Polizei: Strukturelle Diskriminierung und institutionelle Straflosigkeit?

Der allgemeine Rechtsruck in unserer Gesellschaft spiegelt sich auch in staatlichen Institutionen wider, beispielsweise im Verfassungsschutz, aber auch immer wieder in der Polizei. In NRW lässt die schwarz-gelbe Landesregierung die vermeintlich wachsende Gefahr von islamistischem Terrorismus und Alltagskriminalität und ein damit verbundenes Sicherheitsgefühl in ihre Politik einfließen und verankerte deshalb zum Beispiel die gezielte Kontrolle von Nordafrikaner*innen in ihrem Koalitionsvertrag. Dies ist ebenfalls in der Begrün-dung der Novellierung des nordrhein-westfälischen Polizeigesetzes wiederzufinden, die im Dezember 2018 neben den Koalitionsfraktionen CDU und FDP auch mit den Stimmen der SPD verabschiedet wurde. Auch mit der durch die SPD-Landtagsfraktion eingebrachten Entschärfung der Gesetzesnovellierung können wir uns nicht zufriedengeben, denn die Rolle der Polizei muss sich in die entgegengesetzte Richtung entwickeln. Die Polizei sollte eine Institution sein, die Bürger*innenrechte verteidigt und Menschen vor Diskriminierungen und Rassismus schützt. Stattdessen erleben wir nicht nur eine teilweise diskriminierende Polizeipraxis – durch die Befugniserweiterung der Polizei werden Tür und Tor für weitere Menschenrechtseingriffe und polizeiliche Willkür geöffnet. Erst eine progressive, auf ein solidarisches Miteinander ausgerichtete Polizei, die geschichtliche und politische Bildung erfährt und deeskalierende Handlungsweisen kennt, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Statt einer Befugniserweiterung der Polizei brauchen wir Reformen, die die Polizei demokratischer gestalten, sodass diese eine solidarische Gesellschaft unterstützt und nicht bekämpft!
Racial Profiling
Der Alltagsrassismus der Gesellschaft macht auch vor der Polizei nicht Halt – dies zeigt sich beispielsweise am Racial Profiling. In Fällen des Racial Profilings (oder Ethnic Profilings) trifft die Polizei Entscheidungen ausschließlich oder überwiegend anhand äußerlicher Merkmale sowie religiöser und ethnischer, die sie daraus ableitet, ohne dass dafür ein sachlicher Grund gegeben ist. Das Racial Profiling kann sowohl direkt als auch indirekt stattfinden. Ersteres ist z.B. bei willkürlichen Kontrollen, Festnahmen oder Durchsuchungen gegeben. Indirekte Wirkungen finden sich beispielsweise in der kriminalistischen Arbeit, wenn der Verdacht von vornherein in bestimmte Richtungen gelenkt und andere mögliche Täter*innen unberücksichtigt bleiben. Allerdings ist das Phänomen des Racial Profiling in der Praxis sehr schwer definierbar, denn letztlich geht es oftmals um schwierige Grauzonen, die nur über Sensibilisierung und ständige Auseinandersetzung mit dem Thema erkennbar und überwindbar sind.
Die Existenz des Racial Profiling wird von vielen Seiten nicht wahrgenommen oder bagatellisiert. Beispielsweise antwortete die Bundesregierung 2012 auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke zum Thema lediglich, dass Racial Profiling mit dem geltenden deutschen Recht unvereinbar sei und folglich innerhalb der Bundespolizei nicht angewandt werde. Obwohl seitdem bereits einige Gerichtsentscheidungen die Existenz des Racial Profiling in der Polizei bestätigt haben, mangelt es an wissenschaftlichen Untersuchungen zum Thema. Einige der wenigen bekannten Zahlen stammen aus einer Studie der Europäischen Grundrechteagen-tur FRA. Unter anderem ergab sich durch die Studie, dass in Deutschland Türk*innen und Menschen mit türkischem Migrationshintergrund sowie Menschen aus dem ehemaligen Jugoslawien mehr als doppelt so häufig von der Polizei angehalten, nach Ausweispapieren gefragt und durchsucht wurden, wie Personen der Mehrheitsbevölkerung. Auch wenn die Studie keine endgültig gesicherten Angaben über das Ausmaß an Ethnic Profiling bei der deutschen Polizei darstellen, lässt sich daraus schließen, dass über Einzelfälle hinaus in Deutschland ein Problem besteht.
Die Folgen dieser diskriminierenden Polizeipraxis sind zahlreich: Einerseits kann für die betroffenen Personen das Diskriminierungserleben, verbunden mit einem Gefühl der Ohnmacht, extrem belastend sein, wodurch letztlich ablehnende Einstellungen gegenüber der Polizei und dem Staat wachsen können. Auf der anderen Seite kann es aber auch Auswirkungen bei den handelnden Polizist*innen haben, die sich ihrer Raster und Stereotypen nicht bewusst sind. Wenn immer wieder in die gleiche Richtung gesucht und jeder Erfolg als Bestätigung gesehen wird, kann es schnell zu einer Verfestigung der Stereotypen und zu einer Verstärkung der selektiven Wahrnehmung durch die Polizeibeamt*innen kommen.
Da sich das Racial Profiling selbst und der Verdacht gegen bestimmte Personen aus gesicherten Erkenntnissen, erfahrungsbasierter Verdachtsschöpfung und einem Glauben an Vorurteile und Klischees zusammensetzt, lässt sich Racial Profiling ohne eine Sensibilisierung von Polizeibeamt*innen nicht beseitigen. Denn durch ein Bewusstsein für verinnerlichte Stereotype können sich Polizist*innen auf die rationalen Verdachtsmomente konzentrieren und gleichzeitig versuchen, das ethnische Profil der Betroffenen auszuklammern. Allerdings sind weitere Untersuchungen zum Thema auch für die Bildungsarbeit mit der Polizei unabdingbar. Denn nur wenn mehr Klarheit über das ‚Wie‘ des Auftretens von Ethnic Profiling im polizeilichen Handeln besteht, lassen sich auch zielführende Schlussfolgerungen für die Aus- und Fortbildung ziehen.
Rechtswidrige Gewaltausübung durch die Polizei
Nachrichten aus den Vereinigten Staaten über Menschen, die von Polizist*innen geschlagen oder erschossen werden, sind in den letzten Jahren zur traurigen Gewohnheit geworden. Aber auch in Deutschland hört man immer wieder von möglicherweise rechtswidrigem polizeilichem Handeln: Körperverletzungen an Fußballfans und Demonstrant*innen, aber auch Fälle wie der von Oury Jalloh, der 2005 aufgrund eines Brandes in seiner Zelle starb, sind kein Einzelfall.
Was die meisten dieser Fälle gemeinsam haben: Anschließende Ermittlungen wurden eingestellt und Rechtsfolgen für Polizist*innen kommen kaum vor. Auch dieses Feld ist bislang nicht systematisch untersucht. Bekannt ist zwar, dass jährlich etwa 90 Prozent der Verfahren gegen Polizist*innen wegen Gewaltausübung eingestellt werden und die Anklagequote in diesem Bereich bei nur zwei bis drei Prozent liegt. Zum Vergleich: Im Durchschnitt aller Straftaten wird in etwa zwanzig Prozent der Ermittlungen Klage erhoben. Und dies sind nur die Fälle, die zur Anzeige gebracht worden sind – Kriminolog*innen und Polizeiforscher*innen gehen außerdem davon aus, dass sehr viele Fälle gar nicht erst angezeigt werden. Über dieses sogenannte Dunkelfeld ist kaum etwas bekannt.
Die Aufklärungsquote dieser Fälle muss dringend erhöht werden, was nur durch die Ermöglichung von unabhängigen Untersuchungen realisiert werden kann.
Rechtsradikalismus innerhalb der Polizei
Neben strukturellem Rassismus muss sich die Polizei des Öfteren für Einzelfälle von Rechtsradikalismus verantworten. Ziel dieses Antrags ist es nicht, die wichtige Arbeit vieler sich an Gesetze und Normen haltender Polizist*innen zu diskreditieren, sondern in den Blick zu nehmen, warum in dieser Berufsgruppe die Neigung zu Autoritarismus und rechtem Gedankengut eher Verbreitung findet, als in anderen Berufsgruppen. Denn der Polizeiapparat bildet keinen vollständigen Spiegel der Gesellschaft – Anhänger*innen von autoritären und antidemokratischen Staatsideen sind überproportional im Polizeidienst verortet. Ein Grund für den Zulauf solcher Polizist*innen könnte die hierarchische Strukturierung der Polizei sein, aber auch die Machtposition gegenüber Zivilist*innen während des Dienstes.
Im Dezember 2018 ist ein rechtes Netzwerk innerhalb der Frankfurter Polizei aufgedeckt worden. Sechs Polizist*innen stehen im Verdacht, in einer WhatsApp-Gruppe rund 50 möglicherweise strafrechtlich relevante Nachrichten ausgetauscht zu haben. Bei den über WhatsApp gesendeten Nachrichten soll es sich um Hakenkreuze, rechtsextremistische Karikaturen, Hitlerbilder und menschenverachtende Darstellungen von Geflüchteten und Menschen mit Behinderungen handeln. Im gleichen Zusammenhang stehen die Polizist*innen im Verdacht, der in Frankfurt ansässigen und im NSU-Prozess als Nebenklagevertreterin tätigen Rechtsanwältin Seda Basay-Yildiz einen Drohbrief geschickt zu haben. Unmittelbar vor dem Versenden des Faxes seien die darin genutzten Informationen wie die Privatadresse der Anwältin und der Vorname ihres Kindes an einem Frankfurter Polizeicomputer abgerufen worden. Das Drohschreiben ist unterzeichnet mit „NSU 2.0“, also einer Anspielung an die neonazistische Terrorzelle NSU (Nationalsozialistischer Untergrund), die von 1999 bis 2007 für mindestens zehn Morde und 43 Mordversuche verantwortlich war.
Immer wieder kommen Fälle von Rassismus und Verstrickungen mit der radikalen Rechten auf. Im Mai 2017 brach der Polizeianwärter Simon Neumeyer seine Polizeiausbildung in Sachsen ab, nachdem er mehrfach mit Rassismus konfrontiert wurde. Laut Neumeyer ging die politische Tendenz sehr ins Rechte, sowohl bei Mitschüler*innen als auch bei dem Lehrpersonal. Fremdenfeindlichkeit war salonfähig. Einmal soll ein Lehrer im Schießunterricht sinngemäß gesagt haben, die Schüler*innen müssten aufpassen und gut schießen lernen, denn schließlich seien sehr viele Gäste nach Deutschland gekommen. Nachdem er aufgrund seiner Gegenpositionen innerhalb der Ausbildungsgruppe ausgeschlossen wurde und weil seine eigentliche Motivation für die Polizeiausbildung der Schutz von Grundrechten und Freiheit war, brach er seine Ausbildung ab.
Oft wird als Begründung für rechtes Gedankengut innerhalb der Polizei die frustrierende Arbeit angeführt. Aufwendige Ermittlungen, gefährliche Einsätze in verschiedenen Milieus und die schnelle Wiederkehr derselben Personen im gleichen Umfeld sollen dafür Nährboden sein, dass Polizist*innen mit rechtem Gedankengut sich wiederfinden.  Der Rechtsruck innerhalb der Gesellschaft macht auch vor der Polizei nicht Halt, die sich eigentlich der Neutralität im Dienst verpflichtet hat. Die Gefahr besteht darin, dass aus diesen größeren Einzelfällen ein strukturelles Problem mit rechtem Gedankengut bundesweit innerhalb der Polizei entsteht, wie schon zum Teil in der sächsischen Polizei der Fall zu sein scheint. Rassistische und nazistische Gruppierungen innerhalb der Polizei, egal in welcher Form, dürfen keineswegs toleriert werden!
Wer kontrolliert die Polizei?
Ob Rechtsradikalismus, rechtswidrige Polizeigewalt oder als diskriminierend empfundene Polizeipraktiken wie Racial Profiling, willkürliche Festnahmen, Beleidigungen und voreingenommene Ermittlungen, die besonders häufig marginalisierte Gruppen wie Migrant*innen und Menschen, die als solche wahrgenommen werden, Sinti und Roma, Obdachlose oder psychisch auffällige Personen betreffen: In all diesen Situationen kann nur bei der Polizei selbst Anzeige erstattet werden. Während die Ermittlungen gegen Polizist*nnen dann fast immer eingestellt werden, werden die Opfer häufig durch Gegenanzeigen kriminalisiert.
Zum Einen liegt dies sicherlich an den strukturellen Besonderheiten dieser Verfahren. Polizeibeamt*innen ermitteln gegen ihre eigenen Kolleg*innen, weshalb sie einen subjektiven Blick auf das Geschehen haben können. Oft verweigern Beamt*innen allerdings auch Aussagen oder decken sich gegenseitig. Darüber hinaus ist in der Regel die Beweissituation schwierig, weil die Aussage eines mutmaßlichen Opfers der Aussage einer oder mehrerer Polizist*innen gegenübersteht und es häufig nicht mehr Beweise gibt. Zudem sind Polizeibeamt*innen in Strafverfahren alltäglich als Zeug*innen präsent und sind aus Sicht der Justiz (trotz fehlender wissenschaftlicher Beweise hierfür) besonders glaubwürdige Zeug*innen.
Da sich die bestehenden Untersuchungs- und Sanktionsmechanismen für eine effektive Aufklärung von Fällen des Ethnic Profiling wie auch für andere Fälle des Amtsmissbrauchs, der Gewalttätigkeit und anderer Rechtsverletzungen im Rahmen polizeilicher Dienstausübung zu oft als wirkungslos erwiesen haben, ist der Bedarf an einer effektiven Kontrollinstanz groß. Unabhängige Behörden zur Strafverfolgung von Polizist*innen, ohne hierarchische oder institutionelle Verbindung zwischen Beschuldigten und Ermittler*innen sind in allen Bundesländern dringend notwendig. Bisher gibt es nur in Rheinland-Pfalz eine unabhängige Ermittlungsstelle, die einzig dem Landtag untersteht. In einigen Bundesländern existieren immerhin Beschwerdestellen in den Innenministerien. Diese sind aber nicht ausreichend. Nur durch eine flächendeckende Schaffung von unabhängigen Ermittlungsbehörden kann echte Aufklärung gewährleistet  und das Vertrauen in die Polizei wieder gestärkt werden.
PolG NRW
Expert*innen sagen, dass die Polizeikultur vor Ort mitentscheidet, wie Beamt*innen sich in kritischen Situationen verhalten und später mit Vorwürfen umgehen. Wenn es keine Fehlerkultur gibt, kann Polizeigewalt im schlimmsten Fall vertuscht werden. Und wie die jeweilige Kultur innerhalb der Polizei beschaffen ist, wird durch die Politik mitbestimmt. Es bleibt somit nicht ohne Wirkung, wenn wie in Nordrhein-Westfalen wiederholt eine Null-Toleranz-Strategie betont wird – also ein hartes Durchgreifen schon bei geringen Delikten, ob beim Hambacher Forst oder bei Fan-Krawallen. Die Polizeigesetze der Bundesländer, die gerade unter anderem in Bayern und Nordrhein-Westfalen verschärft werden, könnten zudem einen doppelten Effekt auf die Polizeikultur und rechtswidrige Polizeigewalt haben. Denn ein Gesetz, das Polizist*innen mehr Befugnisse gibt, sorgt dafür, dass bestimmte Dinge nicht mehr rechtswidrig sind. Und andererseits kann ein solches Polizeigesetz die Stimmung verstärken, schneller und früher Gewalt als Mittel einzusetzen.
Gerade diesen Effekt hat die Novellierung des nordrhein-westfälischen Polizeigesetzes. Auf der Basis einer vermeintlichen gesellschaftlichen Stimmung der Unsicherheit vor steigender Alltagskriminalität und islamistischem Terrorismus werden die Befugnisse der Polizei stark erweitert – gleichzeitig werden aber nicht nur Rechte der Bürger*innen stark eingeschränkt, sondern auch grundlegende Prinzipien des Rechtsstaats wie die Gewaltenteilung, die Trennung von polizeilichen und geheimpolizeilichen Aufgaben und die Unschuldsvermutung zunehmend aufgelöst.
Zum Beispiel steht es zu befürchten, dass das neue Polizeigesetz das Entstehen eines weiträumigen Racial Profilings  begünstigen wird. Verdachtsunabhängige Kontrollen an sich bergen immer das Risiko, dass rechtswidrig nach diskriminierenden Kriterien kontrolliert wird. Zudem sind weitgehende Ermessensbefugnisse der Polizei bei Kontroll- und Durchsuchungsverfahren und das Fehlen  jeglicher Überwachung des polizeilichen Verhaltens  besonders problematisch, da sie bei der Polizei ein Gefühl der Straflosigkeit verfestigen.
Gerade die als § 12 a PolG NRW neu eingeführte „strategische Fahndung“ öffnet mehr Möglichkeiten für Diskriminierung. Die „strategische Fahndung“ besteht aus verdachts- und verhaltensunabhängigen Identitätsfeststellungen in vorher bestimmten Gebieten, wenn aufgrund „tatsächlicher Anhaltspunkte“ angenommen wird, dass in diesen Gebieten bestimmte Straftaten begangen werden. Darüber hinaus sieht die Vorschrift Identitätskontrollen zum Zweck der Verhütung erheblicher Straftaten, gewerbs- oder bandenmäßig begangener grenzüberschreitender Kriminalität und zur Unterbindung des unerlaubten Aufenthalts vor. Da besonders ausreisepflichtige Ausländer*innen als potenzielle Gefährder*innen gesehen werden, wird die Polizei mit dieser Vorschrift mittelbar dazu aufgefordert, Menschen zu kontrollieren, die so aussehen, als könnten sie sich illegal in Deutschland aufhalten. Die Kontrollmaßnahmen werden also in der Regel Menschen treffen, die einen Migrationshintergrund haben und nicht ‚typisch deutsch‘ aussehen. Dies ist eine klare Anstiftung zu einer rassistischen, diskriminierenden Polizeipraxis.
Aber auch darüber hinaus sieht die Novellierung des Polizeigesetzes unverhältnismäßige Eingriffe in die Grundrechte vor, beispielsweise durch die schwammigen Vorgaben für die „drohende terroristische Gefahr“, die uferlose Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Orte, wenn die Polizei dort die Verabredung oder Begehung von Straftaten vermutet, ein starker Abbau von Beschuldigtenrechten durch die neuen Regelungen der Ingewahrsamnahme und die Ausrüstung der Polizei mit Tasern. Dass eine verstärkte Ausrüstung der Polizei mit Waffen nicht bei der Abwehr von Gefahren hilft, sondern zu weiterer Gewaltanwendung führt, ist durch zahlreiche Studien belegt.
Die Maßnahmen des neuen PolG sind nicht nur komplett unbegründet, sie werden auch nicht gegen das in der Gesetzesbegründung angeführte Problem der Gewalt und der Kriminalität helfen. Sie sind letztlich nur eine willkürliche Beschneidung von Freiheitsrechten durch die schwarz-gelbe Landesregierung, begründet durch ein vermeintliches Sicherheitsgefühl. In Wahrheit bedeutet es nicht nur einen enormen Eingriff in Menschenrechte, sondern öffnet Tür und Tor für diskriminierendes Polizeiverhalten. Auch die ‚entschärfte‘ Novellierung des PolG NRW, die von der SPD Landtagsfraktion mitgetragen wurde, ist nicht verantwortbar, da sich an den Folgen des Gesetzes dadurch nichts ändert. Dies ist nicht mit unseren jungsozialistischen Grundwerten vereinbar.
Fazit
Die polizeiliche Arbeit ist eine unerlässliche Aufgabe in einem demokratischen Rechtsstaat. Leider kommt es zu oft vor, dass die Politik im Zuge von Law-Order-Politik auf Lasten derer, die sowieso tagtäglich durch Rassismus betroffen sind, Gesetzesverschärfungen durchdrückt. Die Polizei hat die Aufgabe, Menschen vor Diskriminierungen zu schützen. Gerade weil diskriminierende Praktiken durch die Polizei bereits existieren, darf dies durch neue Gesetze nicht auch noch begünstigt werden. Wir als Sozialdemokratie müssen uns für eine demokratische Polizei einsetzen, die unser Ideal von einer offenen und solidarischen Gesellschaft verteidigt.
Deshalb fordern wir:

 

    • Eine Reform des PolG NRW, die die vorhandenen Befugniserweiterungen zurücksetzt und stattdessen die Wahrung von Grundrechten betont. Diskriminierende und anderweitig menschenrechtswidrige Verhaltensweisen von Polizeibeamt*innen müssen unterbunden und polizeiliches Verhalten kontrolliert werden.

 

    • Eine Reform der Polizeiausbildung durch

 

 

 

    • eine intensive Menschenrechtsbildung in der Polizeiausbildung und regelmäßigen Fortbildungen.

 

 

 

    • eine im Rahmen der Polizeiausbildung verpflichtende kritische Auseinandersetzung mit der Rolle der Polizei im Nationalsozialismus, sowie mit den Themen Rassismus und Rechtsextremismus.

 

    • den Einsatz von Ausbilder*innen, die speziell für die Polizeiausbildung geschult sind und selbst eine Menschenrechtsausbildung erfahren haben.

 

 

 

    • Die Reduzierung und Prävention von Racial Profiling durch

 

 

 

    • die grundlegende Anerkennung des Problems auf politischer Ebene und durch die Polizei und ihre Gewerkschaften sowie die Bereitschaft, sich gezielt damit auseinanderzusetzen.

 

    • weitere Forschungen zu den Erscheinungsformen und zum Ausmaß von Ethnic Profiling und die Entwicklung von Gegenmaßnahmen auf Basis der Forschungsergebnisse.

 

    • Bildung innerhalb der Polizei durch die gezielte Bewusstmachung verinnerlichter kultureller Schemata und Stereotypen.

 

 

 

    • Eine Fokussierung auf die Schulung und Anwendung von Deeskalationstechniken, statt einer fortschreitenden Aufrüstung der Polizei.

 

    • Eine individuelle Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamt*innen.

 

    • Die Schaffung von unabhängigen Behörden zur Strafverfolgung von Polizist*innen in allen Bundesländern, ohne hierarchische oder institutionelle Verbindung zwischen Beschuldigten und Ermittler*innen. Ermittlungsverfahren gegen Polizist*innen, die Straftaten im Dienst begangen haben sollen, dürfen nicht mehr von der Staatsanwaltschaft eingestellt werden können und sollen nur noch von Richter*innen geführt werden.

 

    • Die Schaffung bzw. Stärkung von Strukturen innerhalb der Polizei, die sich mit Problemen wie Rechtsradikalismus und Rassismus befassen.

 

  • Die Demokratisierung der Strukturen der Polizei.