Stahl ist Zukunft – Stahl gehört zur Zukunft

Stahl ist Zukunft – denn die immer nachhaltigere europäische Stahlproduktion ist Voraussetzung für eine schnelle Energiewende, durch die Millionen gute Arbeitsplätze gesichert und neu geschaffen werden können. In Solidarität mit den Beschäftigten der Stahlindustrie und der IG Metall – als gewerkschaftliche Gestaltungskraft der Arbeitnehmer*innen – fordern wir deshalb größtmögliche politische Anstrengungen auf allen Ebenen, um die aktuelle Strukturkrise der Stahlindustrie abzuwenden.

Die europäische Stahlindustrie leidet unter den gleichzeitigen Auswirkungen einer geringen Nachfrage und weltweiter Überkapazitäten. Darüber hinaus sieht sie sich mit hohen Energiepreisen und einem hohen Bedarf an Investitionen konfrontiert, die sie tätigen muss, wenn ihr die Anpassung an eine „ökologische“ Wirtschaft gelingen und sie auf nachhaltige Weise innovative Produkte herstellen soll. Die Branche leidet unter einem dramatischen Verfall der Stahlpreise und muss daher Einsparungen vornehmen. Dennoch ist die EU nach wie vor der zweitgrößte Stahlerzeuger der Welt mit einer Produktion von über 177 Mio. t Stahl jährlich – was 11 % der weltweiten Produktion entspricht – und mit über 360 000 Beschäftigten. Die europäische Stahlindustrie sichert nicht nur gute Arbeitsplätze mit starker gewerkschaftlicher Mitbestimmung; eine immer nachhaltigere Stahlproduktion ist eine zentrale Voraussetzung für den sozial-ökologischen Umbau unserer Gesellschaft: Stahl ist der Werkstoff, aus dem die Energiewende gemacht wird. Hochleistungswindkraftanlagen, Solarpanel oder leichte Verkehrsmittel – die vielen technologischen Wege in eine guteZukunft setzen Hochleistungsstahl voraus. In Zahlen: Stahl spart die sechsfache Menge an CO2 ein, die bei seiner Produktion entsteht

Die Stahlindustrie versorgt wichtige Industriezweige wie z.B. die Automobilindustrie, den Maschinen- und Anlagenbau sowie die Bauindustrie. Auch im Bereich der technologischen Innovationen ist Stahl bedeutend, weil in vielen Branchen Stahl als Werkstoff dient. In der EU befinden sich 500 Produktionsstandorte in 23 Mitgliedstaaten, so dass die Stahlindustrie nicht nur in der Vergangenheit eine wichtige Rolle für die europäische Wirtschaft war, sondern dies auch heute noch ist. Mit der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl hat das europäische Projekt seinen Anfang genommen.

Angaben der OECD zufolge wird die weltweite Stahlnachfrage bis 2025 auf 2,3 Mrd. t ansteigen, vor allem im Baugewerbe, Verkehr und Maschinenbau und insbesondere in den aufstrebenden Volkswirtschaften. Es kommt entscheidend darauf an, dass die Stahlindustrie inder EU dafür gerüstet ist, die Vorteile dieses wettbewerbsorientierten Marktes in vollem Umfang zu nutzen.

Stahl und weitere Werkstofferzeugnisse sind wichtige Komponenten der industriellen Wertschöpfungskette – gerade für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft. Stahl ist zu 100% recycelbar und das wichtigste Ausgangsmaterial in der Wertschöpfungskette des verarbeitenden Gewerbes.

Der Standort des Ruhrgebietes ist nach wie vor elementar für die Stahlerzeugung in Europa. Etwa die Hälfte des erzeugten Rohreisens und ein Drittel des Rohstahls in Deutschland werden

hier produziert. Die jährliche Produktion beläuft sich auf rund 15 Millionen Tonnen Stahl. Die größten Arbeitgeber*innen haben ihren Sitz in Duisburg (ThyssenKrupp, ArcelorMittal Ruhrort, HKM). Dort arbeiten knapp 18.000 Menschen. Hinzu kommen viele Menschen, die in Subunternehmen wie z.B. in Zulieferbetrieben oder auch bei Abnehmern beschäftigt sind.

Jedoch ist die Stahlindustrie einem starken globalen Wettbewerb ausgesetzt. Stahlimporte aus China und deren Preisdumping sowie die geplante Verschärfung des ETS Abkommens auf europäischer Ebene setzen die hier ansässige Stahlindustrie enorm unter Druck (z.B. wegen zu schnellen Forderungen nach weiteren Emissionsreduktionen). Zudem kommen die hohen Belastungen für Arbeitnehmer*innen hinzu, denn es ist und bleibt körperliche Schwerarbeit und sie sind enormen Lärm, Staub und Hitze ausgesetzt.

Erstmalig 2005 in Kraft getreten, verfolgt das Emissionshandelssystem (ETS) das Ziel, klimapolitische Verbesserungen in Bezug auf Treibhausgase herbeizuführen. Dabei soll der Ausstoß von bspw. CO2 von Unternehmen verringert werden, indem die Höhe der Emissionsverminderung erzwungen wird, jedoch die Unternehmen weiterhin selbstständig darüber entscheiden können auf welche Weise die Verminderung stattfindet. Erfasste Unternehmen brauchen für jede Tonne emittiertes CO2 ein von der EU ausgegebenes Zertifikat. Die Zertifikate sind zwar unbegrenzt gültig, jedoch wird die Menge an neu zu erwerbenden Zertifikaten pro Jahr minimiert. Diese werden in einer bestimmten Menge frei zugeteilt und bei darüberhinausgehenden Bedarf versteigert. Das ETS ist an die Handelsperioden der EU angelehnt, um möglichst längerfristige Investitionssicherheiten zu gewährleisten. Die Verringerung der frei zugeteilten Zertifikate bedeutet für die Stahlindustrie weitere Verschärfungen durch immense Kostenerhöhungen bedingt durch weitere Zertifikate. Diese Kostenerhöhungen müssen an anderer Stelle eingespart werden und setzen auch hart erkämpfte Arbeitsbedingungen unter Druck.

Fehlende Handelsschutzinstrumente (TDI – Trade Defense Instruments) lassen die europäische Stahlindustrie hinter ihrer internationalen Konkurrenz zurück. Der Stahlimport in die Europäische Union, besonders aus China, hat enorm zugenommen: Einerseits wird der Großteil des bspw. chinesischen Stahls auf den Märkten zu Dumpingpreisen angeboten, andererseits kann die Europäische Stahlindustrie den Exportmöglichkeiten nicht gerecht werden. Auf dem EU-Markt streben Unternehmen von Drittländern erhebliche Anteilsgewinne durch „gepumpte“ oder subventionierte Niedrigpreise. Die Europäische Union muss faire Wettbewerbsbedingungen wiederherstellen können.

Aufgrund dieser enormen Probleme hat das Europäische Parlament Ende 2014 den Aktionsplan der Europäischen Kommission entschlossen. Diesem Plan nach soll die Stahlindustrie dabei unterstützt werden, die aktuellen Herausforderungen zu bewältigen und durch die Förderung von Innovation, Wachstum und Beschäftigung das Fundament für die künftige Wettbewerbsfähigkeit legen. Es soll sichergestellt werden, dass die EU-Stahlproduzenten einen fairen Zugang zu Dritthandelsländern erhalten, sowie die Nachfrage nach innereuropäischen Stahlhandel angekurbelt werden. Umweltfreundliche Innovationen, Energieeffizienz und nachhaltige Produktionsprozesse sind bedeutend für den Erhalt von Stahlerzeugnissen, die wiederum von grundlegender Bedeutung für andere europäische Schlüsselindustrien sind. Der Aktionsplan sieht ebenfalls gezielte Maßnahmen zur Sicherung der Beschäftigung in der Stahlindustrie sowie die Sicherung der Attraktivität und hochqualifizierter Arbeitskräfte in Europa vor.

Die Forderungen des Stahlaktionsplan sind gute Ansätze, die für uns als Jusos einhergehen müssen sind mit Investitionen in die Zukunft und allem voran Erhalt der Industrieregion des Ruhrgebietes. Wir solidarisieren uns mit den Forderungen der IG Metall und den Gewerkschaften, die am Stahl-Aktionstag ein starkes Zeichen gesetzt haben.

Wir müssen die Arbeitnehmer*innen schützen, indem gute Arbeitsplätze nicht nur bestehen bleiben und qualitativ verbessert werden. Neue hochwertige Arbeitsstellen müssen entstehen. Die Ausbildung von Fachkräften genießt ein hohes internationales Ansehen – die Qualität muss nicht nur aufrechterhalten werden, sondern sollte auch unter Aspekten des Arbeitnehmer*innenschutzes durch die schwere Arbeitsbelastung in den Fokus gerückt werden. Wir fordern Antidumpingmaßnahmen sowie den Zugang zu einem fairen Markt ein. Wir dürfen den Klimaschutz nicht außer Acht lassen, dennoch muss das ET-System bezüglich der Effizienz überdacht werden. Durch massive staatliche Forschungs- und Entwicklungsförderung für Technologien zur CO2-Minimierung und Reduzierung der Energiekosten sollten Unternehmen Anreize gemacht werden. Für den Klimaschutz einzustehen ist immens wichtig, jedoch sollte die europäische Stahlindustrie, die in diesen Schutz investiert, nicht bestraft werden. Wir betonen an dieser Stelle unsere Forderung nach neuen Initiativen für eine faire globale Handelsordnung, in der für alle gleiche Rahmenbedingungen und soziale wie ökologische Standards gelten.

Als NRWJusos fordern wir umfassende Zukunftsinvestitionen: Sonst verfallen Krankenhäuser, Schulen, Verkehrs- und Transportwege – auch die Grundlagen für eine nachhaltige Industrie. Um den sozial-ökologischen Umbau voranzutreiben, dürfen wir die moderne Schwerindustrie nicht gefährden. Stahl ist Zukunft. Und die Zukunft gibt es nicht für lau!