Polizeiübergriffe aufklären – Konsequenzen für NRW ziehen

Bei der Blockupy-Demonstration am 1. Juni 2013 in Frankfurt kam es zu massiven Auseinandersetzungen und zur Eskalation, zu der die eingesetzten Polizeikräfte maßgeblich beigetragen haben. Insgesamt gab es über 200 Verletzte. Nach Augenzeug_innen-, Presse- und Polizeiberichten waren vor allem Kräfte aus NRW an der Eskalation beteiligt. Darüberhinaus scheint der Angriff auf die friedliche Demonstration im Vorhinein politisch und/oder polizeilich geplant
und gezielt angestrebt worden zu sein. Wir NRW Jusos fordern das Land NRW auf, Konsequenzen aus dem Auftreten nordrhein-westfälischer Polizist_innen zu ziehen. Nachdem die Blockupy-Großdemonstration mit bis zu 20.000 Teilnehmer_innen ca. eine halbe Stunde auf der angemeldeten Wegstrecke demonstriert hatte, stoppte die Polizei den Zug und stürmte mit einer Hundertschaft in die Menge und teilte so den Zug. Dabei kam es zum massiven Einsatz von Schlagstöcken und Pfefferspray. Insgesamt wurden 900 Demonstrationsteilnehmer_ innen 7 Stunden lang eingekesselt. 200 Menschen wurden verletzt. Gleichzeitig wurden sowohl Journalist_innen, parlamentarische Beobachter_innen und Sanitäter_innen in ihren Rechten eingeschränkt und teilweise selbst von Polizeibeamt_innen attackiert. Die Polizei begründet das Vorgehen mit der Feststellung von Personalien von vermummten Teilnehmer_ innen. Nach dem Eingreifen der Polizei wurden aus der Menge Farbbeutel, Farbeier und Feuerwerk geworfen. Ein Polizist wurde mit einem Schraubenzieher am Bein verletzt. Während des Polizeikessels wurden immer wieder Demonstrationteilnehmer_innen auf den Boden gedrückt und aus der Menge gezogen. Ebenfalls eingekesselte Journalist_innen wurden massiv in ihrer Arbeit behindert und zur Seite gestoßen. Darüber hinaus tauchen im Nachgang zur Demonstration immer mehr Berichte auf, die nahelegen, dass dieses Vorgehen schon im Vorhinein von Polizei oder sogar von der hessischen Landesregierung so geplant war. So wurden einzelne Teilnehmer_innen gewarnt, dass an dieser strategischen Stelle „was passieren wird“, die Polizeiführung hielt Kontakt in die Landeshauptstadt Wiesbaden und Polizeikräfte wurden an dieser Stelle gebündelt. Einzelne anonyme Polizeibeamt_innen bestätigten gegenüber verschiedenen Zeitungen inzwischen, dass es sich um eine geplante Aktion gehandelt hat.

Wir NRW Jusos verurteilen den Eingriff in die Grundrechte der Demonstrierendenund den gezielten Einsatz von Gewalt durch die Einsatzkräfte.
Diesen übermäßigen und unverhältnismäßigen Polizeieinsatz, der Einsatz von Gewalt gegen friedliche Demonstrant_innen, der Eingriff in das  Demonstrationsrecht, die Angriffe auf Journalist_innen und die gezielte Freiheitsberaubung von Demonstrierenden verurteilen wir aufs Schärfste. Das an
diesem Vorgehen vor allem Beamt_innen aus NRW (neben Sachsen und Baden-Württemberg) beteiligt waren, muss auch in unserem Bundesland zu Konsequenzen führen. Das offenbar im Vorhinein von polizeilicher und/oder politischer Seite eine Strategie zum Angriff auf eine friedliche Demonstration geplant wurde und mit erheblichen Gewalteinsatz wirklich durchgesetzt wurde, erschüttert uns zutiefst und muss rückhaltlos aufgeklärt werden. Es ist davon
auszugehen, dass die Eskalation gezielt eingesetzt wurde um Gewalt von Demonstrationsteilnehmer_ innen zu provozieren.

Wir begrüßen es, dass einige Polizeibeamt_innen ihr Schweigen brechen und das Vorgehen der Kolleg_innen und der gezielten Strategie öffentlich machen und kritisieren. Wir Jungsozialist_innen sehen die Polizei als wichtigen Bestandteil einer Gesellschaft. Wir kämpfen für einen verhältnismäßigen und verantwortungsvollen Polizeieinsatz in allen Situationen. Polizeigewalt dagegen muss strafrechtlich geahndet werden und wird von uns politisch bekämpft.
Konsequenzen ziehen. Unsere Forderungen:
1. Das Vorgehen der Polizei muss rückhaltlos aufgeklärt und die Verantwortlichen für diese untragbare Strategie zur Rechenschaft gezogen werden.
2. Die Polizeibeamt_innen, die unverhältnismäßig Gewalt und Pfefferspray eingesetzt haben und Demonstrierende verletzt haben, müssen dienstrechtlich und ggf. strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Wir fordern die SPD-Landtagsfraktion auf, dass das Vorgehen von Einsatzkräften aus NRW parlamentarisch behandelt und untersucht wird.
3. Das Innenministerium NRW lehnt Amtshilfeersuchen des Landes Hessen zum Einsatz von Polizeikräften aus NRW für politische Demonstrationen und Kundgebungen zukünftig ab. Solange nicht sichergestellt werden kann, dass Beamt_innen aus NRW nicht für Angriffe auf friedliche Demonstrationen eingesetzt werden, darf sich das Land NRW nicht mit diesen Strategien gemein machen.
4. In NRW wird eine unabhängige Behörde zur Überwachung der polizeilichen Organe und ihrer Maßnahmen geschaffen. Diese Behörde hat die Aufgabe Beamte auf Demonstrationen, auf Vergehen gegen das Demonstrations- und Versammlungsrecht, sowie Gewaltakte seitens der Beamten, kontrollieren und verfolgen zu können. Sowie Polizist_innen im aktiven Einsatz bei Vergehen unverzüglich beurlauben zu können. Die Mitarbeiter dieser Behörde dürfen darüber hinaus nie im aktiven oder passiven Polizeidienst gestanden haben, damit eine objektive Kontrolle gewährleistet wird.
5. Bei Einsätzen müssen endlich alle Beamt_innen durch eine individuell eindeutig zuzuordnende, einprägsame und gut sichtbare Kennzeichnung, zum Beispiel durch eine rotierende Nummer, erkennbar sein.
6. Es muss intensiv nach eine Alternative zum eingesetzten Pfefferspray gesucht werden, die mit weniger Risiken verbunden ist. Der Einsatz von Pfefferspray ist häufiger Grund für Verletzungen und erheblichen Reizungen der Haut und der Atemwege – sowohl bei den Personen gegen die es eingesetzt wird, als auch bei den Polizist_innen. Zwischen Juni und Dezember 2009 hat es alleine in Deutschland nachgewiesenermaßen drei Tote durch den Einsatz von Pfefferspray durch die Polizei gegeben.
7. Der hessische Innenminister Boris Rhein muss zurücktreten. Als politischer Verantwortlicher für das gezielte Vorgehen der Polizei gegen eine friedliche Demonstration ist er nicht mehr tragbar. Wir NRW Jusos schließen uns der Forderung der Jusos Hessen-Süd an.