Ausbildungssystem europaweit umgesetzt wird. Auf der anderen Seite sehen wir im Bereich der Hochschule, zu welchen Probleme die europaweite Anpassung der Abschlüsse führt. Die IG Metall sieht hier sogar die Gefahr, dass es für die einzelnen Module, weder ein Ausbildungsvertrag, noch eine Ausbildungsvergütung notwendig sein wird. Die Absolvierung eines Moduls ist dann mit einem unbezahlten Praktikum vergleichbar. Auch in NRW wird durch die Aussage vom NRW Arbeitsminister über ein Modell der Modulausbildung diskutiert. Guntram Schneider hat für „schlecht qualifizierte und ausbildungsunwillige Jugendliche“ eine verkürzte Ausbildung vorgeschlagen. Er kann sich eine Verkürzung auf zwei Jahre in einigen Ausbildungsberufen vorstellen.

FÜR UNS IST KLAR: WIR WOLLEN KEINE DESTABILISIERUNG DER DUALEN AUSBILDUNG!
Auch das Argument, dass jungen Menschen durch die Modularisierung oder die Verkürzung der Ausbildung der Einstieg in das Berufsleben erleichtert wird, ist nicht haltbar. Zwar wirkt eine verkürzte Ausbildungszeit auf den ersten Blick sehr attraktiv für diejenigen, die schnell „richtig“ Geld verdienen wollen, aber am Ende sind sie mit einer verkürzten Ausbildungszeit bzw. mit dem Abschluss einzelner Ausbildungsbausteinen schlechter qualifiziert, als ihre KollegInnen mit einer dreijährigen nicht modularisierten Ausbildung und können damit schlechter bezahlt werden. Durch die geringere Qualifikation sind die AbsolventInnen zweijähriger modularisierter Ausbildungen nur in bestimmten Tatigkeitsfeldern einsetzbar und somit weniger flexibel. Dies schwächt ihre Chancen auf anhaltende Partizipation am Arbeitsmarkt. Es besteht die Gefahr, dass viele Betriebe nur noch die Bausteine ausbilden, für die sie auch im Betrieb Bedarf haben. Zusätzliche und aus der Sicht der Betriebe überflüssige Module würde für den Betrieb nur unnötige Kosten bedeuten. Unter dem Druck der Arbeitsmarktsituation würden viele junge Menschen die Option wählen in den sicher geglaubten Job zu wechseln, als das Ausbildungsberufsbild zu vervollständigen und somit eine vollwertige Ausbildung zu erlangen. Die Qualität der Ausbildung darf nicht leiden. Auf der einen Seite klagt die Politik über einen Fachkräftemangel in der BRD, auf der anderen, will sie die Qualität der Ausbildung verschlechtern. Eine gute Ausbildung muss auch eine qualitative Ausbildung sein! Denn nur so lässt sich gesellschaftlicher Wohlstand erarbeiten. Eine bessere Eingliederung der Ausbildungswilligen in den Arbeitsmarkt darf nicht zu Lasten der Qualität gehen. Wir NRW Jusos sprechen uns deutlich gegen die Modularisierung oder Verkürzung der Ausbildung aus! Weder die Modularisierung, noch die Verkürzung der Ausbildungszeit wird jungen Menschen den Berufseinstieg erleichtern. Im Gegenteil am Ende wird es sich bemerkbar machen, dass sie schlechter ausgebildet sind, als ihre KolllegInnen. Unser Ziel ist, dass sich der Unterricht der allgemein bildenden Schulen und der der Berufsschulen an die immer wieder verändernden Anforderungen der Berufswelt anpasst. Für benachteiligte Jugendliche fordern wir den Ausbau von Förderprogrammen und ausbildungsbegleitenden Hilfen. Auch die Betriebe müssen hier in die Pflicht genommen werden, Jugendliche den Einstieg in das Berufsleben zu erleichtern und sie bei Schwierigkeiten unter die Arme greifen. Alle sind in der Pflicht Warteschleifen zu verhindern.